Winterkrieger
einmal verhaftet. Trotzdem floh er nach Mashrapur und heuerte vier Schwertkämpfer als ständige Leibwache an. Er lebte in einem Haus hinter hohen Mauern und ließ sich nur selten in der Öffentlichkeit sehen.«
»Also wurde er nie vor Gericht gestellt?«
»Nein.«
»Was ist aus ihm geworden? Weißt du das?«
Nogusta wandte einen Augenblick die Augen ab. »Irgend jemand kletterte über seine Mauern, erschlug seine Leibwächter und schnitt ihm das Herz heraus.«
»Ich verstehe.« Eine Weile schwiegen beide Männer. »Freust du dich darauf, nach Hause zu gehen?« fragte Dagorian.
Der schwarze Mann zuckte die Achseln. »Ich bin des ewigen Krieges müde. Was erreicht man damit? Als der alte König gegen den Kaiser zu den Waffen griff, hatten wir alle das Gefühl, es sei eine gerechte Sache. Aber jetzt …? Was hat uns Cadia je getan? Jetzt geht es um Ruhm und darum, sich einen Namen für die Ewigkeit zu machen. Das ventrische Kaiserreich war einst stolz auf tausend Universitäten und Hospitäler für die Kranken. Jetzt ist es ausgeblutet und alle jungen Männer wollen kämpfen. Ja, ich bin bereit, nach Hause zu gehen.«
»Um Pferde zu züchten?«
»Ja. Viele der Pferde meines Vaters flohen ins Hochland. Inzwischen muss es eine große Herde sein.«
»Geht Bison mit dir?«
Nogusta lachte laut auf. »Er wird sich irgendwo als Söldner verdingen.« Sein Lächeln schwand. »Und er wird in einem kleinen Krieg um nichts fallen.«
Die Wintersonne stand jetzt hoch, ihre blasse Wärme schmolz die letzten Schneeflecken.
»Ich wollte Priester werden«, sagte Dagorian. »Ich dachte, ich wäre berufen. Dann wurde mein Vater getötet und meine Familie setzte mich davon in Kenntnis, dass es meine Pflicht wäre, seine Stelle einzunehmen. Vom Priester zum Soldaten … das ist ein echter Sprung!«
»Früher einmal gab es Kriegerpriester«, sagte Nogusta. »Die Dreißig. Es gibt viele Legenden über sie.«
»Seit dem Krieg der Zwillinge hat es keinen Tempel mehr gegeben«, sagte Dagorian. »Aber schon damals war der Orden seit langem in Auflösung. Einer meiner Vorfahren kämpfte an der Seite der Dreißig in Dros Delnoch. Er hieß Hogun. Er war ein General der Legion.«
»Ich kenne nur Druss und den Bronzegrafen«, gestand Nogusta.
»Mehr wissen die meisten nicht. Manchmal frage ich mich, ob er überhaupt existiert hat … Druss, meine ich. Oder war er einfach eine Kombination vieler Helden?«
»Lass das Bison nicht hören. Er schwört, dass er von Druss abstammt.«
Dagorian lachte. »Fast jeder Soldat den ich kenne, beruft sich auf Druss als Vorfahren. Selbst der König. Doch es ist eine schlichte Tatsache, dass die meisten der frühesten Geschichten um Druss erzählen, dass er keine Kinder hatte.« Trompeten erklangen, und als Dagorian aufschaute, sah er, dass die Königliche Gesellschaft wieder ihre Plätze einnahm. Nogusta weckte Bison.
»Beinahe Zeit, mein Freund.«
Bison setzte sich auf und gähnte. »Mehr habe ich nicht gebraucht«, erklärte er. »Jetzt bin ich bereit. Wie schlägt sich Kebra?«
»Am Ausscheidungswettbewerb hat er nicht teilgenommen«, sagte Nogusta. »Als amtierender Meister kann er in die Endrunde kommen, bei Pferd, Gehenktem und Weitschießen mitmachen.«
»Er wird gewinnen«, behauptete Bison. »Er ist der Beste.«
»Setz lieber kein Geld auf ihn, mein Freund«, sagte Nogusta und tipple sich leicht an die Stirn.
»Zu spät«, erklärte Bison.
Dagorian schlenderte zu einem Imbißzelt und erstand ein Stück Fleischpastete, das er rasch aß. Dann kehrte er auf die Wiese zurück. Er sah Bison in einem wütenden Kampf gegen einen massigen Gegner. Bison blutete aus Platzwunden über beiden Augen und schien Schmerzen zu haben. Sein Gegner griff an, duckte sich, um Bisons Bein zu packen und ihn von den Füßen zu hebeln. Doch der Drenaikrieger warf sich zurück und dann auf den Rücken des Stammeskriegers. Beide Männer rollten herum, doch Bison hatte ihn im Würgegriff. Da er keine Luft mehr bekam, musste der Stammeskrieger aufgeben. Bison stand auf, taumelte und setzte sich wieder. Nogusta lief zu ihm und half ihm aus dem Ring.
Es wurde gejubelt, und man klatschte Bison auf den Rücken.
Dagorian ging auf ihn zu, um zu gratulieren, als ein Riese von Mann ihm in den Weg trat. »Du wirst leichte Beute, Alter«, sagte er zu Bison. »Sieh dich doch an! Du bist erschöpft.« Dagorian sah den Zorn in Bisons Augen aufblitzen, doch Nogusta zerrte ihn davon. Der junge Offizier folgte ihnen.
»Wer war
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