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Wintermond (German Edition)

Wintermond (German Edition)

Titel: Wintermond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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menschlich. Man konnte fast glauben, dass in ihm tatsächlich noch ein weiteres Ich existierte, das er offenbar vor der übrigen Außenwelt zu verbergen versuchte. In seinen Gesichtszügen gab es plötzlich nicht die geringste Spur von Hass, Verachtung oder Zorn. Er sah einfach nur glücklich aus. Während er den Stock ein weiteres Mal warf, bemerkte er, wie frei er sich mit einem Mal fühlte. Die gemeinsame Zeit mit Sam hatte er wirklich vermisst und das fröhliche Herumtoben des Schäferhundes ließ ihn seine Sorgen und Probleme für eine ganze Weile vergessen.
    Erst, als Ben plötzlich laufenden Schrittes auf der Einfahrt auftauchte, riss ihn dessen Erscheinen wieder aus dem Konzept. Er bemerkte nicht einmal, wie Sam ihm den Stock stolz vor die Füße legte.
    Stattdessen begann er Ben zu beobachten und sah, wie dieser sich erschöpft aus seinen Handschuhen befreite. Dann nahm Ben seine Arme über den Kopf und begann sich zu dehnen. Seine Wangen waren leicht rot von der Kälte und der Anstrengung. Sein sportliches Outfit ließ gar nicht vermuten, was für ein Streber und Arschkriecher er doch war. Alex bückte sich unbewusst, nahm den Stock wie in Trance und warf ihn erneut. Als Sam daraufhin wieder losrannte und bellte, schien Alex Bens Aufmerksamkeit erregt zu haben. Der Dunkelhaarige ging ein paar Schritte vorwärts, dehnte sich noch ein letztes Mal und blieb schließlich ein paar Meter vor Alex stehen. Bens braune Augen fixierten ihn streng. Alex begann sofort nach seiner unsichtbaren Maske zu suchen, um sich wieder zwanghaft hinter seiner Fassade verstecken zu können, doch gelang es ihm nicht. Irritiert legte er seine Stirn in Falten und versuchte wenigstens Bens Blick standhalten zu können. Die dunklen Augen seines Gegenübers strahlten irgendetwas aus, fesselten ihn ungewollt. Wirre Gedanken durchströmten seinen Kopf. Er dachte daran, wie Ben eines Nachts bei der Villa angekommen war und daran, wie dieser ihn beim Duschen beobachtet hatte. Alex schüttelte sich innerlich und versuchte sich abzulenken, sich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren. Doch auch das gelang ihm nicht. Er erinnerte sich daran, wie er Bens Datei gelöscht hatte und auch daran, wie er sich vorhin im Park auf ihn gestürzt hatte. Alex konnte kaum glauben, was für Gedankenzüge sich in ihm ausdehnten. Er wollte sein regelloses Spiel weiterspielen, doch fiel ihm mit einem Mal nicht einmal mehr ein, worum dieses Spiel überhaupt ging und was dessen Ziel war. Stattdessen versank er immer mehr in Gedanken und schien dabei nicht einmal zu merken, wie intensiv er Ben die ganze Zeit über ansah. Ben starrte durchgehend zurück. Keiner der beiden machte auch nur den Ansatz dazu, den Blick abzuwenden. Sie sahen sich an, als ob sie wortlos über Ungesagtes kommunizierten. Im Augenwinkel sah Alex, wie Ben seinen Schal lockerte, woraufhin ihn ein merkwürdiges Gefühl durchfuhr. Er wollte schlucken, doch schien sein Körper nicht mehr auf seine Befehle zu reagieren. Erst, als Sam seine Vorderpfoten auf seine Schuhe presste und dabei weinerlich fiepte, wurde er wieder aus seinen Gedanken gerissen. Sein Blick klebte noch einen Moment lang an Ben, bevor er sich endlich abwandte und Sams Stöckchen aufhob. Wie von selbst warf er ihn in den hinteren Teil des Vorgartens.
    „Du glaubst nicht wirklich, dass dein Verhalten mich einschüchtert, oder?“, brach Ben schließlich die Stille und spielte damit offenbar auf Alex’ Würgegriff im Park an.
    Alex verharrte einen Moment lang. Erst als er glaubte, sein eigentliches Ich in sich wieder gefunden zu haben, blickte er auf und starrte mit kühlem Gesichtsausdruck in Bens Richtung.
    „Das sollte es aber“, entgegnete er trocken.
    Ben schien diese Worte zu ignorieren. Er schüttelte lediglich verachtend lachend den Kopf.
    „Auf einmal passt alles zusammen“, sagte Ben dann. „Deine schroffe ... ja beinahe panische Begrüßung, als ich hier ankam, deine Geldprobleme ... einfach deine ganze Art und jetzt noch dieses Telefonat.“
    Alex schob seinen Unterkiefer nach vorn und sah dabei aus, als würde er sich bei geschlossenem Mund mit der Zunge über die Zähne fahren. Dadurch wirkte er so, als ob er unentschlossen darüber war, was er antworten sollte.
    „Anscheinend hast du mich wirklich nicht verstanden“, sagte er dann und blickte streng zurück.
    „Du machst mir keine Angst, Alex“, erwiderte Ben. „Jeder Blinde würde erkennen, dass du eigentlich ganz anders bist.“
    Alex brauchte einen

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