Wintermond
Auch der erwartete Schweißausbruch blieb aus, ebenso wie das Bedürfnis, ihn zu beschimpfen oder einfach weinend auf die Tischplatte niederzusinken. Bisherige Versöhnungen waren stets voller Dramatik gewesen, und Meta war trotz all der erlittenen Demütigungen glücklich gewesen, wenn Karl zu ihr zurückkehrte. Nun fühlte sie sich nur noch in die Ecke gedrängt. »Du schuldest mir keinerlei Rechenschaft, was deine Beziehung mit Reese anbelangt. Schließlich sind wir kein Paar mehr.«
Karls Augenbrauen zogen sich zusammen, und sein sonst so offener Blick wurde misstrauisch. »Dass wir kein Paar mehr sind, wusste ich nicht.«
»Wenn man die eigene Beziehung auf Eis legt und Affären eingeht, führt das in der Regel zwangsläufig zu einer Trennung.« Nun wurde Meta doch heiß. Vor der Überlegung, ob sie Karl die Nacht mit David gestehen musste, hatte sie sich bislang gedrückt - deshalb konnte sie jetzt auf keinen Schlachtplan zurückgreifen. Und das ausgerechnet bei Karl.
Karl schüttelte freudlos lachend den Kopf, dann ließ er sich in den Besuchersessel sinken, die Beine gespreizt, die Arme locker auf die Lehnen gelegt. Eine Zeit lang musterte er Meta eindringlich, und es kostete sie viel Mühe, dem Blick standzuhalten.
»Wie lange sind wir noch einmal zusammen?«, fragte Karl, die Stimme leicht heiser.
»Die Frage sollte wohl besser lauten, was dabei herausgekommen ist«, entgegnete Meta. Sie löste ihre verkrampften Finger von der Tischkante, strich sich das Haar zurecht und legte die Hände dann gegeneinander, ein gut sichtbarer Beweis, dass sie kein bisschen unter Anspannung stand. Zumindest hoffte sie, dass sie so auf Karl wirkte. »Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir uns vielleicht eingestehen sollten, dass da nicht mehr viel zu erwarten ist.«
»Das kann ich so nicht nachvollziehen.« Als Meta ungläubig die Augenbrauen hochzog, hob Karl sogleich beschwichtigend die Hände. »Okay, es mag nicht alles perfekt sein, weil ich gelegentlich aus der Reihe tanze. Aber davon abgesehen, passen wir beide doch großartig zusammen. Meta, wir sind einander in vielen Dingen unglaublich ähnlich.«
»Vielleicht täuschst du dich da. Ich meine, Menschen ändern sich, ändern ihre Wünsche...« Ohne dass sie recht sagen konnte, woran es lag, wurde Meta plötzlich von einer Unruhe befallen, die sie nicht verbergen konnte.
Karl musterte sie eindringlich, wobei sich seine Gesichtszüge zusehends verhärteten. »Auch wenn ich es mir selbst zuzuschreiben habe, so ging es mir in den letzten Wochen sehr schlecht. Ich bin durchaus bereit, an mir zu arbeiten und ein besserer Partner zu werden. Keine Auszeiten mehr, keine eigene Wohnung, wenn du das möchtest.« Er hielt inne, auf eine Reaktion wartend. Als die ausblieb, schlug er mit der flachen Hand auf die Sessellehne. »Vielleicht ist es selbstsüchtig, aber ich denke, dass du es mir schuldig bist, Bescheid zu sagen, wenn jemand anderes meinen Platz eingenommen hat. Schließlich habe ich nicht um eine Auszeit gebeten, weil ich dich nicht mehr liebe.«
Meta blinzelte. Auf ein solches Bekenntnis hatte sie jahrelang gewartet, und nun, da Karl es endlich über seine Lippen brachte, löste es eine Panikattacke bei ihr aus. Sie musste mehrmals schlucken, bevor sie die Sprache wiederfand. »Das, was zwischen uns war, hat dir doch noch nie gereicht.Warum wärst du sonst wohl ständig ausgebrochen?«
»Du drückst dich vor einer Antwort, Meta.« Karl hatte sich im Sessel nach vorn gelehnt, die Hände auf die Knie gestützt, und einen Augenblick lang befürchtete Meta, er könnte vorspringen und sie kräftig durchschütteln.
Schließlich hatte er sich wieder in der Gewalt, auch wenn es ihm sichtliche Mühe bereitete. »Es tut mir leid«, sagte er und versuchte sich an einem Lächeln, das traurig schief geriet. »Ich werde wohl akzeptieren müssen, dass du zurzeit nicht an unsere Beziehung anknüpfen möchtest.Wahrscheinlich habe ich einfach zu viel zerstört. Aber ich denke trotz allem, dass wir wie füreinander geschaffen sind. Darum sollten wir zumindest unsere Freundschaft aufrechterhalten, was denkst du?«
Auf der einen Seite verspürte Meta den starken Wunsch, Karl zu widersprechen, auf der anderen verband sie immer noch etwas mit ihm. »Freundschaft klingt sehr schön«, brachte sie deshalb mühsam hervor.Als sie die Erleichterung auf Karls Gesicht sah, war sie froh über diese Entscheidung.
»Was hältst du davon, wenn wir uns nächste Woche wieder
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