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Winter der Zärtlichkeit

Winter der Zärtlichkeit

Titel: Winter der Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Miller
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hypnotisch.
    Sierra gähnte. Schloss die Augen. Öffnete sie wieder. Ganz kurz überlegte sie, den Fernseher wieder anzumachen, nur um jemanden reden zu hören, entschied sich aber dagegen. Müde wie sie war, würde sie all ihre Energie brauchen, um sich die Treppen hochzuschleppen und ins Bett zu fallen.
    Wieder schloss sie ihre Augen.
    Öffnete sie wieder.
    Überlegte, ob in Travis’ Wohnwagen wohl noch Licht brannte.
    Schloss die Augen.
    Fiel in einen schweren, unruhigen Schlaf.
    Obwohl Sierra wusste, dass sie träumte, fühlte es sich ganz real an.
    Sie hörte die Uhr ticken.
    Sie fühlte die Wärme des Feuers.
    Und obwohl sie in der Küche des Ranchhauses stand, sah diese anders aus, ein klein wenig anders als die Küche, die sie kannte.
    Sie selbst war anders.
    Ihre Augen waren geschlossen, trotzdem konnte sie klar sehen.
    Eine nackte Glühbirne baumelte von der Decke und spendete zwar mattes, aber ausreichendes Licht.
    Voller Erstaunen sah sie an sich herab, an der Traum-Sierra.
    Sie trug einen langen, wollenen Rock. Ihre Hände waren kleiner, rissig und abgearbeitet - die Hände einer anderen.
    „Ich träume“, erklärte sie sich selbst, aber es half nichts.
    Die Teekanne stand auf dem Tresen.
    „Wie kommt die denn dahin?“, fragte die andere Sierra. „Ich weiß, dass ich sie weggestellt habe. Das weiß ich mit Sicherheit.“
    Mit aller Kraft wollte Sierra aufwachen. Dieser Traum war zu intensiv. Sie steckte im Körper einer anderen Frau. Dieser Körper war sehnig und stark. Sie fühlte den Herzschlag und den Atem der anderen. Fühlte das Gewicht langer Haare, die zu einem losen Knoten geschlungen waren.
    „Wach auf“, rief sie.
    Aber sie konnte nicht.
    Reglos stand sie in der Küche und starrte auf die Teekanne.
    Und sie spürte eine so schreckliche Einsamkeit, dass sie glaubte, von innen bersten und in tausend Stücke springen zu müssen. Spürte die Sehnsucht nach einem Mann, der für immer gegangen war, einen unbeschreiblichen Schmerz. Die Liebe zu einem Kind, so unendlich tief, dass sie schon fast an Trauer grenzte.
    Und dann war da noch etwas, ein verbotenes Verlangen, das nichts mit dem Mann zu tun hatte, der sie verlassen hatte.
    Als es Sierra endlich gelang aufzuwachen, entdeckte sie die Tränen der anderen Frau in ihrem Gesicht.
    Sie musste eine ganze Weile geschlafen haben, denn im Kamin war nur noch Asche, und es war kalt geworden.
    Zitternd wickelte sie die Decke fester um ihren Körper und stand auf. Sie sah aus dem Fenster. In Travis’ Wohnwagen war es dunkel.
    „Es war nur ein Traum“, redete sie sich ein.
    Und warum brach dann gerade ihr Herz?
    Energisch ging sie in die Küche. Da sie nicht wusste, wo die Lichtschalter waren, musste sie sich in der Dunkelheit ihren Weg bahnen. Als sie in der Mitte der Küche angekommen war, dort, wo sie auch im Traum gestanden hatte, unterdrückte sie den Drang, nach der Schnur für das Licht zu greifen, von der sie wusste, dass sie nicht mehr da war.
    Was sie jetzt brauchte, war eine schöne Tasse Tee.
    Neben der Hintertür entdeckte sie einen Lichtschalter und knipste ihn an.
    Als der Raum sich mit beruhigendem Licht füllte, schien sie wieder in der realen Welt gelandet zu sein.
    Sierra fand den Wasserkocher, füllte ihn in der Spüle und schaltete ihn ein. Vorhin war sie noch zu müde gewesen, um auch nur aufzustehen und den Fernseher anzuschalten, doch sie wusste, dass sie jetzt nicht schlafen könnte.
    Dann kann ich es genauso gut auch gleich machen, dachte sie, ging zum Geschirrschrank, nahm die Teekanne heraus und stellte sie auf den Tisch. Sie gab die Teeblätter dazu und stieß in einer der Schubladen auf ein kleines Sieb. Das Wasser kochte.
    Still saß sie da, nippte an ihrem Tee und beobachtete, wie dicke Schneeflocken im Licht der Veranda tanzten. Liam kam die Hintertreppe herunter. Blinzelnd rieb er sich die Augen.
    „Ist es schon morgen?“, fragte er.
    „Nein“, erwiderte Sierra sanft. „Geh zurück ins Bett.“
    „Kann ich auch Tee haben?“
    „Wieder nein“, antwortete Sierra, protestierte jedoch nicht, als er sich auf die Bank setzte. „Aber wenn wir Kakao haben, mach ich dir welchen.“
    „Haben wir“, sagte Liam. Er sah unglaublich jung aus und so verletzlich ohne seine Brille. „Ich hab welchen in der Speisekammer gesehen. So ein Pulverzeug.“
    Mit einem Lächeln stand Sierra auf und ging in die Speisekammer. Sie kam mit dem Kakao und einer Tüte Marshmallows zurück, die schon etwas älter waren. Dank Travis stand

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