Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi
blöd, muss man sagen. Und wahrscheinlich ärgert er sich auch, weil er schon immer den Kanal ziemlich voll hat, wenn er zum Vereinsheim hinausfährt. Und so ein Abend mit Apfelschorle ist schon eine ziemliche Spaßbremse, gell.
Abends um halb zehn steh ich vorm Vereinsheim und mach einen Alkotest nach dem anderen. Die Beschimpfungen wälz ich gleich ab und sag, sie sollen sich beim Moratschek oder beim Bürgermeister beschweren. Ich erfülle hier nur meine Pflicht.
Ein paar Tage später brauchen wir weder einen Schülerlotsen noch ein paar Führerscheine, allerdings hat mir die Aktion einen Besuch beim Spechtl eingebracht. Auf dienstliche Anweisung vom Moratschek.
Zuerst einmal aber haben wir unser Klassentreffen. Das zwanzigjährige, großer Gott! Und da ist es schon eine Freude, wenn man den einen oder anderen so zehn oder gar zwanzig Jahre lang nicht mehr gesehen hat. Schließlich will man ja wissen, was aus denen so alles geworden ist.
Die Simmerl Gisela hat das Ganze organisiert, und wir treffen uns in einem Landgasthof ein paar Dörfer weiter. Der Flötzinger kommt auch, der Simmerl nicht, der war zwei Jahrgänge über uns.
Ich komm leider ziemlich spät, weil ich zuerst noch das Gras hab mähen müssen. Meine Strafe sozusagen – für die Suchverweigerung vom Papa seinen Zehen.
Wie ich reinkomm, ist die Stimmung schon gut, und so hechelt man sich zwischen Kalbslendchen und Käsesahne durch die letzten Jahre. Der Rainer muss passen, weil er eine Allergie hat gegen alle Produkte des einheimischenRindviehs, von den derzeit grassierenden Pollen ganz zu schweigen. Er hat einen Ausschlag im Gesicht und eine kleine Wanderapotheke vor sich aufgebaut und nimmt stündlich irgendein Medikament. Weil ich aufgrund meiner Katzenallergie weiß, wie sehr er leidet, setz ich mich zu ihm und frag nach: »Sag einmal, Rainer, du bist so ziemlich gegen alles allergisch, gell?«
»Halb so wild, Franz«, sagt er. »Leberkäs und Bier vertrag ich gut. Da kann man schon leben damit!«
Na also.
Am Abend gibt’s ein Büfett und hinterher Musik und Tanz. Wir stehen da so am Tresen und die Fanny schaut gut aus, mein lieber Schwan! Die war früher so der Typ Mauerblümchen. Und jetzt könnte man glauben, die ist grad aus der ›Praline‹ entsprungen. Der Flötzinger schaut ihr ständig in den Ausschnitt und auf einmal sagt er: »Du hast großartige Titten, Fanny! Möchtest du tanzen?« Sie mag nicht. Weil halt der Flötzinger wieder zuerst einen Knoten in den Luftballon gemacht hat. Er trinkt sich den Frust von der Seele und später sagt er: »Ich frag dich jetzt zum allerletzten Mal, Fanny. Möchtest du bitte, bitte mit mir Titten?«
Herrje!
Am Schluss singen wir alle die alten Lieder von Boney M. und Status Quo, und dann bring ich den Flötzinger heim und übergeb ihn seiner Mary.
»Darf ich um diese Titten bitten«, sagt er und fällt ihr in die Arme.
Zwei Tage später sitz ich also beim Dr. Dr. Spechtl und ein unglaublich dicker Ordner liegt vor ihm auf dem Schreibtisch.
»Alles von Ihnen, Eberhofer«, sagt er und klopft auf den Leitz.
»Aha.«
»Aber nicht, dass Sie jetzt glauben, es wären etwa die Fälle, die wo Sie bearbeitet haben. Es sind einzig und allein die Beschwerden über Sie. Sollte uns das zu denken geben, lieber Herr Eberhofer?«
»Ja, wer beschwert sich denn so alles?«
»Das spielt jetzt keine Rolle hier. Sie können hernach jederzeit gerne Einsicht nehmen. Aber meine Zeit ist begrenzt und drum sollten wir überlegen, was wir mit Ihnen anstellen. Wie fühlen Sie sich denn augenblicklich?«
»Augenblicklich fühl ich, dass ich einen Riesenhunger hab, weil der Termin bei Ihnen heute so derartig früh war, dass keine Zeit fürs Frühstück war. Und wissen Sie, mit leerem Magen …«
»Herrschaft, Eberhofer!«, fällt er mir ins Wort. »Mich interessiert Ihr Magen einen Scheißdreck! Ihre Psyche ist defekt, das ist unser Problem!«
Er lehnt sich in seinem Stuhl nach hinten und massiert sein Kinn.
Ihre Psyche ist defekt! Ja, spinnt der jetzt?
»Was mach ich nur mit Ihnen?«, sagt er, mehr so zu sich selber. Ich zuck mit den Schultern und schau auf die Uhr.
»Wie weit sind Sie denn jetzt eigentlich in Ihrem Vierfachmord?«, fragt er und ich durchschau ihn gleich. Ich zuck wieder mit den Schultern und sag: »Der Vierfachmord? Ja, das hat sich wohl zerschlagen, Herr Doktor.«
Er hebt eine Augenbraue und wird neugierig.
»Wie meinens’ denn das jetzt?«
Jetzt hab ich
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