Wintermond (German Edition)
pochenden Intervalle an seinen Schläfen wurden augenblicklich kürzer. Er wusste, dass Sam unter dem Stoff lag. Erneut ertappte er sich dabei, dass er dessen Tod bis jetzt wieder erfolgreich verdrängt hatte. Doch da war sie, die Realität, und verpasste ihm einen derben Schlag ins Gesicht. Alex drückte seine Finger gegen seine Schläfen, versuchte den Schmerz damit zu betäuben und zugleich aus dem bösen Traum zu entkommen. Doch es half nicht. Je weiter er sich der zugedeckten Hundeleiche näherte, desto klarer wurde die Wahrheit und umso deutlicher die Erkenntnis, dass er sich dieser stellen musste. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen und blieb schließlich vor Sam stehen. Erst jetzt sah er, dass dieser mit einem Pullover zugedeckt war. Als er den Stoff genauer betrachtete, erkannte er, dass es Bens Pullover war. Alex musste schlucken. Vor ihm lag Sam und er war tot. Die Wahrheit durchzog Alex wie ein kalter Schauer und bohrte sich förmlich in seinen Verstand. Ein betäubendes Gefühl legte sich unter seine Haut, ein Gemisch aus Wut und großer Trauer füllte seinen Körper. Er fühlte sich völlig hilflos und spürte einen Reiz in sich aufsteigen, welcher vermutlich Tränen in ihm auslösen würde. Doch er hielt sie zurück und kniff seine Lippen dabei fest zusammen. Er konnte Sam nicht einfach dort liegen lassen. Er musste ihn begraben. Wenigstens das war er seinem treuen Hund schuldig.
Nach weiteren Sekunden, in denen er die verdeckte Leiche fassungslos betrachtete hatte, entschied Alex sich also dafür, Sam in den Garten zu bringen, um ihm dort ein angemessenes Grab zu schaffen. Er blickte sich noch einmal um, als wollte er sich vergewissern, dass ihn niemand beobachtete, bevor er sich vorsichtig bückte und seine Hände ausstreckte. Dann griff er unter Sams Körper. Er konnte das kalte Fell fühlen und spürte den starr gewordenen Körper. Erneut musste er seine Augen daraufhin fest zusammenkneifen, um seine Trauer weiterhin zurückzuhalten. Als er Sam fest zu haben glaubte, richtete er sich vorsichtig auf. Er hielt seine Arme von sich gestreckt, Sam lag auf ihnen. Der Schäferhund war schwerer, als Alex gedacht hatte. In langsamen Schritten entfernte er sich dann wieder von der Haustür, umrundete die Villa und ging in den Garten. Aufmerksam tastete er sich mit seinen Füßen vorwärts, aus Angst, ausrutschen oder stolpern zu können und Sam dadurch versehentlich fallen zu lassen. Auf der andere Seite der Villa angekommen durchquerte er die von Schnee bedeckte Wiese und schritt in den hinteren Teil des Gartens. Dort brachte die Sonne kaum Licht hin, denn bedingt durch viele hohe Tannen war dort eine kleine Schattenlandschaft entstanden. Vorsichtig bückte Alex sich und legte Sam vor sich in den Schnee. Die Hundeleiche versank in ihm und erinnerte Alex damit an die gemeinsamen Winterzeiten, in denen Sam so oft durch den Schnee getollt war und sich nach einer Weile immer erschöpft in diesen hatte fallen lassen. Alex schob den Gedanken beiseite und versuchte stark zu bleiben. Dann ging er zum Wintergarten. Direkt daneben, zwischen weiteren dichten Nadelbäumen und dem Seitenglas des Wintergartens, befanden sich einige nützliche Utensilien für Gartenarbeiten, darunter neben einer Schneeschaufel und einem Besen auch ein Spaten und eine Spitzhacke. Alex griff nach den beiden Utensilien und zog sie in einer ruckartigen Bewegung aus einem kleinen Schneeberg. Dann kehrte er zu Sams Leiche zurück. Ein verbitterter Ausdruck machte sich dabei auf seinem Gesicht breit. Er fühlte sich dreckig und auf eine abscheuliche Art und Weise mies dabei, Sam begraben zu wollen. Es fühlte sich fast wie eine Untat an, die ihm nur umso mehr verdeutlichte, zu was seine Spielschulden und seine Waghalsigkeit letztendlich geführt hatten. Er schnaubte schwer, bevor er die Spitzhacke entschlossen vor sich in den Schnee rammte, um daraufhin die sich darunter befindende Eisdecke mit kräftigen Schlägen zu durchbrechen. Glücklicherweise war diese nicht sonderlich dick, dennoch war es ein gewisser Kraftakt, ein notwendiges Areal von dem festen Eis zu befreien. Immer wieder schlug Alex auf den gefrorenen Boden und erlebte es fast als kleines Erfolgserlebnis, wenn dieser unter der Hacke zersplitterte und darunter einigermaßen weicher Boden zu finden war. Nun griff Alex nach dem Spaten und begann ein Loch auszuheben.
Sämtliche Muskeln in seinen Armen waren angespannt. Der gesamte Akt forderte ihn in seinem Zustand einer
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