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Winter in Prag: Erinnerungen an meine Kindheit im Krieg (German Edition)

Winter in Prag: Erinnerungen an meine Kindheit im Krieg (German Edition)

Titel: Winter in Prag: Erinnerungen an meine Kindheit im Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine K. Albright
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ein Drittel ihres Territoriums besetzt hatten. Sikorski hatte in Wirklichkeit versucht, die Beziehungen zu verbessern, jedoch lediglich eine brüske Abfuhr erhalten, als er, ganz vernünftig, verlangte, dass eine internationale Kommission dem Massaker im Wald von Katyn auf den Grund gehen sollte. Stalin hätte auf keinen Fall eine Vereinbarung akzeptiert, die den polnischen Demokraten auch nur das geringste Druckmittel in die Hand gegeben hätte, weil er selbst so viele bereits umgebracht hatte. Außerdem wollte er, dass sein eigenes Land einen möglichst großen territorialen Puffer zu Deutschland hatte. Die Tschechoslowaken hingegen konnten als Freunde an die Sowjetunion herantreten. Zwischen den beiden Ländern gab es keinen Konflikt und keinen offensichtlichen Grund, weshalb sie nicht weiterhin Partner bleiben sollten. Beneš wäre dieses Szenario mit Sicherheit am liebsten gewesen. Nach seiner Einschätzung würde, nach der deutschen Niederlage, das russische Militär Mitteleuropa dominieren. Auf jeden westlichen Soldaten in der Region kamen drei russische. Die Briten waren zu schwach und zu zerstreut, um ihnen ernsthaft entgegenzutreten, während die Amerikaner und Kanadier nichts anderes wollten, als nach Hause zurückkehren. Was Stalin in der Region wollte, würde Stalin auch bekommen; die einzige Option bestand darin, Einfluss auf das zu nehmen, was die Sowjets begehrten.
    Dementsprechend bemühte sich Beneš weiterhin, sich in Moskau Liebkind zu machen. Sonst könnten die Sowjets in der Tschechoslowakei das tun, was sie in Polen bereits gemacht hatten und in anderen Ländern vorbereiteten: eine Ersatzführungsmannschaft auswählen und sie mit Geld und Waffen unterstützen. In Kürze würde die Rote Armee auf tschechoslowakischem Territorium stehen. Wenn Beneš auch dorthin wollte, brauchte er deren Hilfe. Auch wenn London das offizielle Zentrum der Exilregierung war, würde
man die tschechischen und slowakischen Kommunisten in Moskau in die Nachkriegsregierung aufnehmen müssen. Sie hatten zwar keinen Führer von Format, aber ihre Ideologie wurde immer beliebter, je öfter Hitler sie verunglimpfte.
    Auch wenn Beneš Stalin beschwichtigte, hatte er nicht den geringsten Wunsch, als sowjetischer Lakai angesehen zu werden. Er hielt hartnäckig an der Meinung fest, dass sein Land es vermeiden konnte, sich zwischen Ost und West zu entscheiden. Hatte er nicht einen Freundschaftsvertrag sowohl mit England als auch mit der UdSSR abgeschlossen? Hatte Stalin nicht versprochen, von einer Einmischung in die tschechoslowakische Demokratie abzusehen? Die kommunistische Ideologie verlangte die Abschaffung des bürgerlichen Kapitalismus, aber die sowjetische Regierung kämpfte doch seit Jahren in einer großen Allianz mit dem Westen. Die gemeinsamen Interessen, welche die Kommunisten und andere Parteien zusammengeführt hatten, hatten mit Sicherheit doch auch nach dem Krieg noch Bestand?
    Beneš war keineswegs der Einzige, der diese Ansicht vertrat. Einmal abgesehen von Stalins Opfern (und das waren Millionen) hegten die Menschen damals eine Zuneigung für »Uncle Joe«, wie er in Amerika und England genannt wurde. Er war leutselig, rauchte Pfeife, polterte nicht wie Hitler und wirkte viel mehr pragmatisch als ideologisch. Damit nicht genug: Als die Aussichten am düstersten waren, hatte sein Land standgehalten. Jahrelang war jeder Sieg der sowjetischen Streitkräfte der Anlass für Jubel und Erleichterung im Westen gewesen; dieses Erlebnis macht einen gewaltigen Unterschied. Harold Nicolson, ein britischer Abgeordneter, der Churchill nahe stand, erklärte:
    Man sagt mir: »Warum empfehlen sie, der Sie uns beschimpft haben, weil wir Hitler beschwichtigen wollten, dass wir jetzt Stalin beschwichtigen?« Ich erwidere: »Aus mehreren Gründen. Erstens war das nazistische System schlimmer als das sowjetische System. Zweitens benutzte Hitler jedes Nachgeben unsererseits als Sprungbrett für weitere Aggressionen; es gibt jedoch eine Linie, über die Stalin nicht hinausgehen wird.
Um es ganz materiell zu sagen: Stalin benötigt aus Amerika dringend Werkzeugmaschinen und landwirtschaftliche Geräte, ohne die er sein Land nicht wieder in Gang bringen kann. Daher darf er die amerikanische Öffentlichkeit nicht zu sehr vor den Kopf stoßen. Wenn wir fest und geduldig bleiben, wird die Flut der sowjetischen Aggressivität sich früher oder später verlaufen.« 71
    Mit Blick auf die Tschechoslowakei wurde diese Analyse von den

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