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Winter in Prag: Erinnerungen an meine Kindheit im Krieg (German Edition)

Winter in Prag: Erinnerungen an meine Kindheit im Krieg (German Edition)

Titel: Winter in Prag: Erinnerungen an meine Kindheit im Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine K. Albright
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lediglich darum, dass es seinen Wunsch, die Deutschen zu vertreiben, unterstütze und dass Stalin davon absehe, sich in die inneren Angelegenheiten seines Landes einzumischen. Diesen Bitten stimmte der Diktator ohne zu zögern zu. Am 12. Dezember 1943 unterschrieben die beiden Männer einen Vertrag, der eine gegenseitige Freundschaft und Verzicht auf Aggression für mindestens 20 Jahre garantierte. Beneš hielt seine Rede auf Russisch, und zwar mit einer Aussprache, die laut Stalin »besser als gestern« gewesen sei, wie er im Scherz sagte. 50
    Der Stolz des tschechoslowakischen Staatsoberhaupts darauf, gute Arbeit geleistet zu haben, ging aus dem Telegramm hervor, das er nach London schickte: »Ich halte alle unsere Verhandlungen für vollkommen erfolgreich … Man kann als sicher annehmen, dass sämtliche [sowjetischen] Verträge und Abkommen, nicht nur mit uns, sondern auch mit den Briten und Amerika, eingehalten werden.« 51 Er war überzeugt, dass »eine neue Sowjetunion aus dem Krieg hervorgehen« werde, ein Staat, der toleranter gegenüber anderen und kooperativer beim Umgang mit dem Westen sein wird. 52
    Vor der Abreise aus der russischen Hauptstadt traf Beneš sich mit den dort versammelten kommunistischen Tschechoslowaken im Exil, unter ihnen ihr Parteiführer Klement Gottwald, den er seit dem
Streit um München nicht mehr gesehen hatte. Der 47-jährige Gottwald war ein gelernter Werkzeugmacher und hatte seit mehr als zwei Jahrzehnten die Lehre und Disziplin der Partei verinnerlicht. Er sah es als seine Lebensaufgabe an, in seinem Heimatland eine Arbeiterrevolution herbeizuführen. Der kleine, untersetzte Gottwald mit den dunklen Haaren und einem breiten Gesicht war bekannt dafür, dass er Mützen statt Hüte trug und eine Vorliebe für Hochprozentiges hatte, was unter seinesgleichen nicht ungewöhnlich war. Der Autodidakt und häufig gewiefte Taktiker fühlte sich stark von der Macht angezogen und wäre niemals bewusst von der sowjetischen Linie abgewichen.
    Durch das Exil und den Krieg waren der Präsident und Gottwald politisch in dasselbe Boot geraten, ein Faktum, das keinem von beiden so recht gefiel. Beneš war einer Nation treu, Gottwald einer Lehre, die, zumindest in der Theorie, jede Form von Nationalismus ablehnte. Der erste war ein überzeugter Demokrat; Letzterer hielt die Demokratie für einen Trick der Bourgeoisie, um den Arbeitern ihre Rechte zu verweigern. Beneš war diszipliniert und sorgfältig, fast schon pedantisch; Gottwald war aufgeblasen und undiplomatisch, fast schon ein Rüpel. Aber sie hatten keine Wahl, als miteinander ins Geschäft zu kommen, weil damals jeder den anderen brauchte.
    Im Verlauf des Treffens konnten sich die beiden darauf einigen, dass die Kriegsanstrengungen Vorrang hatten, Kollaborateure bestraft werden mussten und die Zahl der Deutschen in ihrem Land drastisch reduziert werden sollte. Gottwald bestand darauf, dass der erste Regierungschef nach dem Krieg von einer linken Partei gestellt werden müsse, und der Präsident, der sich kurz zuvor mit Stalin getroffen hatte, hielt es nicht für nötig, Einspruch zu erheben. Für beide war es selbstverständlich, dass an der Spitze der neuen Regierung die Führer im Exil – also sie selbst – ständen, statt der Widerstandskämpfer, die im eigenen Land ums Überleben kämpften. Mit der Harmonie war es jedoch vorbei, als die beiden auf Entscheidungen zu sprechen kamen, die vor dem Krieg getroffen worden waren. Gottwald warf der Regierung vor, dass sie kapituliert habe, und machte sich über das Argument lustig, die folgenden Ereignisse hätten die Weisheit dieser Entscheidung bewiesen. Als Beneš versicherte,
dass die Nation »den Krieg besser überleben werde, als irgendjemand geglaubt hätte«, schlug der Führer der Kommunisten auf den Tisch und schimpfte über »die üblen moralischen Folgen, die München für unser Volk gehabt hat«. Beneš forderte ihn im Gegenzug auf, sich einmal zu überlegen, was gewesen wäre, wenn die Tschechen und Slowaken allein in den Krieg gezogen wären. »Ich beanspruche das Verdienst«, schrieb er später mit einer gewissen Selbstgefälligkeit, »im Jahr 1938 vorausgesehen zu haben, dass manche Dinge eintreffen werden, andere hingegen nicht.« 53
    Kaum eine Versuchung schadet einem Staatschef mehr, als wenn er oder sie sich an Hoffnungen hält, statt an Fakten. Chamberlain hatte ganz auf die Vernunft Hitlers vertraut, Daladier auf die angebliche Unüberwindbarkeit der Maginot-Linie.

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