Wintermond (German Edition)
schnell, dass Ben nicht eine Sekunde Zeit hatte, um zu reagieren. Alex sprang blitzschnell auf, schlug Ben mit einer groben Bewegung die Taperolle aus der Hand und baute sich mit wütendem Gesichtsausdruck vor ihm auf. Ben war erschrocken und hatte nicht mit einer derart ungezügelten Reaktion seines Gegenübers gerechnet. Er verdaute den Schreck jedoch innerhalb weniger Sekunden, richtete sich dann ebenfalls wieder zu seiner vollen Größe auf und betrachtete Alex skeptisch. Dieser hielt den Verband mit seiner gesunden Hand zu und atmete aufgeregt ein und aus.
„Tu doch nicht so dumm!“, fuhr er Ben an und schnaubte schwer. „Du weißt genau, was ich meine!“
„Willst du mir vielleicht irgendwas sagen?“, fragte Ben und tat genervt.
„Ja“, erwiderte Alex ungehalten und trat einen weiteren Schritt auf Ben zu, als ob er ihn damit in die Enge treiben wollte. „Ja, ich will dir was sagen. Also, hör mir ganz genau zu, ja?“
Ben hob fragend seine Augenbrauen und demonstrierte dem Blonden damit, dass er fortfahren sollte.
„Das vorhin, ja?“, begann Alex, wurde jedoch kurzzeitig von Ben unterbrochen.
„Ja?“, hakte dieser nach und legte seinen Kopf dabei leicht in den Nacken, um etwas Abstand von dem Blonden zu gewinnen.
„Keine Ahnung, was da in mich gefahren ist“, fuhr Alex aufgebracht fort. „Es war jedenfalls nicht das, wonach es aussah“, er pausierte und biss sich auf die Unterlippe, als ob er sich erst einmal sammeln musste.
„Ach, nein?“, erwiderte Ben und konnte förmlich spüren, wie nervös Alex war.
„Das ganze Chaos ...“, stammelte Alex und begann sich fieberhaft am Hinterkopf zu kratzen, „... der ganze Stress ...“
Ben beobachtete den Blonden und wusste nicht, ob er lachen oder mitfühlen sollte. Auf der einen Seite war dessen Verhalten recht amüsant und irgendwie auch niedlich, weil es sehr untypisch für Alex war, aber auf der anderen Seite befürchtete er, dass das Geschehen im Bad der Anfang vom Ende sein könnte.
„Was genau ist dein Problem, Alex?“, fragte Ben schließlich ernst und konnte nicht vermeiden, dass er verletzt aussehen musste.
Alex blickte eine Weile unkonzentriert von links nach rechts, bis er Ben endlich wieder in die Augen sah.
„ Mein Problem? “, wiederholte er und wirkte nahezu fassungslos. Seine Stimme klang dabei höher als üblich und sein Gesichtsausdruck verzog sich selbstquälerisch.
Ben nickte kaum sichtlich.
„ Mein Problem? “, fragte er dann noch einmal und lachte mit einem Mal höhnisch auf. Dann biss er sich auf die Unterlippe, schloss seine Augen und schüttelte ungläubig den Kopf. Ben beobachtete ihn skeptisch und wartete auf Alex’ restlichen Worte.
„Mein Problem ist ...“, fuhr der Blonde schließlich fort, öffnete seine Augen wieder und funkelte Ben zornig an, „... dass ich hohe Schulden habe, mein Kumpel, der mit in der ganzen Sache steckt, sich verpisst hat ... mein Hund tot ist, mein Vater ein arrogantes Arschloch ist und dann auch noch du hier auftauchst und versuchst, mich mit in deine widerliche Homowelt zu ziehen.“
Ben musste schlucken. Er traute seinen Ohren nicht und fragte sich, ob Alex seine Worte ernst meinte oder sich lediglich wieder hinter seiner Fassade versteckte.
„Entschuldige mal!“, entgegnete Ben entsetzt. „Ich hab’ nicht dich, sondern du mich geküsst. Und dass du ’nen Ständer kriegst, ist ja wohl auch nicht meine Schuld.“
Er war wütend und genervt zugleich. Normalerweise hätte er weiter mit Alex diskutieren wollen, doch in jenem Moment hatte er keine Lust, sich länger auf ein dermaßen niedriges Niveau zu begeben und sich beschimpfen zu lassen. Er wandte sich von dem Blonden ab, ging zum Waschbecken und griff nach seinem zusammengeknüllten T-Shirt. Die ganze Zeit über spürte er Alex’ Blick in seinem Rücken, ignorierte dies aber.
„Ich bin nicht wie du“, verkündete Alex lauthals hinter ihm. „Ich bin keine beschissene Schwuchtel! Hörst du?“
Ben beachtete ihn nicht mehr und ging zur Tür. Er drehte sich kein weiteres Mal um und streckte seine Hand nach der Türklinke aus.
„Das bleibt unter uns. Hast du verstanden? Sonst ...“, meinte Alex dann.
Ben hörte, wie der Blonde ihm bis zur Tür folgte und sah im Augenwinkel, dass er neben ihm stehen blieb.
„ Was sonst ?“, fragte Ben unberührt und sah ein letztes Mal zu Alex auf.
„Sonst ...“, wollte Alex beginnen, doch fiel Ben ihm sofort wieder ins Wort.
„Sonst machst du mich fertig. Ich
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