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Winterjournal (German Edition)

Winterjournal (German Edition)

Titel: Winterjournal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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jedoch ein Problem damit, überhaupt ins Bett zu gehen, wenn ein spätabendlicher Energieschub dich davon abhält, Schluss zu machen, bevor du nicht noch ein Kapitel des Buchs verputzt hast, das du gerade liest, oder im Fernsehen einen Film oder in der Baseballsaison, wenn die Mets oder die Yankees an der Westküste spielen, die Übertragung aus San Francisco, Oakland oder Los Angeles gesehen hast. Anschließend kriechst du zu deiner Frau ins Bett, und binnen zehn Minuten bist du bis zum Morgen tot für die Welt. Manchmal jedoch stört etwas deinen normalerweise tiefen Schlaf. Zum Beispiel, wenn du zufällig einmal auf dem Rücken landest, fängst du vielleicht zu schnarchen an, fängst du sehr wahrscheinlich zu schnarchen an, und wenn die Geräusche, die du produzierst, laut genug sind, dass deine Frau davon aufwacht, wird sie dich sanft ermahnen, dich auf die Seite zu drehen, und wenn diese freundliche Taktik nicht fruchtet, wird sie dir einen Schubs geben, dich an der Schulter rütteln oder dir ins Ohr kneifen. In neun von zehn Fällen wirst du ihr unbewusst Folge leisten, und sie wird bald wieder einschlafen. In den übrigen zehn Prozent wird ihr Schubs dich wecken, und da du ihren Schlaf nicht weiter stören willst, wirst du durch den Flur in die Bibliothek gehen und dich aufs Sofa legen, das immerhin lang genug ist, dass du dich ganz darauf ausstrecken kannst. Meist gelingt es dir, auf dem Sofa wieder einzuschlafen – manchmal aber auch nicht. Aus dem Schlaf gerissen wurdest du im Lauf der Jahre von Fliegen und Mücken, die im Zimmer herumsurrten (die Gefahren des Sommers), oder von unabsichtlichen Schlägen ins Gesicht, weil deine Frau dazu neigt, beim Umdrehen im Bett die Arme auszustrecken, und einmal, nur einmal, wurdest du aus deinen Träumen geholt, als deine Frau mitten in einem ihrer eigenen Träume plötzlich zu singen anfing – mit lauter Stimme ein Lied aus einem Film schmetterte, den sie als Kind gesehen hatte: Deine hochintelligente, gebildete, überaus kultivierte Frau war in ihre Kindheit im Mittleren Westen zurückgekehrt und brachte eine großartige Interpretation von «Supercalifragilisticexpialidocious», im Original von Julie Andrews in
Mary Poppins
gesungen, zum Vortrag. Einer der wenigen Fälle, in denen dir euer Altersunterschied von acht Jahren jemals deutlich geworden ist, denn du selbst warst zu alt für diesen Film, als er herauskam, und hattest ihn daher (zum Glück) nie gesehen.
     
    Aber was tun, mitten in der Nacht, wenn du irgendwann zwischen zwei und vier Uhr früh aufgewacht bist, dich in der Bibliothek aufs Sofa gelegt hast und nicht mehr einschlafen konntest? Zum Lesen ist es dann zu spät, zum Fernsehen ist es zu spät, für einen Film ist es zu spät, und so liegst du im Dunkeln, grübelst vor dich hin und lässt deine Gedanken schweifen, wohin sie wollen. Manchmal hast du Glück und bleibst an einem Wort hängen, an einer Figur oder einer Szene aus dem Buch, das du gerade schreibst, in der Regel jedoch musst du feststellen, dass deine Gedanken in die Vergangenheit zurückkehren, und die Erfahrung hat dich gelehrt, dass es meist dunkle Gedanken sind, die dir morgens um drei durch den Kopf gehen. Vor allem eine Erinnerung quält dich mehr als alle anderen, und in schlaflosen Nächten kehrst du fast zwanghaft dorthin zurück, kaust wieder einmal die Ereignisse jenes Tages durch und durchlebst aufs Neue die Scham, die du danach empfandest und bis zum heutigen Tag empfindest. Es ist zweiunddreißig Jahre her, der Morgen der Beerdigung deines Vaters, und du stehst neben einem deiner Onkels (dem Vater der Kusine, die dich am Morgen deiner Panikattacke angerufen hat), ihr zwei schüttelt den Trauergästen die Hand, die an euch vorbeiziehen und ihr Beileid aussprechen, rituelle Gesten und leere Worte, wie sie bei solchen Anlässen üblich sind. Zumeist Familienmitglieder, Freunde deines Vaters, Männer und Frauen, Gesichter, die du kennst und nicht kennst, und dann gibst du Tom die Hand, einem derer, die du nicht kennst und der dir erzählt, er sei viele Jahre lang der Chefelektriker deines Vaters gewesen, und dein Vater habe ihn immer gut behandelt, er war ein guter Mann, sagt er, dieser kleine Ire mit seinem Jersey-City-Akzent erzählt dir, dein Vater sei ein guter Mann gewesen, und du dankst ihm für seine Worte, du schüttelst ihm noch einmal die Hand, und dann geht er weiter, um deinem Onkel die Hand zu geben, und sobald dein Onkel ihn sieht, sagt er zu Tom, er soll

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