Winterkrieger
der Ritt wurde zu einem Vergnügen. Die Sonne brach durch die Wolken, und der Knoten in seinem Magen löste sich auf. Er hatte sein ganzes Leben im Schmutz der Stadt verbracht und noch nie die Herrlichkeit der Berge gesehen. Jetzt ritt er auf einem guten Pferd, den frischen Wind im Gesicht. In diesem Augenblick erlebte er eine Freude wie nie zuvor. Er grinste Kebra breit an. Der Bogenschütze lächelte und ritt schweigend an seiner Seite. Am Waldrand wendeten sie die Pferde.
»Und jetzt ein leichter Galopp«, sagte Kebra. »Nicht zu wild, denn die Pferde sind müde.«
Wenn Traben schon eine Freude war, der Ritt zurück zum Wagen war ein Vergnügen, das Conalin sein Leben lang nicht vergessen würde. Er vergaß die Lumpen, die er trug, ebenso wie die Wunden auf seinem Rücken. Der heutige Tag war ein Geschenk, das ihm niemand wieder nehmen konnte.
»Du reitest so gut – wie ein Ritter!« sagte Pharis, als er neben dem Wagen stehen blieb.
»Es ist wundervoll«, erzählte er. »Es ist wie … wie …« Er lachte glücklich. »Ich weiß nicht wie. Aber es ist herrlich!«
»Heute Abend sagst du das nicht mehr«, warnte Bison ihn.
Dagorian ritt während der nächsten Stunde mit ihnen, dann bog er nach Süden ab, um einen Lagerplatz zu suchen.
Als die Sonne sich allmählich den Bergen im Westen zuneigte, kam Nogusta von hinten angaloppiert. »Noch keine Spur einer Verfolgung«, erzählte er Kebra. »Aber sie kommen.«
»Wir schaffen es heute nicht mehr bis zum Fluss. Die Pferde sind müde«, erklärte der Bogenschütze.
»Genau wie ich«, gestand Nogusta.
Sie ritten weiter, und als die Dunkelheit zunahm, trafen sie auf Dagorian, der an einem kleinen See ein Lager aufgeschlagen hatte. Er hatte Feuer gemacht, und die müden Reisenden kletterten aus dem Wagen und setzten sich darum. Kebra und Conalin sattelten die Pferde ab und wischten ihnen mit trockenem Gras die Rücken trocken. Kebra zeigte dem Jungen, wie er den Pferden die Vorderbeine fesseln musste, dann ließen sie sie grasen und spannten die Zugtiere aus. Conalin bewegte sich etwas steif, und Kebra grinste ihn an. »Die Muskeln auf der Innenseite deiner Schenkel sind überdehnt«, sagte er. »Du gewöhnst dich schon dran. Hat dir der Ritt Spaß gemacht?«
»Es war ganz gut«, antwortete Conalin lässig.
»Wie alt bist du. Junge?«
Der Junge zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht Spielt das eine Rolle?«
»In deinem Alter wohl nicht. Ich bin fünfundsechzig. Das spielt eine Rolle.«
»Wieso?«
»Weil alle meine Träume hinter mir liegen. Kannst du schwimmen?«
»Nein. Und ich will es auch gar nicht lernen.«
»Es ist fest so schön wie ein Pferd zu reiten. Aber es ist deine Sache.« Kebra ging zum See und streifte die Kleider ab. Das Wasser war kalt als er hineinwatete. Dann tauchte er vornüber und begann mit langen, gleichmäßigen Zügen zu schwimmen. Conalin wanderte zum Ufer und sah ihm im nachlassenden Tageslicht zu. Nach einer Weile schwamm Kebra zurück und stieg aus dem Wasser. Er zitterte und trocknete sich mit seiner Tunika ab, die er dann zum Trocknen auf einem Stein ausbreitete. Er zog seine Beinkleider an und setzte sich neben den Jungen.
»Ich träume nicht«, sagte Conalin plötzlich. »Ich schlafe einfach, und dann wache ich auf.«
»Das sind nicht die Träume, die ich meinte. Ich meinte die Träume, die wir für unser Leben haben, die Dinge, die wir uns wünschen, wie eine Frau und eine Familie oder Reichtümer.«
»Warum liegen sie hinter dir? Du hättest das doch haben können«, sagte der Junge.
»Vielleicht hast du recht.«
»Mein Traum ist es, Pharis zu heiraten, und nichts zu fürchten.«
Der Himmel wurde purpurrot als die Sonne hinter den Gipfeln im Westen unterging. »Es wäre schön, nichts zu fürchten«, gab Kebra zu. Bison schlenderte heran und legte Kebra eine Decke um die Schultern.
»Alte Männer wie du sollten sich vor Kälte hüten«, sagte Bison, ging weiter und tauchte einen Becher ins Wasser. Er trank geräuschvoll.
»Warum hat er das gesagt?« fragte Conalin. »Er sieht alt genug aus, um dein Vater sein zu können.« Kebra kicherte.
»Bison wird niemals alt sein. Du blickst auf seinen kahlen Schädel und den weißen Schnurrbart und siehst einen alten Mann. Bison sieht in einen Spiegel und sieht einen jungen Mann von fünfundzwanzig Jahren. Das ist eine seiner Gaben.«
»Ich mag ihn nicht.«
»Ganz deiner Meinung. Ich mag ihn auch nicht besonders. Aber ich liebe ihn. In Bison ist nichts Bösartiges, und
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