Winterkrieger
behutsam an den Zügeln und ließ sich von einigen seiner Männer überholen.
Der silberhaarige Bogenschütze drehte sich im Sattel um und schoss einen Pfeil auf ihn ab. Nayim wich aus und duckte sich. Er hörte hinter sich einen Mann aufschreien. Ein Blick zurück zeigte ihm, dass der Pfeil in der Schulter des Reiters steckte.
Nayim wollte die Flüchtenden unbedingt einholen, ehe sie in die Ruinenstadt gelangten, denn sobald sie dort waren, konnten Antikas und die anderen die Pferde stehen lassen und Deckung suchen. Es würde nicht lange dauern, aber es würde ihn Männer kosten. Einer der Gründe, weshalb Nayim als Befehlshaber beliebt war, war die Tatsache, dass er mit dem Leben seiner Soldaten behutsam umging. Keine tollkühnen Angriffe, keine Suche nach Glanz und Ruhm. Er war ein Berufssoldat der seine Strategien immer gut durchdachte.
Sie kamen rasch näher. Antikas Karios führte ein zweites Pferd am Zügel, auf dem eine junge Frau im blauen Kleid saß. Mit Erstaunen erkannte Nayim die Königin. Er hatte sie immer nur in Samt und Seide gesehen, wie eine Göttin aus der Legende. Jetzt war sie nichts weiter als eine Frau auf einem müden Pferd.
Nur etwa vierzig Meter trennten sie jetzt noch. Antikas würde keine Zeit mehr haben, in Deckung zu gehen, denn sie würden ihn an der Stadtmauer einholen!
Plötzlich stieß einer seiner Männer einen Warnruf aus. Nayim sah sogleich weshalb.
Bewaffnete Männer strömten aus den Ruinen der Stadt und bildeten eine Kampflinie vor den zerbrochenen Stadttoren. Es waren Drenaisoldaten, mit Vollvisierhelmen und langen, roten Umhängen. Hunderte, die geschmeidig ihre Plätze einnahmen mit der Disziplin von Veteranen. Nayim traute seinen Augen kaum.
Die Armee der Drenai war vernichtet worden. Wie konnte dann das hier sein?
Dann erkannte er schockiert, dass er einen Angriff auf sie ritt. Er riss an den Zügeln und hob den Arm. Seine Männer verlangsamten ihr Tempo.
Die Flüchtenden ritten auf die Kampflinie zu, die sich glatt vor ihnen teilte und ihnen Zugang zur Stadt gewährte.
Nayim befahl seinen Männern zu warten und ritt langsam voran. »Wo ist euer Befehlshaber?« rief er. Schweigen antwortete ihm. Er musterte die Reihe und versuchte, ihre Zahl abzuschätzen. Es waren annähernd tausend Mann. Unvorstellbar!
Die Linie teilte sich noch einmal und ein hochgewachsener, dünner alter Mann trat hindurch und stellte sich vor ihn.
Nayim überlief es kalt, als er in die eisigen Augen des Weißen Wolfes blickte.
Sobald er an der alten Stadtmauer vorbei war, sprang Conalin vom Pferd und lief zurück. Er kletterte auf ein vorspringendes Mauerstück und kauerte sich nieder, um die Soldaten zu beobachten. Sie sahen sehr beeindruckend aus in ihren bronzenen Brustplatten, den Vollvisierhelmen und roten Umhängen. Die Speere hielten sie griffbereit, und ihre Schilde bildeten einen starken Wall zwischen Conalin und denen, die ihn töten wollten. Zum ersten Mal in seinem jungen Leben fühlte er sich wirklich sicher. Welche Macht auf Erden konnte schon eine solche Mauer von Männern durchdringen? Er wäre am liebsten aufgesprungen und hätte getanzt hätte den wartenden ventrischen Reitern seinen Spott zugerufen. Sie wirkten jetzt so kümmerlich. Conalin blickte zum blauen Himmel empor und spürte eine kühle Brise auf der Haut. Er war in Sicherheit – und die Welt war schön.
Pharis kam zu ihm geklettert. Er nahm ihre Hand. »Schau sie dir an«, sagte er. »Sind sie nicht die wundervollsten Soldaten, die du je gesehen hast?«
»Ja«, stimmte sie zu, »aber wo sind sie hergekommen? Warum sind sie hier?«
»Wen kümmert das schon? Wir werden leben, Pharis. Wir werden unser Haus in Drenan haben.« Conalin schwieg, denn der alte General sprach jetzt zu dem ventrischen Lanzenreiter. Conalin mühte sich, ihre Worte zu verstehen, aber sie sprachen zu leise.
Nayim stieg ab und ging auf Banelion zu. Er verbeugte sich respektvoll was der alte Mann mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis nahm. »Wir haben den Auftrag von Prinz Malikada, die Königin zu ihrem Palast zurückzubringen«, sagte Nayim. »Wir haben keinen Streit mit euch.«
»Die Königin und ihr Sohn reisen mit mir nach Drenan«, sagte der Weiße Wolf. »Dort sind sie in Sicherheit.«
»Sicherheit? Glaubst du, ich wollte ihr etwas antun?«
Banelion sah dem jungen Mann in die Augen. »Was du tust oder nicht, ist ausschließlich deine Sache. Malikada – oder das Ungeheuer, das von Malikada Besitz ergriffen hat –
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