Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
Sie musterte sich im Spiegel, bis ihr auffiel, was sie noch brauchte: einen Hut.
Sie öffnete einen weiteren Schrank und entdeckte auf einem hohen Brett eine Reihe von Hutschachteln. Sie entschied sich für einen grauen Zylinder und setzte ihn sich auf.
Der Schnurrbart fiel ihr ein.
Sie hatte keinen Augenbrauenstift dabei, also kehrte sie in Boys Schlafzimmer zurück und beugte sich über den Kamin. Mit der Fingerspitze nahm sie etwas Ruß auf, kehrte zum Spiegel zurück und zog sich sorgsam einen Schnurrbart auf die Oberlippe.
Jetzt war sie so weit.
Sie setzte sich in einen der Ledersessel und wartete auf Boy.
Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie das Richtige tat, aber nüchtern betrachtet erschien es ihr verrückt. Doch es gab keine Regeln für das, was einen Menschen erregte. Sie selbst war feucht geworden, als Boy sie in seinem Flugzeug mitgenommen hatte. Das Fliegen hatte sie so sehr angemacht, dass sie ihm alles erlaubt hätte. Zum Glück hatte Boy sich auf die Maschine konzentrieren müssen.
Aber Männer konnten unberechenbar sein, und Daisy hatte Angst, dass Boy zornig reagierte. Wenn das geschah, verzerrte sich sein hübsches Gesicht zu einer Grimasse, und er tappte nervtötend mit dem Fuß auf und konnte sehr grausam sein. Einmal, als ein hinkender Kellner ihm das falsche Getränk brachte, hatte er ihn angefahren: »Dann hoppeln Sie eben zur Theke zurück und bringen mir den Scotch, den ich bestellt habe! Nur weil Sie ein Krüppel sind, sind Sie doch nicht taub, oder?« Der arme Mann war vor Scham errötet.
Daisy fragte sich, was sie von Boy zu hören bekam, falls er sich darüber ärgerte, sie in seinem Zimmer anzutreffen.
Fünf Minuten später hörte sie Schritte auf dem Flur. Die Tür öffnete sich, und Boy kam herein, ohne sie zuerst zu sehen.
Mit tiefer Stimme fragte sie: »Hallo, alter Junge, wie geht’s?«
Boy fuhr zusammen. »Gütiger Himmel!« Dann sah er noch einmal hin. »Daisy?«
Sie stand auf. »Genau die«, sagte sie mit normaler Stimme. Siehob den Zylinder, verneigte sich leicht und sagte: »Zu Diensten.« In einem kecken Winkel setzte sie den Hut wieder auf.
Nach längerem Schweigen erholte Boy sich von dem anfänglichen Schreck und grinste.
Gott sei Dank, dachte Daisy.
»Ich muss schon sagen, der Zylinder steht dir«, sagte er.
Sie näherte sich ihm. »Ich habe ihn nur für dich aufgesetzt.«
»Prima Idee.«
Einladend hob sie das Gesicht. Sie küsste Boy gern. Wenn sie ehrlich war, küsste sie die meisten Männer gern. Insgeheim war ihr peinlich, wie sehr es ihr gefiel. In ihrem Internat, wo man wochenlang keinen Jungen zu Gesicht bekam, hatte sie es sogar genossen, Mädchen zu küssen.
Boy neigte den Kopf und legte die Lippen auf ihren Mund. Ihr Hut fiel herunter, und beide kicherten. Rasch schob er ihr die Zunge in den Mund. Sie entspannte sich und genoss es. Boy konnte sich für jedes sinnliche Vergnügen begeistern, und seine Gier erregte sie.
Dann aber rief sie sich ins Gedächtnis, dass sie ein Ziel verfolgte. Die Dinge entwickelten sich gut, aber sie wollte, dass er ihr einen Antrag machte. Wäre er mit nur einem Kuss zufrieden? Sie musste erreichen, dass er mehr wollte.
Sehr viel hing davon ab, wie viel Wein er zum Mittagessen getrunken hatte. Er vertrug eine Menge, kam aber irgendwann an einen Punkt, an dem er die sexuelle Lust verlor.
Daisy presste sich an ihn. Er legte eine Hand auf ihren Oberkörper, doch sie trug die weite Weste aus Wolltuch, in der er ihre kleinen Brüste nicht finden konnte. Er grunzte enttäuscht.
Dann strich seine Hand über ihren Bauch und drang in den Bund der viel zu weiten Hose vor.
Dort unten hatte sie sich von ihm noch nie berühren lassen.
Nach wie vor trug sie einen Unterrock aus Seide und dicke baumwollene Unterhosen, sodass er auf keinen Fall viel ertasten konnte, doch es zog seine Hand zu der Stelle, wo ihre Schenkel zusammenfanden, und er drückte durch die Stoffschichten fest dagegen.
Daisy durchzuckte wilde Lust, doch sie zog sich von ihm zurück.
Er keuchte: »Bin ich zu weit gegangen?«
»Schließ ab«, sagte sie.
»Ach du meine Güte.« Boy ging zur Tür, drehte den Schlüssel im Schloss und kam zurück zu Daisy. Wieder umarmten sie einander, und er machte weiter, wo er aufgehört hatte. Daisy berührte seinen Hosenschlitz, ertastete durch den Stoff sein steifes Glied und umfasste es fest. Er stöhnte vor Wonne.
Sie zog sich wieder zurück.
Ein Schatten von Verärgerung huschte über sein Gesicht, während Daisy
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