Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi
ihn!
»Ja, wissens’, wenn man die Fälle so einzeln betrachtet, also ohne Familienzusammenhang, mein ich, dann sind es halt Unfälle. Tragisch natürlich, aber eben Unfälle. Und sowas passiert halt nicht in der Regel, gell. Aber, Ausnahmen bestätigen die Regel, sag ich immer.«
Er hat angebissen! Ich seh es an seinem Gesicht. Das entspannt sich dermaßen, dass jetzt gleich dreimal so viel Haut da ist wie vorher. Er steht auf und kommt um den Schreibtisch herum. Legt die Hand auf meine Schulter und sagt: »Ja, das sehen Sie völlig richtig, Eberhofer! Ist wohl doch noch nicht Hopfen und Malz verloren bei Ihnen, nicht wahr?«
Er lacht. Siegessicher.
Dann bringt er mich zur Tür.
»Ja, unsere Zeit ist um. Grüßen Sie mir den Moratschek recht schön, wenn Sie ihn sehen, und sagen Sie ihm, er soll die Finger lassen vom Schnupftabak. Macht die Schleimhäute kaputt, das kann man sich gar nicht vorstellen. Hab ich ihm schon hundertmal gesagt, aber er will ja nicht hören.«
Ja, im Grunde ist er halt immer noch ein Hals-Nasen-Ohren-Pfuscher, auch wenn er in noch so vielen Seelen rumwurstelt.
Kapitel 15
Am Nachmittag treff ich mich mit dem Birkenberger Rudi. Weil: wenn ich schon mal in München bin, kann man das Nützliche ja gleich mit dem Angenehmen verbinden. Wir sitzen im Englischen Garten, weil das Wetter einfach passt, und schauen den kurzen Röcken hinterher, die pausenlos vorüberhuschen. Der Rudi ist fleißig gewesen in den letzten Tagen, vermutlich, weil er mich sonst am Arsch lecken kann.
So hat er zum Beispiel herausgefunden, dass die Immo-Novum nicht mehr existiert. Gewerbe abgemeldet und aus. Aber er hat auch herausgefunden, dass ein- und dieselbe Geschäftsführung etwa zeitgleich ein Büro auf Mallorca eröffnet hat. Woher er das weiß, sagt er nicht, vermutlich hat er’s in einer Speisekarte gelesen.
Jedenfalls hat er mir eine Geschäftsbroschüre mitgebracht, eben von der ehemaligen Immo-Novum, hochglänzend und dreißig Seiten dick. Weil mir aber grad die Sonne so großartig auf den Buckel scheint, ist mir jetzt gar nicht nach Geschäftsbroschüren, und so leg ich sie weg und wir ratschen Privates.
Dann erfahr ich, dass dem Rudi ein schwerer Fehler unterlaufen ist, rein arbeitstechnisch sozusagen. Und zwar hat er sich in eine Klientin verliebt. Die hat nämlich ihren Ehemann beschatten lassen, weil sie geglaubt hat, er geht fremd.Saudummerweise ist dann nicht er fremdgegangen, sondern sie. Und zwar mit dem Rudi. Ein unverzeihlicher Fehler! Und jetzt bricht dem Rudi ständig der kalte Schweiß aus, weil er Angst hat, der Gehörnte könnte ihm irgendwo auflauern.
»Geh, Rudi, wie soll er denn da drauf kommen? Schließlich schnüffelt ja nicht ein jeder im Leben von seinen Mitmenschen umeinander, so wie du.«
»Vielleicht hast ja recht, Franz. Weißt du, manchmal glaub ich schon, ich krieg einen Verfolgungswahn, weil ich halt selber immer alle möglichen Leute verfolge.«
»Vielleicht solltest dir doch lieber einen anderen Job suchen?«
»Da musst du grad reden! Glaubst denn du wirklich, dass du den richtigen Job hast? Warst doch erst heute wieder beim Spechtl wegen deinen Wahnvorstellungen.«
Weil er mich jetzt aufregt, sag ich nix mehr und schau stattdessen in die Sonne, die grad so schön hinterm Chinesischen Turm durchblinzelt.
Wie ich am Abend heimkomm, steht das Auto vom Leopold im Hof. Er selber sitzt in der Küche und verbindet dem Papa seinen kaputten Fuß. Ich schau der Oma in die Töpfe und deck den Tisch ein.
»Wo hast denn deine liebe Roxana heut?«, frag ich, weil mich die Neugier packt.
»Das weiß ich nicht, mein lieber Bruder«, sagt er, grinst und wechselt einen verschworenen Blick mit dem Papa.
Und dann erfahr ich, dass die Versöhnungsumarmung eine ganz ausgebuffte Tour war. Weil nämlich der Leopold wieder an sein Geld wollte, das die Roxana zuvor von seinem Konto geräumt hatte. Und wie sie jetzt winselnd an seiner Tür scharrte, war die Gelegenheit günstig. Da hat derLeopold gesagt: »Ja freilich, mein Schatz, nehm ich dich zurück. Mit offenen Armen sogar!«
Und wie die Rumänen-Roxy dann reumütig mit seinem Geld rausgerückt ist, hat er ihr die Bankvollmacht entzogen und sie vor die Tür gesetzt.
So ein Schlawiner ist das!
Der Papa hängt an seinen Lippen und der Leopold klammert den Verband zu.
»Gut so?«, fragt er den Papa.
Der nickt und wirft mir einen vorwurfsvollen Wo-sind-meine-Zehen-Blick zu.
Dann bringt die Oma das Essen. Der Leopold haut
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