Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)
betrübt den Weihnachtsbaum an. Es handelte sich dabei um ein mickriges kleines Bäumchen, nichts im Vergleich zu der Edeltanne, die er sonst immer anschleppte. Ein kläglicher Versuch, Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen, die mit Cai verschwunden war.
Wie es ihm wohl ging? Sein Herz zog sich zusammen bei dem Gedanken an ihn. Sie hatten doch nur so wenig Zeit miteinander verbracht, wie konnte man da jemanden nur so schrecklich vermissen?
Ein Klingeln an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken. Verwundert blickte er in die Richtung. Hatte sein Vater etwas vergessen? Sein Blick huschte zur Wanduhr und erst jetzt wurde ihm klar, dass er die vielen bunten Lichtlein eine geschlagene Stunde angehimmelt hatte.
Einen Moment spielte er mit der Überlegung, die Person draußen einfach zu ignorieren, quälte sich schließlich aber doch träge vom Sofa, um zu öffnen. Dabei machte er sich nicht die Mühe, durch den Spion in der Tür zu schauen und daher traf ihn der Schock unvermittelt und umso heftiger. Fassungslos starrte er sein Gegenüber an, der ihn lächelnd anblickte, bevor seine freundliche Miene einer verwirrten, und ja, besorgten wich.
„Ähm, hi, sorry für die späte Störung, aber ich bin vorgestern gegenüber eingezogen“, damit wies er hinter sich über den Flur. „Und ich ... ähm, sag mal, ist alles in Ordnung mit dir?“
Erst diese nun wirklich besorgte Frage weckte Blake aus seiner Erstarrung.
Der Mann, der vor ihm stand, glich Cai so frappierend, dass es ihm die Sprache verschlug. Und erst jetzt, bei genauerer Betrachtung, bemerkte er die Unterschiede, minimale Unterschiede, aber glücklicherweise vorhanden. Seine Haut war gebräunter, wodurch die Sommersprossen auf Nase und Wangen nicht so markant hervortraten. Seine Augen erinnerten ihn mehr an Efeu als an Peridot. Und seine Haare – nein, seine Haare waren das gleiche herrliche rotgoldene Durcheinander, wie es bei Cai der Fall gewesen war, doch seine Gesichtszüge war etwas maskuliner, oder versuchte er Unterschiede zu finden, wo es gar keine gab, aber geben musste!
„Hallo?“, fragte ihn sein Gegenüber und Blake wurde sich bewusst, dass er ihn wortlos und mit offenem Mund anstarrte. Verlegen räusperte er sich.
„Entschuldige, was?“, erkundigte er sich und versuchte sich zusammenzureißen.
„Sicher, dass alles in Ordnung ist?“
„Jaja, war nur ... Nicht so wichtig“, brach Blake ab und versuchte sich an einem Lächeln.
Überzeugt wirkte der Mann zwar nicht, fuhr aber dennoch fort: „Okay, also ich bin dein neuer Nachbar und ich glaub, meine Heizung ist kaputt. Ich frier mir jedenfalls den Hintern ab. Hast du die Nummer vom Notdienst? Ich finde die in meinem Chaos momentan nicht“, hoffnungsvoll sah der junge Mann ihn an.
„Ich kann mich irren, aber ich glaube nicht, dass sie kaputt ist. Die Heizungen hier im Haus sind nur ein bisschen eigen und man muss ... Ach weißte was? Ich guck's mir mal an, okay?“, meinte er müde.
„Das würdest du machen?“, freute sich sein neuer Nachbar. „Das wäre ... Aber stör ich dich nicht gerade?“
„Bei nichts Wichtigem“, winkte Blake ab. Vor sich hinzugrübeln und im Selbstmitleid zu baden konnte man auch auf später verschieben.
„Okay, ich bin übrigens Ian“, stellte sich der Mann vor, als sie gemeinsam die wenigen Schritte über den Flur zu seiner Wohnung gingen.
„Blake.“
„Ich weiß“, erwiderte Ian und diese Worte veranlasste Blake, stocksteif auf der Türschwelle stehenzubleiben. Ian blickte ihn an und grinste. „Steht immerhin auf deinem Klingelschild.“
Einen Moment starrte Blake ihn lediglich an, bis ihm aufging, wie er erneut auf Ian wirken musste – vollkommen verpeilt. Die Wortwahl war Zufall, mehr nicht. Das Aussehen ebenfalls. Der Mann hier benahm sich anders als Cai, er war nicht Cai! Unmöglich.
„Entschuldige das ganze Chaos hier“, bat Ian, führte ihn durch den Flur und stieg dabei über ein halb aufgebautes Regal, welches noch auf dem Boden lag.
„Quatsch, wenn's anders wäre, wärst du mir eher unheimlich“, erwiderte er und brachte Ian damit zum Lachen.
„Ja, sorry, mir sind die magischen Kräfte blöderweise genau jetzt ausgegangen, um diesen Umzug mit einem Blinzeln zu wuppen“, schmunzelte er und warf Blake damit abermals leicht aus der Bahn. Entschlossen, sich diesmal nichts anmerken zu lassen, sah er sich in der Wohnung um und stutzte.
„Du bist gerade erst eingezogen, hast aber einen Baum?“, fragte er verblüfft und
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