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Winterkill

Winterkill

Titel: Winterkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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fest. Nur allmählich legte sich ihre Benommenheit. Sie klopfte sich den Schnee aus den Kleidern und blickte zur Feuertreppe hoch.
    »Sie lebt noch!«, hörte sie einen der beiden Verfolger rufen. Ihre Schritte klapperten über die Eisenstufen. »Beeil dich, verdammt! Wir haben sie gleich!«
    Sarah konnte die Männer kaum erkennen, nahm nur deren Umrisse wahr. Einer war groß und schlank, so viel konnte sie sehen, der andere etwas untersetzt. Beide hielten Waffen in den Händen. Sie hatten es allein auf sie abgesehen. Von Carol hatten sie erfahren wollen, wo sie sichbefand, nur deshalb hatten sie die Arme verprügelt. Sarah fluchte leise. Durch ihr plötzliches Erscheinen hatte sie Carol vielleicht das Leben gerettet, doch ihr eigenes war keinen Cent mehr wert. Warum war sie den Männern bloß vor die Pistolen gelaufen?
    Immer noch leicht benommen rannte Sarah los. Ihr blieb nur dieser eine Ausweg. Sie musste laufen, so schnell wie noch nie in ihrem Leben, nur dann hatte sie eine Chance, ihren Verfolgern zu entkommen.
    An der Rückseite des Hauses entlang lief sie zur Straße. Der böige Abendwind blies ihr die Schneeflocken ins Gesicht und fuhr unter ihren Anorak. Seltsamerweise hatte sie ihre Umhängetasche bei dem Sturz nicht verloren. Ihr Kopf dröhnte, und ihr Blick war leicht verschwommen, aber das konnte auch an dem trüben Licht liegen, das die wenigen Straßenlampen in der Siedlung verbreiteten. Die dünne Schneedecke auf dem Asphalt dämpfte ihre Schritte.
    Als sie endlich den Gehsteig erreichte, rutschte sie aus und stolperte gegen einen der parkenden Wagen. Instinktiv stützte sie sich mit beiden Händen auf dem schneebedeckten Dach ab. Sie blickte sich nervös um und sah, wie ihre Verfolger von der Feuerleiter sprangen und auf sie zurannten. Beide hatten noch mehr Schwierigkeiten mit dem rutschigen Boden als sie. Obwohl der junge Mann mit dem Hund sicher die Polizei alarmiert hatte und jeden Moment ein Streifenwagen um die Ecke biegen konnte, hatten sie ihre Pistolen nicht eingesteckt.
    »Hol den Wagen!«, rief der Große. »Beeil dich, Mann! Sie darf uns nicht entkommen, sonst kriegen wir Ärger!«
    Um einer Kugel zu entgehen, lief Sarah auf die Straße und geduckt an den parkenden Wagen entlang. Sie haderte mit ihrem Schicksal. Wo, zur Hölle, blieben die Cops?Warum kamen sie nicht? Wenn man sie mal brauchte, waren sie nicht da.
    Ein Lieferwagen kam ihr entgegen. Sie wartete, bis er auf wenige Schritte heran war, und rannte dicht vor den hellen Scheinwerfern auf die andere Straßenseite. Der Fahrer trat erschrocken auf die Bremse und schimpfte gestikulierend, versperrte für ein paar wichtige Sekunden die Straße. Lange genug, um den schwarzen Escalade der Verfolger aufzuhalten. Hinter dem Steuer saß der Untersetzte und tobte genauso wie der Mann im Lieferwagen. Die Straße war so eng, dass er zurücksetzen und den Lieferwagen vorbeifahren lassen musste. Doch der Große konnte nicht weit sein.
    Sarah war schon etliche Male hier gejoggt und erinnerte sich an eine schmale Gasse, die zwischen einem der verwitterten Holzhäuser und dem Drugstore an der Ecke auf eine Baustelle führte. Ohne sich umzudrehen, rannte sie über den Gehsteig zur nächsten Straßenecke. Hätte sie doch nur ihre Laufschuhe und nicht diese unbequemen Stiefel mit den halbhohen Absätzen angezogen. Aber mit Laufschuhen hätte man sie nie in den Club gelassen. Im Reservat wäre sie damit sogar ins Casino gekommen, hier in Chicago legten sie Wert auf Äußerlichkeiten.
    Dennoch kam sie schnell voran. Einige Bäume mit weit ausladenden Ästen hielten den Schnee auf dieser Seite ab, und der Gehsteig war fast trocken. Lediglich das Klappern ihrer Absätze zerrte an den Nerven. Es tönte wie ein Signal zu den Verfolgern und verriet ihnen, worauf sie zielen mussten. Ohne nachzusehen, ahnte sie, dass der Große auf Schussweite an sie herangekommen war. Er würde auf sie schießen, daran gab es keinen Zweifel, und solange keine Cops in der Nähe waren, würde sich auch niemand daran stoßen. In Chicago kümmerte es keinen Menschen, wenn irgendwo ein Schuss fiel.
    Doch ihr Vorsprung musste größer gewesen sein, als sie befürchtet hatte, oder das Schneetreiben hinderte ihn daran, genau zu zielen. Der Schuss blieb aus. Stattdessen hörte sie den Motor des Geländewagens aufheulen. Der Komplize ihres Verfolgers hatte freie Bahn und brauchte nur einmal kräftig Gas zu geben, um sie zu erreichen und aus dem Wagen zu springen. Das Brummen des

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