Wintermond (German Edition)
Diego aufgebracht. „Ich krieg seitdem kein Auge mehr zu. Die Kerle haben schon bei mir angerufen und machen Druck.“
„Ich weiß“, bestätigte Alex.
„Es ging noch nie um so viel wie an diesem Abend“, fuhr Diego fort, „ich will mit der ganzen Scheiße nichts zu tun haben, verstehst du? Ich hab’ schon genug andere Probleme.“
„Ich bieg’ das schon alles wieder hin, Mann! Keine Angst!“
„Hast du die Kohle dabei, oder was?“, fragte Diego harsch und lehnte sich dabei gegen eine Fensterbank.
„Nein“, erwiderte Alex, „aber ich hab’ knapp tausend Euro dabei. Damit könnten wir unser Glück doch nochmal versuchen.“
Diego trat wieder von der Fensterbank weg, wirkte zunehmend unruhiger und fuhr Alex ungläubig an: „Hast du sie noch alle?“
„Was genau ist dein Problem?“, fragte Alex. „Wir haben einen kleinen Einsatz, können unser Glück nochmal versuchen und wenn’s nicht klappt, kann ich das Geld immer noch von meinem Vater besorgen.“
Vorerst hielt er es für besser, Diego nicht von dem Gespräch mit seinem Vater, dem Telefonat im Auto und dem knapp entronnenen Unfall zu erzählen. Wenn er Diego noch im Glauben ließ, das Geld problemlos besorgen zu können, würde dieser ihm zumindest noch an diesem Abend zur Seite stehen.
„Du willst dich allen Ernstes noch einmal dorthin wagen, um wieder zu spielen?“, fragte Diego noch immer ungläubig.
„Einen Versuch ist es wert“, erwiderte Alex und grinste selbstbewusst.
„Und was, wenn du wieder verlierst?“ Diego beruhigte sich allmählich.
„Wie gesagt“, antwortete Alex. „Es ist ja nur ein Versuch.“
„Ja, und dazu ein ziemlich dummer. Mit deinen lächerlichen tausend Euro kommen wir eh nicht weit. Du wirst wohl kaum so oft gewinnen, dass du die ganzen 40.000 Euro zusammen bekommst.“
Alex schwieg.
„Oder willst du wieder so hoch pokern, dass du dich noch weiter verschuldest?“, fragte Diego entsetzt.
„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, gab Alex gelassen zurück.
„Ich mach’ da nicht mit“, sagte Diego ernst.
„Ich will damit auch deinen Arsch retten“, entgegnete Alex.
„Normalerweise wäre das gar nicht nötig.“
„Vielleicht nicht dieses Mal. Aber ich erinnere mich daran, dir zuvor schon ziemlich oft aus der Patsche geholfen zu haben. Eigentlich ist es nur fair, dass du jetzt mit in meinen Problemen hängst. Es ist für dich ...“, er überlegte kurz, „... sagen wir ... die optimale Chance, dich zu revanchieren.“
Während Alex dies behauptete, erinnerte er sich an viele Situationen, in denen Diego sich bereits überschätzt hatte und er ihm mit Geld seines Vaters ausgeholfen hatte.
„Ja und?“, Diego lachte kurz auf, wirkte dabei fast schon wahnsinnig, „das verpflichtet mich längst nicht dazu, jetzt dir zu helfen.“
Diegos Verhalten löste etwas in Alex aus, dass binnen Sekunden eine irrsinnige Wut in ihm aufsteigen ließ. Zornig richtete er sich auf, trat um die dreckige Couch herum und baute sich vor seinem Kumpel auf, den er in jenem Moment viel mehr als seinen Feind empfand. Er spürte wie Adrenalin durch seine Adern schoss und dies dabei war, seinen Verstand zu betäuben. Diego stand wie erstarrt vor der vergilbten Wand, als ob ein großer Schreck seine Glieder gefrieren ließ. Er versuchte den strengen Blick Alex’ gekonnt zu erwidern, doch gelang es ihm kaum. Alex’ blaue Augen funkelten ihn bedrohlich an.
Als Diego wieder aus seiner Trance zu erwachen schien, wandte er den Blick ab und wollte zur Seite entweichen, doch genau in diesem Moment streckte Alex’ seinen Arm aus, presste seine Faust dabei fest gegen die kühle Wand und hinderte Diego damit am Weggehen.
„Was willst du, Mann?“, fragte der Dunkelhaarige daraufhin und wirkte dabei gereizt, aber auch etwas eingeschüchtert.
Alex schnaubte wütend und drückte seine ausgestreckte Hand noch fester gegen die Wand, als ob er versuchte, diese wegzudrücken.
„Du wirst mich nicht im Stich lassen, haben wir uns da verstanden?“, fragte Alex bedrohlich und schien seinem Gegenüber tatsächlich etwas Angst einzuflößen.
„Und wenn ich dir nicht helfen will?“
„Du wirst mir helfen, Diego. Ich hab’ so viel gegen dich in der Hand, dass ich der Polizei ausreichend Beweise liefern könnte, um dich binnen weniger Minuten einbuchten zu lassen“, drohte Alex.
Diegos dunkle Augen blickten starr zurück, spiegelten einen Moment lang keinerlei Emotionen wider.
„Das würdest du nicht tun“, war das
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