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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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an welchem Ort Hagen ihn erwartete. Burek, der sich erst aus seinem Versteck hinter dem Sofa hervorgetraut hatte, nachdem Sascha und Maggie das Apartment verlassen hatten, stand mit eingezogener Rute neben ihm. Obwohl alles in David danach drängte voranzugehen, ließ er sich neben dem Hund auf die Knie nieder und kraulte ihn hinter den Ohren.
    »Hey, Burek«, flüsterte er ihm zu. »Du brauchst nicht so zerknirscht zu sein. Ich wäre Jannik an deiner Stelle auch nicht  gefolgt, schließlich macht Sascha den Eindruck, als würde er Hunde gern fressen. Außerdem kann ich ein wenig Hilfe gut gebrauchen. Das ist jetzt viel wichtiger, damit wir beide unseren Kumpel in einem Stück zurückbekommen. Also, wo sind die anderen aus dem Rudel?«
    Zwar sah Burek trotz des Zuspruchs alles andere als glücklich aus, aber er streckte seine Nase in den Wind und fiel in einen leichten Lauf. David folgte ihm, den Blick zu Boden gesenkt, jeden Gedanken an das, was ihm bevorstand, verdrängend. Burek suchte sich einen Pfad zwischen den kahlen Bäumen, umkreiste das stetig dichter werdende Gestrüpp und lief schließlich einen mit Birken bepflanzten Hügel hinauf.
    Mann und Hund waren so sehr in ihren Gang vertieft, dass sie gar nicht bemerkten, wie sich hinter den Bäumen ein zementgraues, flaches Gebäude auftat. Erst als David fast dagegengelaufen wäre, machte er Halt und blickte auf. Doch er begriff nicht recht, womit er es zu tun hatte.Vor ihm ragte die gut drei Meter hohe Mauer eines Gebäudes auf, rundlich geschwungen und ohne irgendeinen Eingang oder auch nur eine Fensterluke. Dafür drang etwas anderes zu ihm durch: ein feines Lärmen. Jemand musste sich im Innern aufhalten, ein aufgeregt rumorendes Publikum. Burek schien etwas Ähnliches durch den Kopf zu gehen, denn er stieß ein leises Wimmern aus.
    David zuckte mit den Schultern und versenkte die Hände in den Jackentaschen. Offensichtlich hatte er sein Ziel erreicht. Also machte er sich auf, das Gebäude zu umrunden.
    Schon bald passierte er einen verwaisten Lieferanteneingang, dessen Zufahrt mit einer verrosteten Kette verriegelt war. Berge verrotteten Laubs sammelten sich in den Ecken und unterstrichen den Anschein des Gebäudes, schon länger in Vergessenheit geraten zu sein. Ein Stück dahinter breitete sich eine kleine Terrasse aus, auf der früher einmal die Tische  eines Cafés gestanden haben mochten. Das Gatter, das ansonsten wohl den gläsernen Vorbau des Gebäudes abschirmte, war mit Gewalt ein Stück beiseitegeschoben worden. Dahinter klaffte eine ungastliche Dunkelheit. Doch anstatt in den Eingang zu schlüpfen, ging David zu einer angrenzenden schulterhohen Mauer hinüber, von der bunte Farbe abblätterte. Trotzdem waren noch die Umrisse eines Delfins zu erkennen, der durch einen roten Reifen sprang.
    Mit einer behänden Bewegung erklomm David die Mauer, hinter der er den Bruchteil einer in den Hügel eingelassenen Arena erkennen konnte. Obwohl Burek zu jaulen anfing, sprang David auf der anderen Seite der Mauer hinab und durchquerte Gestrüpp, bis er die obersten Sitzreihen erreichte, die nicht mehr als in Beton gegossene Treppenstufen waren. Das Herzstück der Arena bildete ein trockengelegter Pool, dessen hellblau getünchter Grund trotz des trüben Lichts leuchtete. Hinter dem Schwimmbecken ragte eine Kuppel auf, welche die Stirnseite des Gebäudes ausmachte. Geschwungene Stahlträger hielten eine mächtige Glasfront, auf der Moos und eine Blätterdecke lagen, so dass man nicht hindurchschauen konnte. Erst auf den zweiten Blick erkannte David, dass das Glas an vielen Stellen geschwärzt war, als habe jemand im Inneren ein Feuer angezündet, das die Scheiben mit Ruß überzogen hatte. Ein schwacher Feuerschein schien durch das Schwarz zu züngeln. Obwohl kaum ein Blick in das Innere der Kuppel möglich war, hatte David die Ahnung, dass diese Arena auf der anderen Seite der Glaswand noch einmal gespiegelt war. Je länger er das verdreckte Glas betrachtete, desto sicherer meinte er, umhereilende Schatten dahinter zu erkennen. Sie suchten sich einen Platz auf den Treppenstufen, ungeduldig auf den Beginn einer Show wartend. In der Mitte des Pools war ein Steg eingelassen, an dem zu jeder Seite eine Öffnung in die Kuppel führte.
    Behutsam stieg David die glitschigen Treppen hinunter, während sich in ihm eine bislang unbekannte Einsamkeit ausbreitete. Vor einigen Tagen noch war sein Leben zum ersten Mal vollkommen gewesen, und dann war ihm Stück für

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