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Winterkill

Winterkill

Titel: Winterkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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könnten es auch auf sie abgesehen haben, ließ ihm keine Ruhe.
    Nachdem Sarah verschwunden war, hatten Unbekannte bei ihren Eltern die Fenster eingeworfen und die Reifen ihres Pick-ups zerstochen, und einmal war sogar ein maskierter Mann eingedrungen und hatte sie mit einem Messer bedroht. Als er gemerkt hatte, dass die beiden tatsächlich nicht wussten, wo sich ihre Tochter aufhielt, hatte er das Weite gesucht. Seitdem hatte sie niemand mehr belästigt. Aber Sarah war wieder auf der Flucht, so hatte es jedenfalls am Telefon geklungen, und man vermutete vielleicht, dass sie bei ihrer Familie unterkroch.
    Doch so dumm würde Sarah nicht sein. Man hatte ihr eingeschärft, sich auch im Augenblick größter Gefahr nicht im Reservat blicken zu lassen, und sie würde sich daran halten. Schon das Risiko, in der Mission anzurufen, war groß gewesen. Wenn Clarkson Minerals wirklich mit der Mafia in Verbindung stand, war es durchaus möglich, dass sie die Telefone im Reservat abhörten. Auch seines?
    Der Gedanke bereitete ihm Übelkeit, aber ihn wunderte schon lange nichts mehr. Das Böse war stärker, als er vermutet hatte. Manchmal zweifelte er sogar daran, dass sein Gottvertrauen ausreichte, um es zu bekämpfen. Dank der Aussage des tapferen Mädchens hatte man den Mörder zwar gefasst und dem organisierten Verbrechen einen schweren Schlag versetzt, aber eine Verbindung zu Clarkson Minerals hatte man trotz eindeutiger Indizien nicht herstellen können. Der Konzern war unbehelligt geblieben und hatte das Casino bauen können. Selbst die Stammespolizei hatte sich bei der Untersuchung des Überfalls auf die Standing Clouds zurückgehalten, um sich nicht mit einem mächtigen Konzern oder der Mafia anzulegen.
    Father Paul erreichte die andere Seite des Waldes und ging mit dem Tempo herunter. Außerhalb der Bäume war der Schnee schon so tief, dass er einen Gang herunterschalten musste. Nach einem leichten Durchdrehen gruben sich die Räder den Hang hinauf. Bei klarem Wetter konnte man von der Hügelkuppe bereits die kleine Siedlung sehen, in der die Standing Clouds wohnten. Doch das Schneetreiben war so dicht, dass er nicht mal die Lichter in den Häusern ausmachen konnte. Nur weil er die Straße genau kannte, fand er den Weg.
    Während er ins Tal hinabfuhr, wanderten seine Gedanken zu Sarah. Wie hatten diese Verbrecher bloß herausbekommen, wo sie sich versteckt hielt? Hatte sieirgendjemand angerufen, dessen Telefon sie abhörten? Sich einer neuen Freundin anvertraut, die in Wirklichkeit ein Spitzel war? Ein Konzern wie Clarkson Minerals hatte sicher seine Verbindungen, vielleicht sogar beim FBI oder den US Marshals.
    In einer scharfen Kurve trat Father Paul erschrocken auf die Bremse. Vor ihm tauchte ein dunkler Schatten aus dem Nebel, ein unheimliches Etwas, das wie ein riesiges Raubtier in dem Schneetreiben kauerte und nur darauf zu warten schien, ihn anzugreifen. Ein verzweifeltes Keuchen drang durch die Nacht, so laut und durchdringend, dass er vor Entsetzen zusammenzuckte. Die eisige Kälte schien in den Wagen und durch den gefütterten Anorak bis auf seine Haut zu dringen. Ein zweiter Schatten tauchte aus der Dunkelheit, kam auf ihn zu und blieb ungerührt stehen, als der Wagen ins Schleudern geriet und langsam in den Graben rutschte.
    Sarah saß auf der Sitzbank, vor Angst verspannt und zu kaum einer Bewegung fähig, und starrte den Killer im Nachbarwagen an. Er stand am Fenster neben der Verbindungstür und ließ sie nicht aus den Augen. Seine Lippen waren zu einem kaum merklichen Grinsen verzogen, ansonsten wirkte er kühl und gefasst, wie ein Geschäftsmann, der zu einem Meeting in der Stadt unterwegs war. Nur der Aktenkoffer fehlte.
    Doch als der Zug in eine Kurve ging und sein Mantel durch das plötzliche Rucken aufklaffte, sah sie die Pistole hinter seinem Gürtel stecken. Für einen Moment nur, aber lange genug, um ihr vor Augen zu führen, dass sie sich die Verfolger nicht einbildete. Als er seinen Leichtsinn bemerkte, knöpfte er rasch den Mantel zu.
    Sarah blickte nervös auf die Verbindungstür. Ein großesStop-Zeichen ermahnte die Fahrgäste, sie nur im Notfall zu öffnen, anderenfalls habe man mit einer Strafe zu rechnen. Sie glaubte eher, dass ihn nur die anderen Leute in den Wagen daran hinderten, die Tür zu öffnen. Er durfte kein Aufsehen erregen.
    Sie klammerte sich an die Haltestange neben ihrem Sitz. Ihre Hände waren noch immer rot von der Kälte. Vor lauter Angst hatte sie vergessen ihre

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