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Winterkind

Winterkind

Titel: Winterkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Mer
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Sie haben mich zu Tode erschreckt!“
    Marek schüttelte ungeduldig den Kopf.
    „Tut mir leid, Frolleinchen, aber für sowas ham wir jetzt keine Zeit. Große Behälter. Hörense mich? Sowas muss es doch hier geben.“
    „Die Waschkessel“, zirpte es von der Kellertür her. Sophie fuhr herum. Das Spülmädchen hatte sich eine Elle weit aus dem Versteck gewagt und blinzelte jetzt nervös. „Die Waschkessel, würden die gehen?“
    „Bestimmt. Ich hol sie.“ Marek ließ Sophies Arm fahren, als wäre sie plötzlich vollkommen unwichtig geworden, und wollte sich an ihr vorbei ins Haus drängen.
    Sophie reichte es. Ihr ganzer Körper bebte immer noch vor Angst, sie verstand nichts von dem, was auf einmal geschah, und jetzt wollte dieser ungehobelte Kerl sie einfach aus dem Weg schieben, wie irgendein Möbelstück? Sie stemmte den Arm in den Türrahmen, sodass er beinahe dagegenlief, und sagte scharf:
    „Sie holen hier nichts und niemanden, bevor Sie mir nicht erklärt haben, was zum Teufel das ganze Durcheinander soll!“
    Der Fluch rutschte ihr aus Versehen heraus. Sie biss sich auf die Zunge, aber ließ sich nach außen hin nichts anmerken. Marek grinste, kurz und irgendwie anerkennend. Dann verdüsterte sein Gesicht sich sofort wieder.
    „Frolleinchen, wir ham keine Zeit, begreifense das denn nich?“ Sie rührte sich nicht. Er kniff die Augen zusammen. Einen Moment lang sah es so aus, als wollte er sie mit Gewalt aus dem Weg räumen.
    „Leute, was denn hier los!“
    Willem kam über den Vorplatz gelaufen. Sophie stieß erleichtert die Luft zwischen den Zähnen aus, verschluckte sich dann beinahe, als sie sah, dass er Lieschen hinter sich herzog. Lieschen, die oben bei Johanna sein sollte!
    „Verdammt, Willem, wo warst du!“ Marek drehte sich um. Sophie ließ den Arm vorsichtig sinken. „Während du dich rumtreibst, is genau das passiert, was ich schon vor Wochen gesagt hab! Die verfluchte Wanne Zwo is gerissen. Und die Wasserleitung is eingefroren. Mal wieder! Wir schippen da oben Schnee wie die Wilden, aber es reicht nich, um die Wanne runterzukühlen. Das beschissene Glas fließt schon überall rum!“
    Sophie schlug die Hand vor den Mund. Mareks Kopf ruckte herum.
    „Was guckense so belämmert“, fuhr er sie an, „könnense sich vorstellen, was passiert, wenn das Ding richtig anfängt auszulaufen?“
    Blitzartig sah Sophie sie wieder vor sich, die riesigen gemauerten Gewölbe, das drohende Glühen in ihrem Innern. Gewaltige Teiche aus Höllenfeuer … Zögernd hob sie den Blick, hoch zum Hüttenturm, der hinter dem Haus ins Schneegestöber ragte. Der Wind trug Menschenrufen heran.
    „Ach, gnädiges Fräulein“, jammerte Lieschen, „es tut mir so leid, ich wusste doch nich … Und ich war wirklich nur kurz weg, ganz, ganz kurz!“
    Sophie beachtete sie nicht. Ihr Blick hing an Willems Gesicht. Willem, der einen Moment lang unsicher aussah. Dann schien er sich wieder zu fangen. Er hieb Marek die Hand auf die Schulter und grinste breit.
    „Mann, du machst wohl wieder mal Panik, was? Ein kleiner Riss, was schadet das schon. Wär ja nich das erste Mal, woll? Und die Wanne is an sich ordentlich gebaut. Das weißt du doch.“
    „Das isse nich“, zischte Marek so heftig, dass Sophie einen Schritt zurückwich. „Und das weißt du doch!“
    „Willem“, mischte sich einer der anderen Arbeiter ein, „wir müssen büschen aufpassen. Sowatt kann schneller gehn, als man denkt. Und es lagern doch noch die ganzen Kisten im Turm nebenan.“
    Willem zuckte die Schultern. „Da is’ne Stahltür dazwischen, oder nich? Echter Kruppstahl!“
    „Ja“, sagte Marek, gefährlich leise. „Und was passiert, wenn eine Tonne glühendes Glas dagegenschwappt?“
    Willem öffnete den Mund, aber ein dumpfer Knall verschluckte seine Worte. Die Männer fuhren herum, Sophie zuckte zusammen. In der Hauswand vibrierten sirrend die Fensterscheiben.
    „Scheiße“, murmelte Willem, bleich geworden. „Verpuffung.“
    „Es geht los“, sagte Marek. „Ja, jetzt geht es richtig los.“ Er sah Sophie an. „In der Hütte sind jede Menge Gase. Überall. Und tausend Dinge, die schmelzen und verbrennen können. Wenn wir es nich schaffen, das Glas in der Wanne runterzukühlen, bevor sie noch weiter zerreißt, fließt es überallhin und zündet alles an.“
    „Aber – der Turm“, stotterte Sophie, „kann man nicht wenigstens die Kisten dort wegräumen? Wäre die Gefahr dann nicht …“
    „Sicher“, unterbrach Marek sie grob,

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