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Wintermond (German Edition)

Wintermond (German Edition)

Titel: Wintermond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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versuchte er sich vorzustellen, wie Ben wohl auf seinen Brief reagierte und hoffte, dass er ihn richtig verstehen würde.
    Er war nicht dumm und wusste, dass ein Geständnis bei der Polizei folgenreiche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Doch er musste diesen Schritt wagen, hatte lange genug darüber nachgedacht.
    Er zog noch einmal an seiner Zigarette und drückte sie schließlich in dem schwarzen Aschenbecher seines Autos aus. Im Radio wurde gerade ein Song von Whitney Houston gespielt. Alex kannte den Titel nicht, fand jedoch, dass das Lied viel zu sentimental klang.
    „Was für ’ne Scheiße ...“, murmelte er deshalb, beugte sich vor und schaltete das Radio aus.
    Dabei warf er einen weiteren Blick auf die Uhr. Mittlerweile war es kurz vor halb Neun.
    Er lehnte sich wieder zurück und starrte gedankenverloren aus dem Fenster.
    Wieder musste er an Ben denken. Es war, als ob der Dunkelhaarige sich fest in seinem Verstand verankert hatte und einfach nicht mehr aus seinen Gedanken verschwinden wollte.
    Er dachte an seinen Brief zurück und redete sich unentwegt ein, dass Ben ihn richtig auffassen würde.
    Aber eigentlich wusste er, dass er sich damit nur etwas vormachte. In Wahrheit ging es Ben in diesem Moment vermutlich ziemlich dreckig. Der Dunkelhaarige hatte sogar schon zweimal auf seinem Handy angerufen. Alex wusste, dass es unfair gewesen war, wie er Ben zurückgelassen hatte. Er setzte alles auf dessen Verständnis. Ben musste ihn einfach verstehen. Immerhin tat er das Ganze nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihn. Er wollte mit Ben zusammen sein, dafür aber eine sorgenfreie Grundlage schaffen. Auch wusste er, dass er im schlimmsten Fall ins Gefängnis kommen könnte, doch diesen schrecklichen Gedanken ignorierte er vorerst und redete sich stattdessen ein, dass sein Vater genügend Geld und wichtige Kontakte hatte, um ihm mit einer milden Strafe aus der ganzen Sache verhelfen zu können. Zwar konnte Jo ein echtes Arschloch sein, doch in solch einem Fall würde er sich mit Sicherheit für seinen Sohn einsetzen. Da war Alex sich sicher. Jo musste es sogar tun, denn neben der Tatsache, dass er Alex sonst verlieren würde, spielte auch dessen Karriere eine große Rolle. Vielleicht sogar die wesentlich wichtigere. Jo konnte es sich als prominenter Architekt nicht erlauben, dass irgendwelche negativen Schlagzeilen über seinen Sohn in der Zeitung standen. Allein aus diesem Grund würde sein Vater ihm mit allen Mitteln zu helfen versuchen.
    Diese Erkenntnis führte das erste Mal in Alex’ Leben dazu, dass er Jo für dessen Karriere dankbar war. Als Sohn eines mittellosen Normalbürgers würden Alex’ Chancen vermutlich wesentlich schlechter stehen. Diese Tatsache beruhigte ihn ungemein und gleichzeitig bereute er, nichts von diesem Wissen in dem Brief an Ben erwähnt zu haben.
    Noch immer sehr nachdenklich griff er nach einer weiteren Zigarette. Mit dem Rauchen versuchte er seine Nervosität zu überspielen und bekam unterdessen das Gefühl, dass die Zeit nur sehr schleichend voranschritt. Das nervte ihn. Er wollte die Sache mit dem Geld endlich hinter sich bringen. Jede weitere Minute verstärkte deshalb die Anspannung in ihm und ließ ihn unruhiger werden.
    Er zog an seiner Zigarette, versuchte gelassen zu bleiben und einfach in die Rolle zurückzuschlüpfen, die ihn unnahbar machte. Doch beschlich ihn mittlerweile das seltsame Gefühl, genau diese Fassade verloren zu haben. Er wollte seine Gedanken abschalten, emotionslos sein und die ganze Sache so schnell wie möglich durchziehen, doch schien es, als ob er sich derweilen so sehr gewandelt hatte, dass er es nicht mehr schaffte, zu demjenigen zu werden, der er noch vor wenigen Tagen gewesen war.
    Ben und all die dazu gehörigen Umstände hatten ihn verändert. So stark, dass er sich selbst kaum wiedererkannte. Zwar spürte er, dass er wieder mehr dem Alex glich, der zusammen mit seinem besten Freund, Sebastian, eine Menge Spaß gehabt hatte, doch gleichzeitig war da noch etwas anderes, an das er sich erst noch gewöhnen musste. Es war ein Gefühl von Zuneigung, ein Gefühl von Verantwortung und ein Gefühl von Liebe. Nie zuvor hatte er etwas Derartiges für einen Mitmenschen empfunden. Bei Ben war das anders. Der Dunkelhaarige war binnen kürzester Zeit zu dem wichtigsten Menschen in seinem Leben geworden. Er bedeutete ihm sehr viel. Alex war es nicht gewohnt, sich zunehmend mehr vom Herzen als vom Verstand leiten zu lassen. Immerzu dachte er

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