Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)
stehen mit der Aufschrift: Kommen Sie herein, auch wenn wir uns nicht kennen, meine Küche steht zur freien Verfügung.“
„Aber wir kennen uns“, meinte der Rotschopf und überging den Sarkasmus in Blakes Stimme. Dieser stöhnte innerlich auf. Oh nein, hatte er sich irgendwie einen Stalker eingefangen, der dachte, dass sie füreinander bestimmt seien, nur weil er mal in seine Richtung geschaut hatte? Wo blieben bloß die Bullen, wenn man sie mal brauchte? Bleib ruhig, ermahnte er sich selbst und widerstand knapp dem Drang, sich die schweißfeuchten Hände an der Boxershorts abzuwischen.
„Ähm klar ... Ich kenn dich von der ... ähm ...“, stammelte er, weil er es als klüger erachtete, ihm nicht zu zeigen, dass er keinen Plan hatte, wo sie sich schon einmal begegnet waren. Vielleicht in der Bahn oder im Supermarkt? Aber nein, der Mann wäre ihm, so abgestumpft er in der Hinsicht war, aufgefallen. Zu seiner Überraschung schüttelte dieser den Kopf.
„Nein, du hast mich noch nicht irgendwo gesehen“, meinte er mit einem Lächeln, das ein kleines Grübchen in seiner rechten Wange erscheinen ließ und Blake einen Moment ablenkte. Wirklich lecker und eigentlich sah der Kerl ganz harmlos aus, aber das taten Massenmörder in der Regel wohl ebenfalls.
Seine Fantasie war manchmal ein Kreuz oder er hatte in letzter Zeit zu viele Krimis gesehen. Allerdings wollte ihm ums Verrecken keine vernünftige Erklärung für all dies einfallen und in Krimis ging so etwas nie gut aus.
„Ähm, haben wir nicht?“, fragte er etwas aus dem Konzept gebracht und schielte zur Wohnungstür. Wie lange brauchten die denn noch?
„Nein, und eigentlich wollte ich hier schon fertig sein und alles aufgeräumt haben, bevor du aufwachst“, gestand er und verzog ärgerlich das Gesicht.
Na, um das zu schaffen, hätte ich wohl Dornröschen Konkurrenz machen müssen, dachte Blake und wurde aus diesem einbrecherischen, Plätzchen backenden Heinzelmännchen nicht schlau. Diesen Moment wählte die Kavallerie, um endlich auf den Plan zu treten.
„Aufmachen, Polizei“, erklang es nach einem resoluten Klopfen.
„Bleib bloß, wo du bist!“, warnte Blake und ließ den jungen Mann nicht aus den Augen, als er rückwärts zu Wohnungstür ging und öffnete. Zwei Beamte standen vor ihm, ein älterer Mann mit grimmiger Miene und grauem Schnauzbart sowie eine junge blonde Frau.
„Kommen Sie rein“, bat Blake und ließ sie eintreten.
„Haben Sie uns angerufen?“, erkundigte sich die Beamtin und er nickte.
„In der Küche“, damit wies er in den Raum nur wenige Schritte entfernt. Wachsam traten die zwei an ihm vorbei und er folgte ihnen.
„Na, der hat ja eine ganz schöne Sauerei veranstaltet“, stellte der ältere Polizist fest. „Fehlt denn was? Konnten Sie das bei dem Durcheinander bereits feststellen? Und haben Sie eine Ahnung, wer das getan haben könnte?“, erkundigte sich der Mann und schaute sich um, wobei es so schien, als blickte er durch den Übeltäter geradewegs hindurch. Wollte der ihn verarschen? War das vielleicht die versteckte Kamera? Aber nach der Miene des Mannes zu urteilen sah er den Rotschopf wirklich nicht oder er war ein bemerkenswerter Schauspieler.
Dann muss ich träumen, dachte Blake, oder ich bin derjenige mit dem Sockenschuss.
„Er kann mich nicht sehen“, bemerkte da der chaotische Plätzchenbäcker überflüssigerweise. „Du hast mich überrascht, sonst hättest du das auch nicht.“
Verwirrt starrte Blake ihn an und kassierte dadurch ebensolche Blicke von den beiden Beamten. Die holen gleich die weißen Jacken, stöhnte er insgeheim und kratzte sich gespielt beschämt am Hinterkopf.
„Es war wohl falscher Alarm. Mein ... ähm ... Freund wollte mich überraschen und Sie sehen ja, was daraus geworden ist.“ Um dies zu verdeutlichen, was angesichts des Chaos nicht unbedingt nötig gewesen wäre, zeigte Blake auf die Küche.
„Und wo ist Ihr ... Freund?“, wollte die Frau wissen und musterte ihn so, als suche sie nach irgendwelchen Anzeichen für den Konsum sinneserweiternder Substanzen.
„Gegangen“, beeilte sich Blake. „Ich mein, ich hab ihn rausgeworfen. Verständlich, oder?“
Er versuchte sich an einem Lächeln, war sich aber nicht sicher, ob und wie gut ihm dieses gelang. Genaugenommen log er nicht mal. Zwar hatte er Erik nicht heute und nicht aus diesem Grund vor die Tür gesetzt, aber so kleinlich musste man ja nicht sein. Allerdings wäre dieser niemals auf die Idee gekommen,
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