Winterliebe: eine Anthologie aus fünf sinnlich-romantischen, humorvollen und homoerotischen Love Storys (German Edition)
doch gar nicht“, lobte er sich selbst und wies noch einmal nach unten zu den beiden Männern.
„Stimmt“, meinte der andere selbstgefällig, verzog dann jedoch nachdenklich das Gesicht. „Aber wir sollten diese Sache besser nicht an die große Glocke hängen. Sonst schlagen die hinterher noch vor, dass wir in Cupidos Geschäft einsteigen sollen.“
„Ts, so weit kommt's noch! Aber hast recht, die kommen manchmal ja auf die absurdesten Ideen. Haben da oben einfach zu viel Zeit und nichts weiter zu tun.“
„Genau, also ob wir nicht schon genug um die Ohren hätten.“
Damit schlenderten sie weiter und wandten sich schließlich ihren Harfen zu. Die Abteilung Herzenswunsch war für die nächsten sechs Monate damit geschlossen.
*~*Ende*~*
Weihnachtsmann zu verschenken
von Isabel Shtar (Ishtar)
Die Weihnachtszeit war mit Gewissheit nicht seine Zeit des Jahres. Der Sommer hingegen ... wundervoll, das Gefühl der Sonne auf der Haut, die lässige Trägheit, die sich des Körpers und der Seele bemächtigte und das Leben leicht und voller Versprechungen erscheinen ließ. Der Frühling ... die Euphorie beim Einatmen der Luft, die vom Erblühen der Natur kündete, selbst der Herbst ...
Eine Woge der Wehmut schwappte durch ihn, während er sich zwischen unzähligen dick eingemummt gekleideten Menschen hindurch schob. Der Nieselregen, der auf die festlich geschmückte Einkaufsstraße hinab fiel, war eisig und mischte sich mit erbärmlich winzigen Schneeflocken, die weniger malerisch als einfach kalt waren.
Jedes Jahr machte er denselben Fehler, schob die notwendigen Einkäufe auf den wirklich allerletzten Drücker und landete dann in diesem Konsuminferno.
Es war Heiligabend – oder seinem Gefühl nach eher Unheiligmittag kurz vor zwölf Uhr – und er strampelte sich voll Verdruss und ansteigender Panik durch das Chaos aus ähnlichen Narren wie ihm und weihnachtsseligen Volltrotteln, die schon um diese Uhrzeit festtagsduselig die Glühweinstände rings herum bevölkerten und sich in Feierlaune schunkelten.
Die Luft roch nach Zuckergebäck, von scheinbar überall her schallte Georges Michaels Stimme, der seinem verschenkten Herz nachheulte. Der war immerhin um dieses Jammertal herumgekommen, indem er einfach seine Innereien verschenkt hatte, dieser kluge Mann. Aber gut angekommen war es leider nicht, sodass der Sänger sich anscheinend bis in alle Ewigkeit an der Menschheit mit diesem grässlichen Ohrwurm zu rächen gedachte.
Er biss die Zähne zusammen. Er war ja nun einmal selbst schuld an seiner Misere, da hieß es Haltung zu bewahren, bis er es hinter sich gebracht hätte. Er brauchte schließlich nur ein einziges Geschenk, da ging es anderen deutlich schlimmer.
Er lebte zwar schon seit fast einem Jahr in seiner ersten kleinen Wohnung in der Innenstadt, aber aus seinen neuen Bekanntschaften war nirgends eine Freundschaft gewachsen, die mit einem Weihnachtsgeschenk bedacht werden wollte.
Sein Vater hatte sich schon vor Jahren aus dem Staube gemacht, als er noch ein Kind gewesen war, und lebte jetzt mit seiner neuen Familie in Süddeutschland. Ihr Kontakt war mehr als sporadisch und tendenziell eisig. Er hatte es seinem Erzeuger nie wirklich verzeihen können, dass er ihn und seine Mutter so sang- und klanglos im Stich gelassen hatte. Lediglich seine Mutter erwartete eine Gabe, doch das war Herausforderung genug.
Was schenkte man einer veganen, atheistischen, radikalfeministischen Anglistikprofessorin zu Weihnachten, die zwar auf Familienrituale bestand, auf jede christliche Anwandlung hingegen derartig pfiff, dass sie ihn als deutlichen Ausdruck ihrer Weltanschauung mit „Judas“ als Vornamen bedacht hatte? Eine Papst-Vodoo-Puppe?
Hektisch fixierte er die Auslage einer nahen Buchhandlung, sich an einem Laternenpfosten festhaltend, um nicht von der Masse mit davon gespült zu werden. Bücher waren bei seiner Mutter immer wohlgelitten. Eigentlich konnte sie sich ja selbst alles kaufen, was sie interessierte, aber es ging schließlich um die Geste.
Ein buddhistisches Kochbuch? Nein, Kochen war reaktionär, ein Mittel patriarchaler Unterdrückung und der Buddhismus eine weitere Religion, von der seine liebe Mutti nichts hielt.
Ein Liebesroman? Sicher, wenn er sich eine Rede über die debilen Sehnsüchte simpler Geister anhören wollte.
Ah, eine Biographie der mexikanischen Malerin Frida Kahlo. Perfekt. Das Leben dieser durchgedrehten Dame dürfte seine Mutter bestens unterhalten.
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