Wintermond (German Edition)
Glasscheiben saß eine kleine Gruppe, welche die beiden sofort bemerkte. Ben betrachtete die fünf Jungen skeptisch und erntete daraufhin ein flirtendes Lächeln eines etwa gleichaltrigen blonden Typens. Sofort wandte Ben den Blick ab und betrachtete die Bar noch ein weiteres Mal genauer. Über der Scheibe prangte ein violettes Schild, auf dem in weißen Lettern „G-Bar“ stand. Entlang dem Eingang waren kleine Glaskästen angebracht, in denen man sich Auszüge der Speise- und Getränkekarte ansehen konnte.
„Die sieht doch gut aus, oder nicht?“, fragte Nick und blickte Ben fragend an.
„Ja, schon“, erwiderte dieser unsicher.
Doch bevor er noch mehr hätte äußern können, ergriff sein Exfreund bereits seine Hand und zog ihn hinter sich her in das Innere der Bar. Dort gab es einen kleinen Tresen, hinter dem eine reichhaltige Auswahl an Spirituosen zu erkennen war, und viele symmetrisch angeordnete Tische mit beigen Stühlen. Die Einrichtung war modern gehalten. Indirektes Licht sorgte für eine warme Atmosphäre. Viele der Tische waren bereits besetzt, doch in einer hinteren Ecke konnten Ben und Nick noch zwei freie Plätze entdecken. Sie schritten an den in Gesprächen vertieften, zwischendurch auflachenden Gästen vorbei und nahmen Platz. Ben befreite sich aus seiner Jacke, legte sie neben sich ab und griff dann nach der Getränkekarte. Er stöberte in ihr und entschied sich kurzerhand für einen Caipirinha. Nick blickte ihn erwartungsvoll an, woraufhin Ben ihm die Karte reichte.
„Und, was nimmst du?“, fragte Nick, während er die laminierte Karte aufschlug.
„Das müsstest du doch am besten wissen“, gab Ben lächelnd zurück. „Das, was ich immer getrunken habe.“
„Ah“, machte Nick daraufhin und nickte gedankenverloren. Er blätterte weiter in der Karte und fuhr mit dem Zeigefinger über die verschiedenen Cocktailnamen.
„Und was nimmst du?“, fragte Ben und merkte erneut, dass er aus einem unerfindlichen Grund keinen vernünftigen Gesprächsstoff fand.
„Ich überlege noch ...“, murmelte Nick und blätterte in der Karte wieder zurück.
Ben sah sich derweilen um und legte seine Jacke etwas ordentlicher neben sich zusammen. In der Bar waren ausschließlich junge Männer im unterschiedlichen Alter. Einige von ihnen schienen ein Paar zu sein, andere hatten vermutlich ein Date und wieder andere offenbar ein freundschaftliches Verhältnis zueinander. Ben war nur sehr selten derart unterwegs. In seinem Privatleben war er meist zu sehr in sein Studium vertieft. Aus diesem Grund wusste er in jenem Moment nicht, ob er diese Ausnahme genießen oder sich unwohl fühlen sollte. Während er so über diese Dinge nachdachte, kam ihm in den Sinn, dass vielleicht genau dieser Punkt zu einer Trennung zwischen ihm und Nick geführt haben könnte. Nick war jemand, der gern unter Leuten war und in den Tag hinein lebte, während er selbst eher der bodenständige Typ war. Ben blickte verschwommen vor sich ins Leere und wurde erst durch eine fremde, maskuline Stimme wieder aus den Gedanken gerissen.
„Na, ihr beiden Hübschen! Was darf’s denn sein?“, fragte die männliche Bedienung und blickte erwartungsvoll auf die beiden herab. Er war groß, schlank und hatte einen durchtrainierten Körper, was durch das schwarze Tanktop nur schwer zu übersehen war. Er war braun gebrannt, was regelmäßige Solariumbesuche vermuten ließ, und hatte seine Haare auf drei Millimeter abrasiert. An seinem rechten Oberarm befand sich ein kleines Tattoo, das Ben im schwachen Licht nicht genauer erkennen konnte.
„Ein Caipi und ein Mojito, bitte!“, antwortete schließlich Nick und legte die Karte zur Seite.
„Sehr gern“, erwiderte die Bedienung und ging daraufhin zurück zum Tresen.
Nick lehnte sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete Ben lächelnd. Seine Hände klemmte er ineinander verschränkt hinter seinen Kopf. Dadurch wirkte er recht lässig.
„Du weißt es also tatsächlich noch“, sagte Ben und versuchte zu lächeln.
„Das mit dem Caipi?“, fragte Nick. „Na, klar. Solange ist das alles ja nicht her.“
Ben musterte sein Gegenüber mit vor Nervosität zusammen gekniffenen Lippen. Er hoffte, dass der bald kommende Alkohol die Stimmung etwas auflockern würde.
„Und du bist extra wegen meinem Geburtstag hier runter gekommen?“, fragte er.
„Na, ja“, sagte Nick. „Auch einfach so wegen dir.“
„Auf einmal?“
Ben spürte, dass seine Stimme einen ernsten Klang angenommen hatte und
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