Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
meinst du.«
»Zum Aufruhr wurde es erst, als die Wachleute mit ihren Schlagstöcken auf Frauen eingeprügelt haben.«
»Ich habe gehört, die Marschierer wollten die Gießerei stürmen und die Wachleute haben sie zurückgeschlagen.«
»Das stimmt nicht, Sir, und die Fotos beweisen es.«
»Lass mal sehen.«
Woody hatte sie in der richtigen Reihenfolge sortiert, als er im Bus saß. Nun legte er das erste Foto auf den Schreibtisch des Chefredakteurs. »Hier, sehen Sie«, sagte er. »Es hat friedlich angefangen.«
Hoyle schob das Foto beiseite. »Damit kann ich nichts anfangen.«
Woody legte ihm ein Bild vor, das er an der Gießerei geknipst hatte. »Die Wachleute haben am Tor gewartet. Sehen Sie die Schlagstöcke?« Das nächste Foto hatte Woody aufgenommen, als es zu den ersten Rangeleien gekommen war. »Die Marschierer waren wenigstens zehn Yards vom Tor entfernt, deshalb brauchten die Wachleute sie gar nicht zurückzudrängen. Das war eine absichtliche Provokation.«
»Okay«, sagte Hoyle, dessen Interesse geweckt zu sein schien.
Woody schob ihm seine beste Aufnahme hin. Sie zeigte, wie ein Wachmann mit seinem Knüppel auf eine Frau einschlug. »Ich habe diesen Vorfall beobachtet«, sagte Woody. »Die Frau hat bloß verlangt, dass der Mann sie nicht mehr schubst. Da ist er mit dem Knüppel auf sie losgegangen.«
»Gutes Bild«, sagte Hoyle. »Hast du noch mehr?«
»Nur eines. Die meisten Marschierer sind weggerannt, als es zum Kampf kam, aber ein paar haben sich gewehrt.« Er zeigte Hoyle das Foto von den beiden Protestierern, die einen Wachmann zusammentraten, der am Boden lag. »Das ist der Kerl, der die Frau geschlagen hat. Die beiden Männer habe es ihm heimgezahlt.«
»Gute Arbeit, junger Dewar«, sagte Hoyle. Er setzte sich anseinen Schreibtisch und zog ein Formular aus einem Ablagekasten. »Zwanzig Mäuse. Okay?«
»Soll das heißen, Sie drucken meine Fotos?«
»Dafür hast du sie schließlich hergebracht, oder?«
»Ja, Sir, danke. Zwanzig Dollar sind okay … äh, in Ordnung … viel, wollte ich sagen.«
Hoyle kritzelte etwas in das Formular und unterzeichnete es. »Geh damit zum Kassierer. Meine Sekretärin erklärt dir, wo er sitzt.«
Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte. Der Chefredakteur hob ab. »Hoyle!«, meldete er sich und winkte Woody, dass er gehen könne.
Woody verließ das Büro. Er hätte die ganze Welt umarmen können. Die Bezahlung war großartig, aber noch mehr begeisterte ihn, dass die Zeitung seine Bilder verwenden würde. In einem kleinen Raum mit einer Theke und einem Ausgabeschalter holte er seine zwanzig Dollar ab und fuhr im Taxi nach Hause.
Seine Eltern freuten sich über seinen Coup; sogar sein Bruder wirkte zufrieden. Beim Abendessen sagte Großmama: »Es ist in Ordnung, solange du den Journalismus nicht als Berufswunsch betrachtest. Damit würdest du dich unter Wert verkaufen.«
Tatsächlich hatte Woody überlegt, sich von der Politik auf Fotojournalismus zu verlegen. Nun überraschte es ihn, dass seine Großmutter diesen Plan ablehnte.
Seine Mutter lächelte. »Aber, aber, liebe Ursula. Ich war Journalistin.«
»Das ist etwas anderes, du bist eine Frau«, erwiderte Großmama. »Woodrow muss ein Mann von Rang und Ansehen werden, so wie sein Vater und Großvater vor ihm.«
Mutter war keineswegs beleidigt, doch Chuck gefiel es nicht, dass sich alles auf den älteren Sohn konzentrierte. »Und was muss ich werden? Gehackte Leber?«
»Sei nicht vulgär, Charles«, erwiderte Großmama und hatte damit das letzte Wort, wie meistens.
In der Nacht lag Woody lange wach. Er konnte es kaum erwarten, seine Fotos in der Zeitung zu sehen. Ähnlich hatte er sich nur als Kind am Heiligen Abend gefreut, als die Vorfreude auf die Bescherung ihn vom Schlafen abgehalten hatte.
Dann wandten seine Gedanken sich wieder Joanne zu. Sie lag falsch, wenn sie ihn für zu jung hielt. Er war der Richtige für sie. Sie mochte ihn; sie beide hatten vieles gemeinsam, und sie hatte den Kuss genossen. Woody glaubte noch immer, ihr Herz gewinnen zu können.
Als er aufwachte, war es heller Tag. Er zog sich den Morgenmantel über den Pyjama und rannte die Treppe hinunter. Joe, der Butler, ging jeden Morgen in aller Frühe die Zeitungen kaufen; nun lagen sie auf einem Tisch im Frühstückszimmer, wo bereits Woodys Eltern saßen. Sein Vater aß Rührei, seine Mutter trank Kaffee.
Aufgeregt schnappte Woody sich den Sentinel .
Seine Arbeit prangte auf der Titelseite.
Aber nicht so, wie er
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