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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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erklärte Lord Augustin geduldig. „Daher vermeiden wir es auch, von einem Fluch zu reden.“
    „Wie nennt Ihr es dann?“, fragte Finnikin. „Ein Zauberkunststück? Eine kleine Verwünschung? Oder einfach nur Pech?“
    „Finn“, ermahnte ihn sein Vater halblaut.
    „Um unserer Kinder wille n …“, setzte Lord Augustins Schwager an.
    „Nur einige wenige Auserwählte hatten das Glück einer sorglosen Kindheit“, unterbrach ihn Finnikin. „Seit den Fünf Tagen des Unsagbaren durften die meisten keine Kinder mehr sein. Hast du danach noch einmal Kind sein dürfen, Evanjalin? Oder du, Froi? Oder all die Waisen von Lumatere? Oder ich? War ich danach nur ein einziges Mal unbeschwert, Sir Topher?“
    „Ich zolle allen Respekt, die es geschafft haben, ihren Kindern die Sorglosigkeit zu bewahren“, sagte Evanjalin und blickte auf die kleinen Kinder. „Aber unser Königreich ist verflucht, ja verdammt. Es wurde uns weggenommen, weil ehrbare Menschen schändliche Dinge geschehen ließen. Das muss uns eine Lehre sein.“
    „Weiß man inzwischen, was Seranonna an jenem furchtbaren Tag gesagt hat, als sie un s … verfluchte?“, fragte Lady Abian.
    Sir Topher nickte. „Es war nicht leicht, den Wortlaut zu entschlüsseln, denn wir haben ihn ja nur ein einziges Mal gehört, noch dazu in einer alten Sprache, die viele Auslegungen zulässt. In jedem Lager, das wir besuchten, haben wir nach Zeugen geforscht, die an jenem Tag auf dem großen Platz dabei gewesen waren und Seranonna gehört haben. Und wir haben die Bücher der Alten studiert, bis Finnikin vor vier Jahren den Worten endlich einen Sinn abringen konnte.“
    Sofort richtete sich die Aufmerksamkeit aller auf Finnikin. Evanjalin holte tief Luft, wie um sich zu wappnen.
    „Finn?“, fragte sein Vater.
    Finnikin und der Priesterkönig sahen einander an. Dann sagten sie: „Das Dunkle wird dem Hellen vorangehen und unser Resurdus wird wiederauferstehen. Jener, der den Treueeid geschworen hat, wird zwei erlauchte Hände umfassen. Das Tor wird fallen, aber die Qual des Retters hört niemals auf. Könige werden aus ihm hervorgehen, doch er wird nie herrschen.“
    „Balthasar“, sagte Lord Augustin sofort.
    „Unser Resurdus“, nickte Finnikin. „Der König.“
    „Wenn ich mich nicht täusche, hieß es: , ihr Resurdus wird wiederauferstehen‘“, sagte Sir Topher.
    Der Priesterkönig nickte. „Damit sind die Leute von Lumatere gemeint.“
    „Das mit den beiden Händen kapier ich nicht“, sagte Perri.
    „Und ihr meint, dass Balthasar diese Aufgabe meistern kann?“, fragte Lady Abian. „Immerhin heißt es: ,Die Qual wird nie enden‘, und auch dass er nie regieren wird.“
    „Egal, ob er überlebt oder nicht“, sagte der Priesterkönig. „Das Haupttor des Königreichs wird sich öffnen.“
    Eine Weile herrsche Stille, dann stand Lord Augustin auf. „Wir müssen einen Beschluss fassen. Hier, in dieser Nacht. In der Gegenwart unseres Priesterkönigs und Trevanions, des Hauptmanns der Garde, sowie meiner Wenigkeit, Lord Augustin, Herzog von Sayles.“ Zu Sir Topher gewandt sagte er: „Und dieser Beschluss besagt, dass Sir Kristopher aus dem Tiefland als Regent eingesetzt wird, falls der Thronerbe nicht überlebt.“ Er sah alle Anwesenden der Reihe nach an. „Wenn wir Lumatere betreten, dann mit einem König in unserer Mitte“, sagte er fest entschlossen. „Wir werden es nicht zulassen, dass andere Königreiche uns einen Herrscher aufzwingen.“
    Finnikin spürte den Blick seines Vaters auf sich ruhen. Und auch Sir Topher sah ihn lange an. Er war ein Sohn, dem das Glück gleich zwei Väter beschert hatte: einen Krieger und einen Anführer.
    „Wir betreten Lumatere mit einem König in unserer Mitte“, stimmte Trevanion zu.
    „Sir Topher?“, fragte der Priesterkönig.
    Der Oberste Ratgeber stand auf, sein Blick wanderte von Finnikin zum Priesterkönig. „Ich bete zur Götti n … zur Göttin der zwei Gesichter, dass unser Thronerbe lebt und es ihm vergönnt ist, den Beginn einer neuen Zeit in Lumatere mitzuerleben. Aber wenn dies nicht gelingt, wird unser Land dennoch einen König und dieser einen Obersten Ratgeber haben.“ Sein Blick ruhte auf Finnikin. „Ich nehme den Vorschlag an.“
    Jubelrufe waren zu hören, der Name „Balthasar“ erklang im Chor. Finnikin kam sich vor, als habe man alle Luft aus ihm herausgepresst. Ihr Blut wird fließen, damit du König wirst.
    Seit jenem Tag im Tal der Stille hatte er nicht mehr gebetet, aber während

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