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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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gewinnen.“
    „Wie denn?“
    „Die Sklavenhändler verkaufen die Kinder aus Yutlind Süd an das Bergwerk von Sorel.“ Sie sah Trevanion an. „Ich kannte dort ein Sklavenmädchen, das mir die Geschichten ihres Volkes erzählt hat.“
    Trevanion erwiderte ihren Blick. Er hatte natürlich gehört, was mit den Kindern geschah, die zur Arbeit in den Minen gezwungen wurden. Selbst die härtesten Gefangenen konnten es nur mit Schaudern aussprechen. War Evanjalin selbst im Bergwerk gewesen, so erklärte dies, weshalb sie sich so gut in der Gegend von Sorel auskannte. Dennoch hatte Trevanion den Verdacht, dass sie nicht die ganze Wahrheit sagte.
    „Als ich ihre Stimmen hörte, begriff ich es plötzlich, Hauptmann. Ihr Anführer ist ein Vater. Als er jene Worte seinem Sohn zurief, war seine Stimme voller Stolz und Liebe.“
    „Ich habe keine Liebe in diesem Hohnkreischen gehört, Evanjalin“, sagte Trevanion barsch.
    „Weil Ihr die Feinheiten dieser Sprache nicht kennt. Wir hören nur Grunzen und Kehllaute, für uns klingen all ihre Worte hasserfüllt“, sagte sie.
    Finnikin bewegte sich unruhig. Er umfasste die Hand der Novizin und versuchte sie zurückzuhalten. Evanjalin zog ihre Hand weg und rutschte zur Seite, aber Finnikins Finger gruben sich in den Stoff ihres Kleides.
    „Nimm mich mit“, flüsterte er heiser. „Zusammen schaffen wir es.“
    „Deine Wunde hat sich entzündet. Du musst dich ausruhen, statt gegen deine Schwäche anzukämpfen.“ Sie drehte sich zu Trevanion. „Was entsteht da nur für ein Dickkopf, wenn sich Blut von unseren Felsen mit Blut von unseren Flüssen verbindet, Hauptmann.“ Es klang beinahe vorwurfsvoll.
    Sie schaffte es, sich von Finnikin loszumachen, doch diesmal hielt Trevanion sie fest.
    „Ihr setzt sein Leben aufs Spiel, wenn Ihr mich zurückhaltet, Hauptmann! Ich weiß, wie wir das Gift aus seinem Blut bekommen, aber das geht nur, wenn Ihr mich gehen lasst. Nur so kann ich die Yuts davon überzeugen, dass wir ihn aus diesem Sumpf herausholen müssen.“ Sie blickte bittend zu Sir Topher. „Ihr seid der Oberste Ratgeber des Königs. Befehlt Eurem Hauptmann, mich freizugeben.“
    Sir Topher war hin- und hergerissen. Seine Zustimmung konnte bedeuten, dass Evanjalin von Hunderten von Pfeilen getroffen niedersank, noch bevor sie auch nur ein Wort gesprochen hatte.
    „Lasst sie gehen, Trevanion“, sagte er schließlich.
    Seine Worte wurden schweigend aufgenommen.
    „Versichere ihnen, dass Lumatere den rechtmäßigen Anspruch auf den Thron von Yutlind Süd anerkennt, nicht jedoch auf Yutlind Nord“, sagte Sir Topher leise. „Vielleicht nützt uns das. Unser König machte keinen Hehl daraus, dass seiner Meinung nach der Anspruch der Nordländer auf Yutlind Süd nicht rechtmäßig war, und er hätte diese Ansicht auch offiziell vertreten, wenn er die Zeit gehabt hätte. Vielleicht reicht es nicht, sie von einem Angriff abzuhalten, aber einen Versuch ist es wert.“
    Trevanion stand auf, zog Evanjalin zu sich hoch und hielt sie ganz eng. „Du weichst keinen Schritt von meiner Seite“, befahl er. „Ist das klar?“
    „Hauptmann, Ihr versteht nicht. Ich kenne ihre Sprach e …“
    Trevanion schnitt ihr das Wort ab. „Dafür kenne ich das ungeschriebene Gesetz der Soldaten“, sagte er unnachgiebig. „Frauen und Kinder werden niemals ohne Schutz hinausgeschickt, um unsere Aufgaben zu erledigen.“ Er deutete in den Dschungel. „Das ist die Sprache, die ich mit ihnen teile.“
    Als Evanjalin mit seinem Vater aus dem Versteck trat, hörte Finnikin sie ein Wort rufen, laut und deutlich. Er versuchte von seinem morastigen Lager aufzustehen, und sah, wie sie zusammenzuckte, als rechnete sie jeden Augenblick damit, von einem Pfeil getroffen zu werden. Wachsam wie ein Falke suchte sein Vater die Umgebung ab.
    Evanjalin blieb stehen und spähte nach Osten. Jedes Mal, wenn Trevanion versuchte, sich schützend vor sie zu stellen, trat sie um ihn herum, und als er schließlich aufgab und an ihrer Seite verharrte, begann sie zu sprechen.
    Manchmal hallte ihre einsame Stimme in den weiten Dschungel hinein, als erzählte sie eine Geschichte, die große Sage eines Volkes. Dann wieder sprach sie mit großer Leidenschaft, heiser und stockend, und übermittelte ihre Botschaft an jene, die die Grenze zu diesem Land seit so langen Zeiten bewachten. Sie verstummte die ganze Nacht hindurch kein einziges Mal, bis sie vor Müdigkeit nur noch schleppend sprechen konnte und immer wieder erschöpft

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