Winterfest
Einzelheiten darüber, dass Lines Auto in den Fall verwickelt war, wollte er Nils Hammer unter vier Augen mitteilen, bevor die Zeugenaussagen aus Litauen eintrafen.
Er wollte gerade zum nächsten Punkt überleiten, als Benjamin Fjeld einen Finger hob.
»Ist Tommy Kvanter nicht ursprünglich Däne?«, fragte er.
»Doch«, bestätigte Wisting und ließ ein Fragezeichen anklingen.
»Das hier ist ja eine offensichtliche Dänemark-Connection«, sagte Benjamin Fjeld. »Wissen wir, ob er irgendeine Verbindung zu Klaus Bang oder Malte Ancher hat?«
Wisting betrachtete den jungen Ermittler. Er war überrascht, dass Benjamin Fjeld so gut über Lines Privatleben Bescheid wusste. Die mögliche Verbindung war allerdings so naheliegend, dass er nicht begriff, warum er das nicht selbst in Erwägung gezogen hatte. Immerhin konnte er offen antworten.
»Der Geheimdienst in Oslo kümmert sich darum«, sagte er und war froh, dass er am Abend zuvor mit Leif Malm darüber gesprochen hatte.
Er ließ den Blick um den Tisch wandern, ohne Anzeichen dafür zu entdecken, dass das, was sie erfahren hatten, ihnen Bauchschmerzen bereitete.
Dann stand er auf und ging zum Whiteboard am Ende des Raums. »Wir wissen inzwischen also schon sehr viel über das, was passiert ist«, sagte er und eröffnete damit Punkt vier der Tagesordnung.
Im selben Moment vibrierte sein Telefon wieder. Der zweite Anruf von Leif Malm.
»Die Dänen überqueren das Skagerrak, um zehn Kilo Kokain zu liefern«, sagte er und ließ das Handy klingeln. »Es ist eine feste Route und sie schicken eine vorher verabredete SMS mit der Ankunftszeit.«
Er illustrierte die Theorie, indem er mit einem blauen Stift ein Boot und zwei Strichmännchen an die Tafel malte.
»Die Abnehmer sind Rudi Muller und sein zukünftiger Schwager Trond Holmberg«, fuhr er fort und griff nach einem grünen Stift, mit dem er ein Auto und zwei Männer darin skizzierte.
»Die Übergabe erfolgt immer am selben Ort«, sagte er und zeichnete mit wenigen Strichen eine Hütte. »Wie der Zufall es will, werden vier Einbrecher aus Litauen, die sich versteckt haben, Zeugen der Übergabe.«
Vier rote Strichmännchen erhielten ihren Platz an der Tafel.
»Einer von ihnen nimmt die Tasche mit dem Geld an sich, wird aber von Muller und Holmberg gejagt. Beide Parteien haben Schusswaffen bei sich und beide benutzen sie. Darius wird von zwei Schüssen getroffen, schafft es aber noch, sich vor seinen Verfolgern in einem alten Ruderboot zu verstecken. Das treibt aufs Meer hinaus und er verblutet.«
Eines der roten Männchen wurde mitten auf der Tafel flachgelegt.
»Trond Holmberg wird ebenfalls getroffen und sucht Schutz in der nächstgelegenen Hütte.«
Er zeichnete ein neues Häuschen und platzierte eines der grünen Strichmännchen horizontal darin.
»Die anderen drei Litauer suchen nach Darius und stoßen auf einen der Dänen.«
»Malte Ancher«, warf Mortensen ein.
Wisting nickte und strich eines der blauen Männchen durch.
»Er flüchtet mit der Kokaintasche und läuft direkt in den Tod«, sagte er und zeichnete Malte Anchers neue Position ein.
»Klaus Bang wartet im Boot, muss aber allein nach Dänemark zurückfahren. Die drei übrig gebliebenen Litauer machen sich aus dem Staub, als die Polizei auftaucht. Rudi Muller muss ebenfalls sehen, dass er wegkommt, und als er durch die Medien erfährt, dass Trond Holmberg tot ist, unternimmt er alles, um nicht in die Sache hineingezogen zu werden, bei der es nun nicht mehr nur um ein schweres Drogenverbrechen geht, sondern auch um Mord. Er entwendet Holmbergs Leiche und bringt sie in dessen Wohnung, bevor er dort Feuer legt.«
Wisting setzte die Kappe auf den Filzmarker. Auf der Tafel hinter ihm war der Handlungsverlauf einfach und verständlich skizziert. Wie Wisting es sah, blieben trotzdem zwei große Fragen offen. Er drehte sich wieder zur Tafel um und wählte einen schwarzen Stift.
»Wer hat Trond Holmberg erschlagen?«, fragte er und malte ein Fragezeichen über das grüne Strichmännchen. »Und wo ist die Tasche mit dem Geld geblieben?«
Es war einen Moment still, bevor mehrere Kollegen auf einmal losreden wollten.
Wisting versuchte, die Wortmeldungen zu steuern, und ließ einen der Ermittler aus einem anderen Polizeibezirk, die als Verstärkung in sein Team gekommen waren, als Ersten sprechen.
»Ist Thomas R ø nningen abgecheckt worden?«, fragte er und zeigte auf die Hütte an der Tafel.
»Seine Freundin gibt ihm ein Alibi.«
»Reicht
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