Wintermond (German Edition)
Angst, Alex plötzlich wieder zu verlieren.
Er atmete wieder ruhiger und blickte dem Blonden noch einen letzten Moment fest in die Augen, bevor er seinen Kopf kurz senkte und schließlich entschuldigend aufblickte. Als ob Alex den wortlosen Kampf gewonnen hätte, warf er Ben daraufhin einen missbilligenden Blick zu und schmiss die Brötchentüte hinter ihm auf das Bett. Die Kaffeebecher stellte er auf die Fensterbank.
„Hey...“, murmelte Ben leise. „Es tut mir leid.“
Seine Worte entsprachen der Wahrheit. Er konnte sich seine kurzzeitige Gefühlsexplosion kaum selbst erklären.
„Bist du immer so drauf?“, fragte Alex gereizt, während er einen der Pappbecher aus der Halterung nahm.
„Nein“, gab Ben sicher zurück. „Ich dachte nur ... Ich mein’... Das wäre ja nicht das erste Mal, dass du ’nen Rückzieher machst.“
Der Blonde nippte an seinem Kaffee und blickte ihm ein weiteres Mal tief in die Augen. Ben war sich nicht sicher, glaubte aber tatsächlich eine Spur Gekränktheit in ihnen zu erkennen.
„Es steht alles im Brief“, sagte Alex und klang ernst. „Ich muss jetzt wirklich los.“
Kaum hatte er ausgesprochen, legte er den Brief ebenfalls auf die Fensterbank und wandte sich dann zum Gehen um. Doch Ben war niemand, der sich inmitten einer Auseinandersetzung von jemandem verabschieden konnte. Er wollte Dinge geklärt wissen und eilte dem Blonden deshalb in schnellen Schritten hinterher. Kurz vor der Tür hielt er ihn dann an der Schulter zurück. Alex wandte sich nicht um, blieb lediglich stehen und senkte seinen Kopf ein wenig. Er wirkte wie ausgewechselt. Noch am Vortag hatte Ben Lebensfreude und Energie in dem Blonden gesehen, doch heute kam er ihm bedrückt und schwermütig vor.
„Du gehst nicht, bevor du nicht mit mir gefrühstückt hast!“, sagte er und versuchte somit von dem kleinen Streit abzulenken.
Alex regte sich einen Moment lang nicht. Erst nach weiteren Sekunden drehte er sich wieder zu Ben um und brachte ihm ein kaum erkennbares Lächeln entgegen.
„Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?“, hakte Ben ein weiteres Mal nach. „Du bist total in dich gekehrt.“
„Ich hab’ super schlecht geschlafen“, erwiderte Alex. „Und ich muss heut’ noch viel erledigen.“
„Warum schreibst du mir einen Brief?“, fragte Ben. „Warum redest du nicht einfach mit mir?“
„Das ist viel zu kompliziert“, entgegnete Alex. „Ein Brief ist da echt einfacher“, er stockte kurz. „Aber keine Angst, es geht nicht um dich oder um uns. Ich mach’ also keinen Rückzieher oder sowas.“
Ben spürte, wie sich erneut eine Woge der Erleichterung durch sein Inneres zog. Er war völlig umsonst in Panik geraten und hatte sich dabei viel zu sehr in die ganze Situation hineingesteigert.
„Bleibst du zum Frühstück?“, fragte er dann ruhig, um damit endlich vom Thema abzukommen.
Später würde er den Brief in aller Ruhe lesen und dann immer noch genügend Zeit dafür haben, Alex’ Verhalten zu verstehen.
„Ich bin kein allzu großer Fan von Croissants“, erwiderte Alex und deutete ein verschmitztes Grinsen an.
Ben lächelte als Antwort. Er war erleichtert, dass der Blonde ihm den kurzzeitigen Gefühlsausbruch verziehen hatte. Dennoch wusste er nicht genau, wie er sich nun verhalten sollte und spürte dabei etwas Unsicherheit in sich aufkommen. Deshalb zögerte er noch eine ganze Weile, bevor er seine Hände schließlich nach denen von Alex ausstreckte, um sie zu ergreifen und daraufhin zärtlich mit dem Daumen über dessen Händerücken zu streicheln. Es war nur eine kleine Berührung, die in jenem Moment jedoch intimer war als jeglicher Sex vom Vortag.
„Ich bin froh, dass du hier bist“, sagte Ben leise. „Ich will dich einfach kein weiteres Mal mehr verlieren. Verstehst du?“
Alex nickte kaum merklich. Noch immer wirkte er verändert und verletzlicher als üblich. Ben konnte förmlich spüren, dass ihn etwas bedrückte, doch wollte er keinesfalls mehr nachhaken. Für seine Fragen blieb ihm der Brief und diesem würde er sich später widmen.
Alex nippte ein weiteres Mal an seinem Kaffee, bevor er den Becher dann in Bens Hand drückte.
Irritiert beobachtete Ben ihn und war sich nicht sicher, ob Alex nun tatsächlich bleiben oder doch gehen würde. Zu seiner Beruhigung bestätigte sich Ersteres. Der Blonde zog den Reißverschluss seiner Jacke auf und zog sie daraufhin aus. Gleich darauf stockte Ben der Atem. Alex sah außergewöhnlich gut aus. Er hatte sich
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