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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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hohen Schrei aus, der sich jedoch sogleich in ein siegessicheres Lachen verwandelte. »Da haben wir ja unseren Freund«, sagte sie und wollte blindlings nach Meta greifen, um sie wieder in ihre Gewalt zu bringen. Dabei waren ihre Augen auf die flackernde Silhouette von Davids Schattenwolf gerichtet, so dass sie nicht bemerkte, wie Meta ihren Arm anhob und ihr die Wasserflasche gegen den Hinterkopf schlug. Mit einem Ächzen ging Amelia in die Knie, fing  sich aber erschreckend schnell, wie Meta feststellen musste, während sie sich hinter den Altar flüchtete.
    Als Amelia mit zornesblassem Gesicht auf sie zuhielt, preschte der Wolf vor und versuchte, nach ihr zu schnappen, doch seine Reißzähne glitten durch Amelias Fleisch, ohne eine Spur zu hinterlassen. Er stieß ein verzweifeltes Heulen aus, das kaum mehr als ein fernes Hallen war - er verlor seine Umrisse, löste sich auf, drohte, nicht mehr zu sein, als ein von der Sonne ausgeblichener Schatten.
    Hilflos starrte Meta ihn an. »Kehr zu David zurück«, forderte sie den Wolf auf, der Amelia hinterherlief. Doch er reagierte nicht.
    »Er will dich beschützen, selbst wenn es bedeutet, dass er erlischt«, sagte Amelia. »Ich werde ihm das Gefühl geben, dass seine Heldentat nicht umsonst war.«
    Mit einer geschmeidigen Bewegung sprang Amelia auf den Tisch, um ihrer wieder habhaft zu werden, doch da packte Meta entschlossen den Saum der Pelzdecke und zog mit aller Kraft daran. Amelia verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Meta wollte sie schon bei der Schulter packen und herumreißen, damit sie ihr das Messer entwinden konnte, da bäumte sich Amelias ganzer Leib auf: Beim Fall hatte sie sich die Klinge in ihre eigene Brust gerammt. Als Amelia sie nun mit zitternden Fingern herauszog, sprang eine Fontäne aus Blut hervor. Amelia gab ein Krächzen von sich und sah Meta ungläubig an. Einen Augenblick lang zögerte Meta, dann machte sie kehrt und ließ sich vor dem fast verblassten Schattenwolf nieder. Hinter ihr schnappte Amelia noch ein paarmal nach Luft, dann wurde es still.
    Der Schemen vor ihr war nicht mehr als eine verblasste Ahnung von einem Wolf. Meta verzweifelte schier.Vielleicht war sie in der Lage, den Wolf zu rufen, aber sie konnte ihn nicht wieder fortschicken.Tränen liefen ihr über die Wangen,  als sie ihre Hand ausstreckte und nichts als eine Art Nebel spürte. Also tat sie, was sie konnte, und rief ihn. Einen Moment später drang der Wolf in sie ein, nahm einen Platz in ihrem Inneren ein, der ihr Leben lang nur ihr allein gehört hatte. Meta spürte, wie sich Panik in ihr ausbreitete. Ein Druck baute sich auf, als zerreiße es sie jeden Moment. Bislang hatte sie nur zugelassen, dass der Dämon sie als Pforte benutzte, aber ihn in sich zu tragen, schien ihr unmöglich. Während sich ihre Finger in die Brust gruben, als könnten sie so Platz für den Wolf schaffen, schloss Meta schwer atmend die Augen. Dort, im Dunkeln hinter ihren Lidern bewegte sich etwas. Ein Schatten. Bevor sie begriff, dass es der Wolf war, folgte sie ihm bereits.
    Als sie eintrat, drehte er sich um und lief einige Schritte auf sie zu. Eine stumme Aufforderung, ihm zu folgen. Hier in seinem Reich war sie nicht mehr als ein helles, warm scheinendes Licht. Doch Licht war etwas, das diese unendliche Finsternis nicht kannte. So, wie sie ihn zu sich eingeladen hatte, hatte er sie in seine Welt eingelassen. Nun würde er dafür sorgen, dass sie sich in diesem Reich nicht verlor, selbst wenn er deshalb den Wettlauf gegen die Zeit verlieren sollte.
     

Kapitel 35
Die Arena
    Im Laufe des Morgens hatte sich der Schneefall der letzten Nacht in einen Regenvorhang verwandelt, der die Welt mit einem bleiernen Grau überzog. Die bis vor einigen Stunden noch dichte Schneedecke war bis auf einige schäbige Reste geschmolzen, so dass eine schwärzliche Laubschicht zwischen den weißen Feldern zum Vorschein kam. Die Rinde der Bäume war dunkel vor Feuchtigkeit, während die Äste unbeweglich ihre nackten Finger emporreckten. Irgendwo hinter der undurchdringlichen Wolkenhülle musste die Sonne gerade ihren Zenit überschritten haben, doch es gelang ihr kaum, Kraft zu entfalten. Die Luft trug bereits wieder eine Ahnung von Frost mit sich. Nicht mehr lange, und der Regen würde erneut in dichten Schneefall übergehen.
    Als David die schmiedeeiserne Pforte durchschritt, die in die Mauer des Parks eingelassen war, spielte er kurz mit dem Gedanken, den Wolf zu rufen, damit er erkennen konnte,

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