Wintermond (German Edition)
Schritten eilte er dann durch eine Tür aus dem Poolbereich. Ben wusste sofort, dass er zu ihm wollte.
Er klemmte das Handy zwischen Kinn und Schulter, um seine noch offene Hose in nervösen Bewegungen schließen zu können.
„Ben?“, hörte er an seinem Ohr durchs Handy schallen.
„Äh ... Nick ...“, begann Ben stotternd, während er flüchtig seinen Kram zusammen suchte, „das ist gerade ganz schlecht.“
Er hätte niemals geglaubt, dass ein Anruf seines Exfreundes jemals derartig unpassend kommen konnte. So unpassend, dass er sich nicht einmal darüber freute, sich fast sogar darüber aufregte. Nick kümmerte sich nie um irgendeinen Kontakt und in einer Situation wie dieser musste er plötzlich anrufen. Es kam Ben beinahe so vor, als ob Nick irgendetwas geahnt hätte und ihn nun bewusst in diese prekäre Situation brachte.
„Wo bist du denn?“, fragte Nick und schien Bens Kommentar gänzlich zu ignorieren. „Ich ruf’ wegen deinem Geburtstag in ein paar Tagen an.“
„Meinem Geburtstag?“, fragte Ben irritiert zurück, als ob das, wovon Nick sprach, völlig abwegig war.
„Ben, ist alles in Ordnung bei dir?“, fragte Nick dann, als er dessen geistige Abwesenheit offenbar bemerkte.
Ben wischte mit seinen Händen über seine Unterlagen und kehrte sie hektisch zu einem völlig durcheinander geratenen Stapel zusammen. Gerade als er diesen neben seinen Laptop legte, betrat Alex den Wintergarten. Nasse Haarsträhnen klebten in seinem Gesicht, während er Ben wütend anfunkelte.
„Ich muss auflegen“, war das einzige, was Ben noch hervorbrachte, bevor er das Handy von seinem Ohr nahm und aus seiner Hand auf den neben ihm stehenden Tisch rutschen ließ.
Alex stand ihm zornig gegenüber. Sein Blick wirkte kalt und herablassend.
Ben musste erneut schlucken, wollte den Blick abwenden, schaffte es jedoch nicht. Erst in jenem Moment wurde ihm bewusst, was er bis eben getan hatte - dass er Alex beim Duschen beobachtet hatte und kurz davor gewesen war, sich auf dessen Körper einen runter zu holen.
„Du perverse Schwuchtel!“, brach Alex schließlich die Stille und spuckte jedes Wort verächtlich aus. Er klang bedrohlich.
Ben musste einen Moment lang überlegen, bis er seine Gedanken wieder gut genug geordnet hatte, um etwas antworten zu können.
„Ich hab’ hier bloß gearbeitet“, sagte er dann und versuchte ruhig zu klingen. „Was kann ich dafür, wenn du mitten in der Nacht hier duschen gehst?“
„Gib’s doch zu“, zischte Alex und trat einen Schritt näher auf ihn zu, „du hast mich die ganze Zeit beobachtet, richtig? Wahrscheinlich wolltest du dir auch noch einen wichsen.“
Wieder spuckte er seine Worte gehässig aus und verzog seine Miene angewidert.
Ben verharrte einen Moment und musste fast vor Selbstironie auflachen, als er feststellte, wie Recht Alex hatte. Doch er wollte sich nichts anmerken lassen und versuchte Alex’ einschüchternde Art zu ignorieren.
„Als ob es an dir etwas zu sehen gäbe“, konterte er schließlich und wandte sich um, um seine hastig zusammen gepferchten Notizzettel in einer Mappe verschwinden zu lassen.
„Du widerst mich von Tag zu Tag mehr an“, entgegnete Alex. Er atmete so schwer, dass man merken konnte, wie er sich zwanghaft zurückhielt, um nicht loszubrüllen.
Ben drehte sich wieder um.
Alex’ Augen blickten ihn böse an. Der Blonde wirkte in jenem Moment hasserfüllter, als Ben ihn bislang je erlebt hatte. Fast so, als ob Ben ihn nicht beim Duschen sondern bei einer viel heftigeren Sache beobachtet hatte.
„Was ist los, Alex?“, fragte Ben schließlich und klang dabei selbstbewusster als üblich. „Hast du wieder Stress mit deinem Vater? Oder hat dein beschissener Umgang dir deinen Tag versaut?“
Alex schnaubte. Seine Augen weiteten sich vor Wut, seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er verharrte nur einen Augenblick in dieser Position, bevor er auf Ben zustürmte, ihn unsanft an dessen Pullover packte und brutal gegen die Glaswand des Wintergartens drückte. Ben erschrak. Er hatte Alex viel zugetraut, aber nicht, dass dieser tatsächlich handgreiflich werden würde. Nun wusste er nicht, ob er darüber lachen oder besser schweigen sollte. Sein Herzschlag begann sich zu beschleunigen. Er spürte Alex’ Hände über seinem Schlüsselbein, wie sie sich fest in den Stoff seines Pullovers krallten. Der Blonde war ihm näher als je zuvor und starrte ihn mit drohenden Augen an. Er roch frisch geduscht nach einem herben Duschgel. Als
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