Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
akzeptieren.
Alle sollten das glauben, denn ihr Kampf hatte eben erst begonnen.
»Wenn du uns noch einmal einen solchen Streich spielst, erwürge ich dich«, rief Eleri und umarmte Winter immer wieder. Sie hatte darauf bestanden, zusammen mit ihrem Bruder Winter in ihre Mansarde zu begleiten, und hatte die letzte halbe Stunde damit verbracht, sie genauestens über jedes Ereignis der vergangenen Tage in Cae Mefus zu informieren.
Winter dachte an den Abend im Rainbow zurück, an Madison und Kenneth, und erkannte, dass sie wahrscheinlich nie mehr Teil ihres Lebens sein würden.
Nichts würde mehr sein wie früher, aber auch damit konnte sie leben, wenn das der Preis war.
»Es tut mir leid, dass ich euch Sorgen bereitet habe.«
Eleri zuckte mit den Schultern.
»Vergiss es. Ruh dich erst mal aus, denn morgen musst du wieder zur Schule.«
An der Tür winkte sie Winter ein letztes Mal zu und verließ die Mansarde.
Gareth erhob sich, um ihr zu folgen. Seine Augen ließen jedoch noch nicht von ihr ab.
»Wie geht es dir, Win?«, fragte er schließlich. »Ich meine, wie geht es dir wirklich? Ich habe dich vorhin mit Mama sprechen gehört, aber ich kenne dich …«
Winter konnte ein Lächeln nicht zurückhalten.
»Die letzten drei Tage waren ziemlich lang«, erwiderte sie.
»Hast du deine Oma gesehen?«
»Unter anderem …«
Sie sahen sich schweigend an.
Gareth hatte ihr die Wahrheit verschwiegen, genau wie alle anderen, aber er war auch ihr einziger Freund.
Sie musste ihm vertrauen.
Ihre Augen trafen sich, als der Junge sich neben sie setzte, als wäre es das Natürlichste der Welt.
Er bot ihr seine Freundschaft nicht an, das war gar nicht nötig.
Auf einmal konnte sie nicht einmal mehr wütend sein auf ihn. Er hatte sie angelogen, das stimmte, er hatte zugelassen, dass ihre Zweifel sie schier in den Wahnsinn trieben, doch sie wusste jetzt, dass sie dasselbe getan hätte, wenn ihre Rollen vertauscht gewesen wären.
Gareths Augen waren von einer undefinierbaren Farbe, himmelblau und honigfarben. Und sie waren aufrichtig.
»Dann weißt du also jetzt alles …«, sagte er ernst.
Überraschenderweise schüttelte Winter den Kopf.
»Nein. Ich habe bloß neue Fragen.«
»Nun, dann werden wir auch dafür Antworten finden. Zusammen.«
Winter lächelte ihm zu. Gareth gefielen ihre Lippen, sie waren weich und rosig.
Er neigte sich über sie und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Ich bin dein Freund, Win. Es tut mir leid, dass wir nicht früher darüber sprechen konnten.«
»Du durftest nicht«, erwiderte sie und zuckte mit den Achseln. »Und ich darf eigentlich auch jetzt nicht … Aber ich bin nicht dumm: Es gibt zu viele Geheimnisse und ich kann nicht akzeptieren, dass man uns bei Laune halten will, indem man uns laufend versichert, alles sei unter Kontrolle. Es geschehen merkwürdige Dinge, und auch ich will die Wahrheit herausfinden!«
Gareths Hand war von ihrem Hals den Arm hinuntergeglitten, und sie hatte eine Gänsehaut bekommen.
Winter suchte erneut seine Augen.
»Wenn sie uns erwischen, sagst du einfach, ich hätte dir Informationen abgepresst«, entschied sie.
Er zog seine Hand langsam weg und legte sie schließlich auf die Bettdecke, nah genug jedoch, dass ihre Fingerspitzen sich berührten.
»Genau das hatte ich vor«, meinte der Junge mit seinem schiefen Lächeln. Er wirkte nun allerdings etwas weniger selbstsicher, fast schüchtern.
»Du bist so unvernünftig, dass du manchmal richtig naiv wirkst«, sagte er in einem Flüstern. »Du lässt dich von den harmlosesten Vampiren des Universums angreifen und haust ab, ohne ein Wort zu sagen. Was soll man bloß machen mit dir?«
Doch er lächelte dabei.
Widerstrebend erhob er sich. Er schien noch etwas sagen zu wollen, doch dann schüttelte er den Kopf.
In dem Moment wünschte Winter, sie könnte sich in ihn verlieben.
B ist du fertig?«
Es war zwar kein richtiges Date, aber Winter errötete trotzdem, als Gareth in der Tür erschien.
Bevor sie sich ihm zuwandte, konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, einen letzten kurzen Blick in den Spiegel zu werfen.
Sie hatte einen Teil ihrer Haarpracht locker zu einer Art Pferdeschwanz zusammengebunden. Der Rest fiel lose auf einen grünen Pulli, der etwas schillernder war als ihre übliche Kleidung.
Der Junge lächelte in sich hinein, als er sah, dass sie ausnahmsweise einen kurzen Rock mit Schottenmuster und Leggings angezogen hatte. Das Outfit stand ihr gut, und es wäre
Weitere Kostenlose Bücher