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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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wünschte er, er hätte versucht, sich Freunde zu machen, zumindest einen, und nicht so starrsinnig seinem Einsiedlerherz gehorcht. Kilometer um einsamen Kilometer wartete er auf das Rascheln von Plastik auf der Ladefläche hinter dem Rücksitz. Er war überzeugt, daß die Waschbären tot waren. Ihm war nicht klar, wieso er damit rechnete, daß sie wieder zum Leben erwachten und sich aus den Säcken befreiten, doch er kam nicht gegen dieses Gefühl an. Aber da war noch etwas Schlimmeres. Wenn er jemals hören sollte, daß sie das Plastik zerfetzten, mit ihren kleinen, scharfen Krallen aufschnitten, dann würden sie nicht mehr die Waschbären sein, die er in die Säcke geschaufelt hatte. Sie würden nicht mehr wie früher sein. Sie würden sich verändert haben.
    »Törichter alter Einfaltspinsel«, schalt er sich, um sich von so morbiden und eigenwilligen Gedanken abzubringen. Zwölf Kilometer nachdem er seine Auffahrt verlassen hatte, kam ihm auf der Landstraße endlich ein anderes Fahrzeug entgegen. Danach herrschte immer mehr Betrieb auf der zweispurigen Teerdecke, je näher er Eagle's Roost kam, wenngleich niemand sie mit der Zufahrtsstraße nach New York verwechselt hätte - oder auch nur mit der nach Missoula. Er mußte die Stadt durchqueren, bis er vor der Praxis von Dr. Lester Yeats stand, der sein Haus auf einem Grundstück von fünf Morgen errichtet hatte, das schon an die Felder hinter der Stadt grenzte. Yeats war der Tierarzt, der sich jahrelang um Stanley Quartermass' Pferde gekümmert hatte - ein weißhaariger, weißbärtiger, fröhlicher Mann, der einen guten Nikolaus abgegeben hätte, wäre er nur etwa dicker gewesen. Das Haus war ein weitläufiges, graues Gebäude mit blauen Schlagläden und einem geschieferten Dach. Da auch in dem einstökkigen, scheunenähnlichen Gebäude, das Yeats' Praxisräume beherbergte, und in den daneben liegenden Ställchen, in denen die vierbeinigen Patienten untergebracht waren, Licht brannte, fuhr er fünfzig Meter weiter, am Haus vorbei bis zum Ende des Schotterweges. Als Eduardo aus dem Cherokee stieg, wurde die Tür der Scheune geöffnet, und ein Mann kam in einer Flut fluoreszierenden Lichts heraus. Die Tür ließ er hinter sich offen stehen. Er war groß, Anfang Dreißig, hatte dichtes, braunes Haar und sah ziemlich schroff aus. Er hatte ein breites, freundliches Lächeln. »Hallo. Was kann ich für sie tun?«
    »Ich suche Lester Yeats«, sagte Eduardo.
    »Dr. Yeats?« Das Lächeln verblich. »find sie ein alter Freund von ihm?«
    »Eine geschäftliche Sache«, sagte Eduado. »Ich habe ein paar Tiere, die er sich mal ansehen soll.«
    »Nun ja, Sir«, sagte der Fremde ziemlich verwirrt, »ich befürchte, Les Yeats kann Ihnen nicht mehr helfen.«
    »Ach? Ist er in den Ruhestand gegangen?«
    »Er ist tot«, sagte der junge Mann.
    »Tot? Yeats?«
    »Seit über sechs Jahren.«
    Das schreckte Eduardo auf. »Tut mir leid, das zu hören.« Er hatte gar nicht mitbekommen, daß so viel Zeit vergangen war, seit er Yeats zum letzten Mal gesehen hatte. Eine warme Brise kam auf und raschelte in den Lärchen, die die Gebäude an verschiedenen Stellen säumten.
    »Mein Name ist Travis Potter«, sagte der Fremde. »Ich habe das Haus und die Praxis vom Mrs. Yeag gekauft. Sie ist in ein kleineres Haus in der Stadt gezogen.«
    Sie wechselten einen Händedruck. »Dr. Yeats hat sich um die Pferde auf der Ranch gekümmert«, sagte Eduardo, statt sich vorzustellen.
    »Und was für eine Ranch ist das?«
    »Die Quartermass-Ranch.«
    »Ach«, sagte Travis Potter, »dann müssen Sie der...Mr. Fernandez, nicht wahr?«
    »Oh, Entschuldigung, ja, Ed Fernandez«, erwiderte er und hatte das unbehagliche Gefühl, daß der Tierarzt >der, über den die Leute sprechen< oder etwas in der Art hatte sagen wollen, als wäre er der Exzentriker des Ortes. Eduardo vermutete sogar, daß dem in der Tat so war. Er hatte den großen Besitz von seinem reichen Arbeitgeber geerbt und lebte allein, ein Einsiedler, der kaum ein Wort für jemanden übrig hatte, wenn er sich bei seinen Einkäufen in die Stadt wagte. Vielleicht war er wirklich zu einem kleinen Rätsel geworden, über das die Stadtbewohner sich den Kopf zerbrachen. Dieser Gedanke ließ ihn zusammenzucken.
    »Wie viele Jahre ist es her, daß Sie Pferde hatten?« fragte Potter.
    »Acht. Bis zu Mr. Quartermass' Tod.«
    Ihm wurde klar, wie seltsam es war - er hatte acht Jahre lang nicht mit Yeats gesprochen und tauchte dann sechs Jahre nach dessen Tod auf,

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