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Winterkill

Winterkill

Titel: Winterkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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gewesen waren, hatten sich tief in ihr Gedächtnis gegraben.
    »Sarah«, hatte ihr Vater gesagt, »die Zeiten haben sich geändert, und du wirst auf der Highschool und, falls ich das Geld zusammenbekomme, auch auf dem College lernen, was du fürs Leben brauchst. Was ich dir auf unseren Ausflügen beibringe, wirst du vielleicht niemals anwenden können. Aber du sollst wissen, was wichtig für unsereVorfahren war. Vielleicht hilft dir dieses Wissen in der Stadt. Auch dort gibt es Gefahren, denen man aus dem Weg gehen muss. Ich will dir beibringen, was mein Vater mich und mein Großvater meinen Vater gelehrt hat. Ich weiß, du wächst zu einer Frau heran, aber stehen Frauen jetzt nicht vor den gleichen Herausforderungen wie die Männer?«
    Sie hatte nur die Hälfte von dem verstanden, was ihr Vater gesagt hatte. Wahrscheinlich hatte er mehr zu sich selbst gesprochen und sie allein durch den Klang seiner Stimme gestärkt. Sie erinnerte sich genau, wie sie den Spuren von Bären und Wölfen gefolgt waren und am Stand der Sonne oder der Sterne erkannt hatten, wo sie sich befanden. Und sie würde niemals den Abend vergessen, an dem sie am Ufer eines einsamen Sees gesessen und dem melancholischen Ruf des Eistauchers gelauscht hatten. Manchmal war ihre Sehnsucht nach der alten Heimat so stark, dass sie am liebsten ihr Versprechen gebrochen und in die Jagdgründe ihrer Eltern zurückgekehrt wäre.
    Der Wagen der Verfolger kurvte auf ihr Stockwerk. Langsam und gefährlich, wie ein Raubtier auf der Jagd, bewegte sich der Geländewagen über das Parkdeck. Seine hellen Scheinwerfer wanderten bedrohlich über die parkenden Autos.
    Sarah versuchte zu erkennen, ob beide Männer in dem Wagen saßen, doch hinter der Frontscheibe war es dunkel. Plötzlich frischte der Wind auf, begann um das Parkhaus zu heulen und trieb einen Schwall nassen Schnee durch die Fenster. Der eisige Schauer hüllte Sarah ein und ließ ihr Gesicht gefühllos werden. Vor Schreck und Kälte erstarrt blickte sie auf den schwarzen Wagen.
    In der Finsternis hinter der Frontscheibe leuchteten zweiglühende Augen auf und die heisere Stimme war zu hören: »Ich kriege dich, Sarah! Du entkommst mir nicht …«
    Der Streifenwagen hielt vor dem Apartmenthaus, in dem Sarah und Carol wohnten, und zwei Polizisten stiegen aus. Der Fahrer war jung, ein »Rookie«, wie die Cops sagten. Der Beifahrer, ein korpulenter Bursche, der ständig an seiner Hose zog, weil sie ihm sonst auf die Knie gerutscht wäre, hatte seine besten Jahre längst hinter sich und trug seine schlechte Laune offen zur Schau.
    »Wahrscheinlich wieder ein Ehepaar, das sich in der Wolle hat«, sagte der Ältere. Er hieß Colby. »Möchte wissen, warum die Leute heiraten, wenn sie sich später sowieso die Köpfe einschlagen.«
    »Mary-Jane und ich wollen auch heiraten«, erwiderte Taylor, der Jüngere.
    »Das würde ich mir noch mal gut überlegen. Ich bin Betty heute noch dankbar, dass sie die Scheidung eingereicht hat, sonst hätte es sicher ein Unglück gegeben. Elende Schnarcherei.«
    »Du schnarchst?«, wunderte sich Taylor. »Das wusste ich ja gar nicht.«
    »Sie schnarcht«, verbesserte Colby.
    Taylor lachte. »Sag bloß!«
    Hinter ihnen bremste der Krankenwagen. Die Sanitäter sprangen aus dem Fahrerhaus. »Wo?«, fragte einer.
    »Fünfter Stock«, sagte Taylor.
    Während die Sanitäter die Trage und den Notfall-Koffer aus dem Laderaum holten, fuhren die Cops in den fünften Stock hinauf. Vor der Wohnungstür sahen sie einen jungen Mann stehen. Der zottige Hund, den er am Halsband hielt, zerrte und bellte nervös.
    »Keine Angst, der tut nichts.«
    »Das sagen alle Hundebesitzer«, sagte Colby. »Haben Sie uns angerufen?«
    »Ja … Kevin Gruber«, stellte er sich vor. »Aber die junge Dame ist verschwunden. Einfach gegangen, vor ungefähr zehn Minuten. Ich wollte sie zurückhalten. Sie sah ziemlich ramponiert aus, wissen Sie, aber sie sagte nur, es wäre alles halb so schlimm, und ging.«
    »Wissen Sie, wohin?«
    »Keine Ahnung. Ins nächste Krankenhaus, nehme ich an. Wenn mich nicht alles täuscht, ist ihre Nase gebrochen, und am Hals hatte sie Würgemale. Sah wüst aus. Nachdem sie sich das Blut vom Gesicht gewaschen hatte, ging es ihr etwas besser, aber so ganz in Ordnung war sie nicht. Nicht nur wegen der gebrochenen Nase, auch sonst.«
    Die Polizisten gingen an dem jungen Mann vorbei in die Wohnung und blickten auf den blutverschmierten Boden. »Hat sie Ihnen gesagt, warum sie nicht auf den

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