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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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rufen lassen oder einen kurzen Spaziergang zur S-Bahn wagen? Zwar hatte sie wegen der bleiernen Müdigkeit - die sie dennoch in den Nächten nicht schlafen ließ - die ganze Zeit über gefröstelt, aber mit einem Mal fühlte sie eine innere Unruhe, die sich, begleitet von Hitzewellen, in ihrem Körper ausbreitete. Beim Blick auf die einsamen Straßen beschlich sie kurz die Furcht, Tillmann könnte ihr abermals auflauern. Doch schon schob sie den Gedanken beiseite: Das Restaurant lag am Hafen, also weit weg von ihrer Wohnung und somit von Tillmanns Revier - falls er überhaupt noch in der Stadt sein sollte.
    Als draußen ein weiteres Taxi vorfuhr, um einen Gast aussteigen zu lassen, trat Meta ins Freie, wo ihr Wind und Schnee sofort die Sicht raubten. Sie stolperte die Stufen hinunter und wäre um ein Haar in Karl hineingelaufen. Es dauerte einen Augenblick, bis sie ihn erkannte, da er sich den Schal über das Kinn gezogen hatte. Er reagierte wesentlich schneller und umfasste ihre Oberarme, als wolle er sie vor einem Fall schützen.
    »Hallo, Meta. Du wolltest doch wohl nicht etwa gerade los?«, fragte er freundlich.
    »Ehrlich gesagt, doch. Eve hält schon den ganzen Tag lang Stellung in der Galerie, weil Sol auf Familienbesuch ist.Wenn ich sie jetzt nicht ablöse, bekommt sie vielleicht noch einen Lagerkoller.« Meta zwang sich, unbeschwert zu klingen, während sie am liebsten Karls Hände abgewehrt hätte.
    Karls Augenbrauen zogen sich zusammen, dann blickte er verlegen drein. »Eigentlich hat Eve mich angerufen und mir erzählt, dass du zum Essen hierhergegangen bist. Ich wollte schon früher da sein, aber mir ist leider etwas Geschäftliches dazwischengekommen.Warum leistest du mir nicht noch etwas Gesellschaft, nur für einen Kaffee?«
    »Eve hat dich angerufen?« Obwohl sie keinen Zweifel an Karls Worten hegte, konnte Meta es kaum glauben. »Was hat sie dir sonst noch so auf die Nase gebunden?«
    Endlich nahm Karl seine Hände von ihr. »Lass uns das doch im Warmen besprechen«, schlug er vor, demonstrativ den Kragen seines Mantels hochschlagend.
    Meta sparte sich eine Antwort und stieg die restlichen Treppen hinab. Karl fluchte leise und folgte ihr. Während sie schnellen Schrittes über eine Brücke liefen, beachtete Meta ausschließlich die im Schnee verschwindende Hafenanlage. Irgendwo im weißen Gewirr glaubte sie, die Umrisse eines Krans auszumachen. Unterdessen versuchte Karl, zu ihr aufzuschließen, was sie nur noch rascher gehen ließ. Dabei achtete sie gar nicht mehr auf ihre Umgebung, so dass sie nicht wusste, wo sie sich eigentlich befand, als Karl sie schließlich grob an der Schulter packte und zum Anhalten zwang.Von der Promenade, in die der Hafen überging, war jedenfalls weit und breit keine Spur mehr zu entdecken.
    »Warum läufst du vor mir weg?«, fragte Karl, nur leidlich Zorn und verletzten Stolz unterdrückend.
    »Ich laufe nicht vor dir davon, ich will einfach nur nichts mehr mit dir zu tun haben.« Hatte Meta sich eben noch gewünscht, dass Karl lautlos im Schneegestöber verschwand, so empfand sie nun eine gewisse Genugtuung dabei, ihm die Wahrheit an den Kopf zu werfen. Herausfordernd baute sie sich vor ihm auf. »Ich vermute mal, Eve und Rinzo haben eins und eins zusammengezählt und dir gleich brühwarm berichtet, dass David mich verlassen hat. Und dass ich ein wimmerndes Nervenbündel bin, wenn ich mich nicht gerade hinter meiner Arbeit verstecke.« Karl brachte lediglich ein Nicken zustande. »Und was willst du jetzt, mich trösten?«
    »Es gibt keinen Grund, über mich herzufallen«, erklärte Karl, der langsam zu seiner alten Selbstsicherheit zurückfand, nachdem ihn Metas Angriff kurzfristig aus der Fassung gebracht hatte. »Wir haben in der Vergangenheit beide Fehler gemacht. Meinst du nicht auch, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um einen Schlussstrich unter diese unseligen Geschichten zu ziehen?«
    »Gern. Ein Schlussstrich, wunderbar. Darf ich jetzt gehen?«
    »Vielleicht solltest du mal darüber nachdenken, wie schwer es für mich ist, dir hinterherzulaufen, obwohl du mit diesem Idioten zusammen gewesen bist, der dich auch noch hat sitzenlassen. Das sagt doch viel über meine Gefühle für dich aus. Da habe ich wohl mehr verdient als so eine patzige Abfuhr.«
    Nur mit Not konnte Meta den aufwallenden Zorn unter Kontrolle halten. Dabei wäre es eine solche Befriedigung gewesen, Karl einen Schlag in bestimmte Körperregionen zu verpassen. »Das ist also deine

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