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Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Titel: Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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in den Mund schob. Hinterher war sein Kinn voller Krümel.
    Katherines Blick schweifte zu einer Stellwand mit Bildern in der hinteren linken Ecke der Halle, unweit des Ausgangs. Sie waren in leuchtenden Farben gemalt und sehr verspielt, aber trotzdem faszinierend. Eins zeigte ein Paar, das auf dem Dachfirst einer Scheune tanzte, während ein wolfsgesichtiger Mond auf sie herabblickte. Ein anderes Bild stellte einen Mann mit Geweih in einem Ruderboot dar, der sehnsuchtsvoll gen Küste schaute. Katherine wandte sich ab und ging weiter.
    Vor den Doppeltüren hatte sich eine kleine Gruppe Jugendlicher versammelt. Sie lachten und teilten sich eine Tüte Ahorn-Zuckerwatte. Mit ihren hohen Stiefeln und bunten Skijacken waren sie kaum voneinander zu unterscheiden.
    Katherine kam an einem Stand für Holzspielzeug vorbei, am Tisch eines lokalen Imkers, der Honig und Met anbot, an Bergen von Wurzelgemüse und Kürbissen, an Kühlboxen voll mit selbstgemachten Würsten, an süßen Brötchen und Broten sowie einem Tisch der Unitarier, die eine Quilt-Tombola veranstalteten.
    Keiner der Händler, die Katherine ansprach, schien etwas über die Frau mit dem Zopf zu wissen, außer dass sie die Eierfrau war und herrlich warme Socken strickte. Schließlich erkundigte sie sich bei einer Frau, die an einem Eckstand Schafwolle zu dickem braunem Garn spann.
    »Ach, Sie meinen Alice? Ich habe keine Ahnung, wo sie stecken könnte. Sonst ist sie jede Woche hier. Versäumt nie einen Markttag.«
    »Sie wissen nicht zufällig ihren Nachnamen?«, fragte Katherine.
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, nein. Brenda Pierce von der Marktaufsicht müsste ihn wissen, aber die ist gerade in Florida, ihr Vater wird am Herzen operiert. Kommen Sie nächste Woche noch mal, dann ist Alice bestimmt wieder da. Ich habe noch nie erlebt, dass sie einen Markttag versäumt hat.«
    »Alice«, sagte Katherine, als sie wieder in ihrer Wohnung war und die winzige Puppe in der Hand hielt, die sie tags zuvor aus Draht und Pappmaché angefertigt hatte.
    »Ich habe dich zwar noch nicht gefunden, aber wenigstens weiß ich jetzt, wie du heißt.«
    Sie hatte der zehn Zentimeter großen Puppe einen langen grauen Zopf aus Sticktwist verpasst und winzige Jeans angezogen. Dazu trug sie einen farbenfrohen Pullover, den Katherine aus türkisfarbenem und gelbem Garn gehäkelt hatte.
    Sie setzte Alice in ihren Kasten und ging auf der Suche nach etwas Essbarem in die Küche.
    Alice, Alice. Frag Alice. Alice im Kaninchenbau.
    Wo bist du, Alice?
    Sie würde sich gedulden müssen. In der nächsten Woche würde sie noch einmal auf den Markt gehen – bestimmt war die Eierfrau dann wieder da. Und falls nicht, würde sie mit der Frau von der Marktaufsicht sprechen und von ihr Alices Nachnamen, mit ein bisschen Glück vielleicht sogar ihre Telefonnummer erfahren.
    Sie machte sich eine Suppe warm und setzte eine Tasse Kaffee auf. Draußen verdunkelte sich der Spätnachmittagshimmel, der Schnee fiel inzwischen dichter.
    Nachdem sie ihre karge Mahlzeit verzehrt hatte, wühlte Katherine in ihrer Handtasche nach den Zigaretten, zog eine aus der Schachtel und zündete sie an. Dabei fiel ihr die Papiertüte unter der Handtasche ins Auge: das Buch, das sie tags zuvor gekauft hatte.
    Sie nahm es aus der Tüte und schlug es auf. Auf der ersten Seite war eine Karte von West Hall im Jahre 1850 abgebildet, die Seite gegenüber zeigte eine Karte des gegenwärtigen Ortsbildes. Es gab ein paar mehr Straßen, neue Kirchen und Schulen waren hinzugekommen, doch insgesamt fand Katherine, dass sich erstaunlich wenig verändert hatte. Das Grün mit dem Pavillon in der Mitte befand sich noch genau dort, wo es immer gewesen war.
    Gary wäre in seinem Element gewesen: lauter Karten und Bilder, die die Geschichte eines Ortes illustrierten.
    Sie blätterte das Buch durch und fand Fotos von Jamesons Sattelzeug und Futtermittel, Cushings Gemischtwarenladen, dem West Hall Inn mit seinen Buntglasfenstern. Daneben waren jeweils Fotos derselben Gebäude in ihrem heutigen Zustand abgebildet: das Sportgeschäft, der Trödler, Lou Lous Café, der Buchladen. Es war seltsam, wie deutlich man die alten Gebäude in den neuen wiedererkannte, obwohl andere Schilder an den Fassaden hingen, die Straßen asphaltiert waren und sich dort, wo einst Stangen zum Anbinden der Pferde gestanden hatten, nun Gehwege mit Bänken befanden.
    Katherine sog an ihrer Zigarette und blätterte weiter. Ein Pferdegespann, das eine große Walze

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