Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)
bekommen?“
„Noch gar keine.“ Daraufhin erbleichte Wilbur und zum ersten Mal, seit er ihn kannte, verloren selbst seine Wangen ihre Farbe.
„Aber sie müssen dich doch sofort diszipliniert haben? Da fackeln die doch nicht lange, außer ...“ Sie hörten den Ruf gleichzeitig und Wilburs Augen weiteten sich vor Entsetzen. „Was hast du getan?“, hauchte er, doch Cai lächelte nur und schüttelte den Kopf.
„Du bist mein bester Freund. Vergiss mich nicht, ja!“, flüsterte Cai, bevor er dem Ruf folgte.
* * *
Liebeskummer war nie sein Ding gewesen. Wenn Schluss war, war Schluss und er meist sauer statt verzweifelt. Er gehörte nicht zu jenen, die sich verkrochen, die Augen ausheulten, literweise Eis in sich hineinschaufelten, um hinterher noch mehr zu heulen, weil sich auch noch die Waage gegen sie verschworen hatte und nicht nur die hundsgemeine Männerwelt.
Nein, benahm sich einer seiner Freunde derart, verdrehte er stets bloß die Augen. Als er dies einmal, sensibel, wie er war, einem Kumpel, der sich gerade in genau so ein bemitleidenswertes Etwas verwandelte, an den Kopf knallte, war dessen verschnupfter Kommentar gewesen: „Dann warst du noch nie wirklich verliebt.“
Und vor nicht allzu langer Zeit hatte ihm Erik genau das Gleiche vorgeworfen. Bei beiden hatte er lediglich geschnaubt.
Nun jedoch, als er eine Woche nach Cais Verschwinden mit roter Nase und verquollenen Augen in den Spiegel blickte, neigte er dazu, ihnen recht zu geben. Und ein Teil von ihm wünschte sich genau diese frühere Unwissenheit zurück. Wer brauchte so was schon? Eriks Behauptung war für ihn lediglich eine Ausrede gewesen, um sich billig aus der Affäre zu ziehen, doch jetzt ...
Wahrscheinlich hatte er seinen Betrug sogar verdient, denn verglich er die Gefühle für Erik mit denen für Cai, war da tatsächlich nichts gewesen und das nach nur so kurzer Zeit. Dass er imstande war, so zu fühlen, war ihm früher jedoch gar nicht bewusst gewesen und er befürchtete, es nie mehr zu können – nein, zu wollen. Die Männer, die da kommen mochten, würden sich immerhin mit einem Engel vergleichen müssen. Fair war das wohl nicht. Aber es war, wie es war und selbst wenn er auf ewig ein heulendes, rotnasiges Etwas bliebe, bereute er nichts, obwohl er wusste, dass er es sollte.
Diese für ihn also recht ungewöhnliche Gemütslage entging selbstredend auch seinen Eltern nicht, was sie höchstwahrscheinlich noch hartnäckiger in ihrem Bestreben machten, ihn zu einem gemeinsamen, aber hübsch voneinander getrennten Weihnachten zu überreden. Sie müssten den Heiligen Abend nicht in ihren neuen Wohnungen verbringen, sondern könnten doch ebenso nett essen gehen. Blake lehnte beide Einladungen ab, mit dem Ergebnis, dass seine Eltern an diesem Tag vor seiner Tür standen. Garantiert untereinander abgesprochen, denn dafür liefen ihre Besuche zu präzise aneinander vorbei.
Seine Mutter brachte Kartoffelsalat, Würstchen und zum Nachtisch frischgebackenen Apfelkuchen mit. Obwohl es wie immer lecker war, war es nicht dasselbe. Zu seiner Überraschung bedeutete dies aber nicht, dass es unbedingt schlecht war – nur eben anders. Nachdem seine Mutter sich verabschiedet hatte, beehrte ihn sein Vater bis um neun. Nicht ohne ihn zu fragen, ob er morgen nicht eventuell doch vorbeikommen wollte.
Blake wollte nicht. Ihm war eher danach, sich für die Feiertage im Bett, wahlweise auch auf dem Sofa, zu verkriechen und sich mit dem mittelmäßigen Weihnachtsprogramm aus dem Fernseher zu beduseln. Hellsichtigerweise hatte er für Eisnachschub gesorgt, und wenn ihm mal nach was Stärkerem war, gab es da ja noch die Whiskeyflasche, die ihm sein Erzeuger mitgebracht hatte und die er sich gepflegt hinter die Binde kippen könnte. Natürlich band er diese verlockenden Pläne seinem Vater nicht auf die Nase, dem sowieso bereits das unnötig schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben stand.
Irgendwann hatte er diesen Ausdruck einfach nicht mehr ertragen, zu einer Notlüge gegriffen und die ganzen Schose Erik in die Schuhe geschrieben. Dies war offensichtlich für seinen Vater ein größeres Geschenk als das Krimihörbuch, obwohl Blake ihm zugestehen musste, dass er sich schnell im Griff hatte und eine angemessen bestürzte Miene aufsetzte und beteuerte, wie leid ihm das doch täte. Obwohl sie beide wussten, dass dies nicht der Fall war – sein Vater hatte Erik nie ausstehen können.
Wieder allein, ließ er sich aufs Sofa fallen und starrte
Weitere Kostenlose Bücher