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Winterkill

Winterkill

Titel: Winterkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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»Ethan«, kämpfte eine sanftere Stimme gegen das Krächzen an. Sie merkte gar nicht, dass es ihre eigene war. »Ethan!«
    Ein heftiger Krampf schüttelte ihren Körper und verdrängte etwas von der Kälte aus ihrem Körper. »Sarah!«, rief die krächzende Stimme. »Sarah, das darfst du nicht …« Doch das Krächzen wurde ständig leiser und schwächer, das Blut in ihren Adern erwärmte sich und der Druck um ihre Brust ließ nach.
    Mit aller Macht stemmte sie sich gegen das unheimliche Wesen in ihrem Körper. Während die Gondel immer weiter nach oben kletterte und immer stärker schaukelte und knarrte, hing sie verkrampft auf der harten Bank und wand und krümmte sich, als würde sie von einer schweren Kolik heimgesucht.
    »Verschwinde!«, schrie sie wütend in den Wind. »Ich hab genug von dir! Geh in die Wälder, wo du hingehörst!« Ein heftiger Windstoß riss ihre Hände von der Haltestange und warf sie auf den harten Boden der Gondel. Sie wand sich wie ein sterbendes Tier, stemmte sich ächzend auf die Knie und suchte verzweifelt nach einem Halt. Fand die Haltestange wieder und klammerte sich daran.
    Mit einem Schrei, der an den Kriegsruf ihrer Vorfahren erinnerte, befreite sie sich von dem eisigen Wesen. Diefeindliche Macht entwich aus ihrem Körper und brauste mit dem Wind davon. In ihren Adern war kein Eis mehr, sie fühlte die Wärme ihres Anoraks, der Mütze und der Handschuhe. Vollkommen erschöpft von dem anstrengenden Kampf blieb sie in der Hocke, bis sie wieder einigermaßen Luft bekam.
    Doch ihr blieben nur Bruchteile von Sekunden, sich von dem Schrecken zu erholen. Kaum hatte sie es auf die Sitzbank geschafft, hämmerte der Wind gegen die Gondel und brachte sie zum Schaukeln, riss und zerrte an ihr, als wäre der Wendigo zurückgekehrt, um sein grausames Werk doch noch zu vollenden. Verzweifelt klammerte sie sich an die Stange. Bei jedem Schlenker, den die Gondel machte, hob es ihre Füße eine Handbreit vom Boden; sie drohte, aus der Kabine und in die Tiefe geschleudert zu werden. Die stählernen Bügel, an denen die offene Gondel hing, knarrten und quietschten laut, schienen sich mit jeder Bewegung weiter aus der Verankerung zu lösen.
    Das Riesenrad drehte sich weiter im flackernden Glanz seiner vielen bunten Lichter. Ihre Gondel war bereits auf dem Weg nach unten, hing jetzt voll im Wind, weil die große Family Hall keinen Schutz mehr bot. Sarah versuchte das Schaukeln durch eine Verlagerung ihres Gewichtes zu stoppen, verlor dabei die Balance und wäre beinahe aus der Gondel gestürzt. Sie schrie laut um Hilfe, doch niemand hörte sie im Heulen des Sturms. Noch zwanzig Sekunden musste sie durchhalten, mindestens noch zwanzig Sekunden.
    Doch immer noch dreißig Meter über dem Erdboden schlug der Wind so heftig gegen die Gondel, dass sie den Halt verlor, quer durch die Kabine torkelte und über das seitliche Geländer kippte. Schreiend verlor sie den Boden unter den Füßen.»Und wie kommt es«, fragte Special Agent Russ Tumblin sichtlich genervt, »dass diese junge Frau, die doch eigentlich dringend unsere Hilfe benötigt, ständig vor uns davonläuft?« Er stellte drei Becher mit Automaten-Kaffee auf den Tisch und deutete auf die Konservendose mit Zucker und Milchpulver.
    »Das fragen wir uns doch alle«, erwiderte US Marshal O’Keefe, während sie ein Päckchen Zucker in ihren Kaffee leerte. Sie war um die vierzig, hatte ihre Haare zu einem modischen Knoten hochgesteckt und gehörte zu den seltenen Menschen, die nicht mal bei den Simpsons lachen. »Warum hat sie den Pater angerufen und nicht mich? Irgendetwas stimmt mit der Lady nicht.«
    Der FBI-Agent, ungefähr zehn Jahre jünger als seine weiblichen Kolleginnen und einer jener austauschbaren und immer korrekt gekleideten Gentlemen, die man auch an der Wall Street fand, blickte Havelka an. »Sie hatten sie doch schon in ihrem Wagen. Was ist passiert? Sind Sie so leicht auszutricksen, Lieutenant Havelka?«
    Havelka ignorierte den Vorwurf in seiner Stimme. »Normalerweise nicht. Aber wer ahnt denn, dass sie ausgerechnet vor dem FBI-Gebäude aus dem Wagen springt und davonläuft? Wie gesagt, eigentlich hätte sie doch froh sein müssen, dass sie endlich in Sicherheit war.«
    »Vielleicht hatte sie Angst«, gab O’Keefe zu bedenken. Sie trank einen Schluck von dem Kaffee und verzog das Gesicht. »Oder gab’s sonst einen Grund dafür, dass sie aus dem Wagen stürmt? Hat sie irgendwas gesehen?«
    Havelka zuckte die Achseln. »Sie war aus

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