Wintermond (German Edition)
in seinen Schritt vorwagte und Bens Herz schneller schlagen ließ. Ben wusste, dass nicht allein der Alkohol an seiner körperlichen Reaktion Schuld war. Nein, es war pure Lust. Er hatte schon lange keinen Sex mehr gehabt und spürte in jenem Moment einen so starken Drang danach, dass er laut schlucken musste.
„Wollen wir zurück zur Villa?“, fragte Nick leise und klang dabei fast so, als ob er Bens Gedanken soeben gelesen hätte.
Ben presste seine Lippen noch einmal fest zusammen, bevor er sich wieder nach hinten lehnte und verlegen lächelte.
„Okay“, sagte er dann knapp und versuchte das Verlangen in sich noch etwas zurückzuhalten.
„Ich ruf’ uns ein Taxi“, sagte Nick und holte sein Handy hervor.
Ben nahm nur beiläufig wahr, wie dieser daraufhin ein kurzes Telefonat führte. Er beobachtete sein Umfeld und fühlte sich dabei fast wie in ein Außenstehender, der sich inmitten einer Filmszene befand.
„Ist gleich da“, sagte Nick und steckte sein Handy zurück in die Hosentasche. „Die kommen vom Bahnhof und der ist nicht weit weg.“
„Dann ist ja gut“, erwiderte Ben und hörte sich dabei so fremdartig sprechen, als ob die Worte nicht aus seinem Mund kämen. In genau diesem Moment schritt die Bedienung an ihrem Tisch vorbei. Ben hob reflexartig seinen Arm und verkündigte leicht lallend: „Wir möchten gern zahlen.“
Der Kerl im schwarzen Tanktop brachte noch eben drei Gläser an einen Nachbartisch, bevor er wieder auf die beiden zutrat.
„Na, wollt ihr uns schon wieder verlassen?“, fragte er und wirkte dabei sehr sympathisch.
„Wir haben noch was anderes vor“, sprudelte es übereifrig aus Ben heraus.
Die Bedienung lachte daraufhin, wollte Ben aber anscheinend nicht weiter in Verlegenheit bringen. Er warf einen kurzen Blick auf den Tisch, kniff dabei ein Auge fest zusammen und murmelte: „Zwei Mojitos, zwei Capirinhas ... Das macht dann 27,20 Euro.“
Ben sah im Augenwinkel, wie Nick sein Portemonnaie aus der Hosentasche ziehen wollte, machte daraufhin aber eine abtuende Geste in dessen Richtung.
„Das geht auf mich“, sagte er und zog einen Zwanziger und zwei Fünfer hervor. Die Scheine reichte er der Bedienung.
„Stimmt so“, sagte er noch.
„Vielen Dank“, sagte die männliche Servicekraft, plättete die Scheine zwischen seinen Fingern und steckte sie schließlich weg. „Dann wünsch’ ich euch beiden Hübschen mal noch viel Spaß bei dem, was ihr noch vorhabt!“
Ben räusperte sich und ignorierte das Augenzwinkern der Bedienung, die daraufhin wieder von ihrem Tisch verschwand. Er trank noch den letzten Schluck aus seinem Glas, bevor er seine Jacke zu sich auf den Schoß zog.
„Was haben wir denn noch vor?“, brach Nick die kurz aufgetretene Stille und grinste verlockend.
„Wonach wäre dir denn?“, fragte Ben zurück und merkte trotz Angetrunkenheit, wie der Alkohol ihn offener wirken ließ und dabei jegliche Hemmung in ihm verschwunden war. Doch das störte ihn in diesem Moment kaum, denn andere Gedanken verdrängten diese kurzzeitige Erkenntnis.
Er zog sich seine Jacke an und richtete sich schließlich vom Stuhl auf. Kaum dass er stand, wurde ihm leicht schwindelig, woraufhin er sich kurz mit der rechten Hand am Tischrand abstützte.
„Alles in Ordnung?“, fragte Nick.
„Ja, ja ... klar“, erwiderte Ben und trat schließlich um den Tisch herum in den Gang.
Er schloss noch den Reißverschluss seiner Jacke, bevor er die Bar zusammen mit Nick verließ. Wie zeitlich abgepasst fuhr exakt in diesem Moment ein Taxi vor und hielt bei den beiden. Wortlos stiegen sie ein. Ben vorn, Nick hinten. Ben nannte dem Fahrer die Zieladresse und lehnte sich schließlich in seinem ledernen Sitz zurück. Als er die Augen für einen Moment lang schloss, begann sich alles um ihn herum zu drehen, woraufhin er sie abrupt wieder aufschlug und stattdessen einen festen Punkt auf der Taxiarmatur fixierte. Während der Fahrt wurde ihm leicht übel. Ihm wurde mal wieder bewusst, wie schlecht er Alkohol vertrug. Sein Verstand versuchte derweilen zwanghaft klare Gedanken zu fassen. Ben dachte an Alex, dann an Nick und schließlich wieder an Alex. Unbewusst schüttelte er sich und versuchte die Hirngespinste damit aus seinem Kopf zu verbannen. Er wollte über nichts und niemanden nachdenken, wollte sich einfach entspannen und die restliche Nacht auf sich zukommen lassen. Er kam sich fast pubertär vor, als er sich selbst dabei ertappte, zu hoffen, vielleicht wieder mit Nick
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