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Wintermond (German Edition)

Wintermond (German Edition)

Titel: Wintermond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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Moment, um das Gesagte zu verarbeiten. War er wirklich so durchschaubar? Bis zu dieser Aussage Bens hatte er geglaubt, dass nur er selbst sein wahres Ich kannte und das auch nur kaum. Eigentlich hatte er längst vergessen, wer er war und wie der andere Alex in ihm tickte und fühlte. Warum wagte Ben es überhaupt, ihn verbal derart zu entblößen?
    „Vielleicht wünschst du dir das ja auch nur“, erwiderte er und merkte dabei erneut, wie seine Fassade zu bröckeln schien. Seine sonst so kühle Art, die ihn wie eine Schutzmauer umhüllte, war plötzlich verschwunden.
    „Ach, ja?“, Ben trat einen Schritt näher auf ihn zu und musterte ihn skeptisch. „Wieso sollte ich mir das wünschen?“
    Alex musste stark schlucken. Er wandte den Blick für einen Moment ab und sah zu Sam hinüber, der sich derweil in den Schnee gelegt hatte und die beiden neugierig beobachtete. Bens Worte jagten einen kalten Schauer über Alex’ Rücken. Ein Gefühl, das bislang eigentlich nur entstanden war, wenn er mit Ben spielte und ihn triezte. Doch genau das tat er in diesem Moment nicht, brachte es einfach nicht fertig. Er verstand sich selbst nicht mehr. Mit all seiner inneren Kraft bemühte er sich, wieder in seine eigentliche Rolle zu schlüpfen. Schließlich gelang es ihm auch, weil er Ben mit einem Mal noch mehr als vorher zu hassen begann. Er hasste ihn dafür, dass er ihm seinen Vater stahl, dafür, dass er soeben für wenige Minuten in sein Innerstes hatte blicken können und auch dafür, dass er sich nicht an die Spielregeln hielt. Alex wollte ihn fertig machen, aber Ben ließ sich nicht fertig machen. Egal, was Alex auch versuchte. Er hasste Ben dafür, dass er schon zu viel von Alex zu wissen schien und dafür, dass er ihn auf eine merkwürdige Art und Weise völlig durcheinander brachte.
    Es dauerte noch eine ganze Weile, bis Alex seine Sprache endlich wieder fand und den kühlen Schleier, der andere abschrecken und von ihm fernhalten sollte, zurück über seinen Körper gezogen hatte.
    „Weil du nicht ertragen kannst, dass ich dich verabscheue. Du hast bestimmt Schiss, dass ich irgendwann einen Keil zwischen dich und meinen Vater treiben werde“, sagte er streng.
    „Bin nicht eher ich ein Keil zwischen dir und deinem Vater?“, kontere Ben und trat den zuvor gegangen Schritt wieder zurück.
    „Mein Vater zieht die Nummer mit jedem seiner Praktikanten ab“, erklärte Alex, „... bis du deinen ersten Fehler machst. Und für diesen Fehler werde ich schon sorgen.“
    „Da bin ich ja mal gespannt“, entgegnete Ben. „Ich hab’ immerhin eine Menge gegen dich in der Hand.“
    Alex’ Blick verfinsterte sich. Er wusste, dass Ben Recht hatte und musste einen Moment lang überlegen, bis er etwas zu erwidern wusste.
    „Ist dir das nicht peinlich?“, fragte er dann. „Dich so zwischen meinen Vater und mich zu drängen? Ich dachte, ihr Homos wäret anders drauf, würdet mehr Rücksicht auf andere nehmen.“
    Ben blickte eine Weile irritiert zurück, bis er schließlich unverständlich den Kopf schüttelte.
    „Dir ist echt nicht mehr zu helfen, Alex“, sagte er dann, wandte sich von ihm ab und verschwand schließlich in der Villa.
    Alex blickte ihm noch einen Augenblick hinterher. Ihm war bewusst, dass seine Argumentation nicht überzeugend gewesen war. Allerdings waren ihm keine anderen Worte eingefallen. Erneut hoffte er, dass Ben ihn nicht verpfeifen würde, traute es ihm aber eigentlich nicht zu. Wenn er sich an die bisherigen Situationen zwischen Ben und sich zurück erinnerte, war Ben fast immer freundlich zu ihm gewesen. Er hatte ihn sogar beim Duschen beobachtet. Alex wollte den folgenden Gedanken ignorieren, doch beschlich ihn mit einem Mal das seltsame Gefühl, dass Ben vielleicht mehr von ihm wollte. Eigentlich sprach vieles dafür. Angewidert verzog er seine Miene und schüttelte sich daraufhin.
    „Komm, Sam!“, rief er in Richtung des Schäferhundes. „Lass uns auch reingehen!“
    Sam sprang aus dem Schnee auf, als ob er seit Ewigkeiten auf diese Aufforderung gewartet hätte. Dann folgte er seinem Herrchen ins Innere der Villa. Dort angekommen befreite Alex sich aus seiner Jacke und stülpte sich dann die Schuhe von den Füßen. Als er sich bückte, um diese ordentlich unter der Garderobe zu platzieren, entdeckte er einen halbzerkauten Gummiball von Sam. Lächelnd nahm er ihn an sich. Sam hatte ihn beobachtet und tapste aufgeregt vor ihm auf und ab.
    „Na, dann hol ihn mal!“, sagte Alex auffordernd und

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