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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Langeweile fast umkam.
    Vielleicht war sie auch unwillig gewesen, weil die Woche viel Spannenderes geboten hatte: Obwohl Eve es ihr am liebsten untersagt hätte, hatte Meta tatsächlich die Malerin aus der Vorstadt angenommen, die sich mit einigen Aquarellen vorgestellt hatte. Verwaschene, nur erahnbare Impressionen von Küstenlandstrichen. Wenn Meta die mittelgroßen Bilder betrachtete, hatte sie das Gefühl, als befände sie sich inmitten eines lichtdurchfluteten Traums.
    Rinzo nannte solche Bilder nur abfällig Postkartenmotive. Diese Art von Malerei widersprach den Grundsätzen der Galerie, Grundsätze, denen Meta begeistert zustimmte, nachdem sie nach dem Studium in einem biederen Auktionshaus gearbeitet hatte. Mittlerweile drängte sich ihr jedoch zunehmend  der Verdacht auf, dass ihr Geschmack nicht ganz so mondän war, wie sie immer geglaubt hatte. Sie entpuppte sich allmählich als Liebhaberin einer schön anzuschauenden Innerlichkeit - allein für dieses Eingeständnis hätte Eve sie vermutlich sofort der Galerie verwiesen. Diese weiß gekachelte Welt war schick, schrill und mehr ein Schlag in die Magengrube als ein in sanfte Töne gefasster Tag am Meer.
    Trotzdem nahm Meta sich der Aquarelle an und fand nach langem Grübeln sogar einen Käufer: einen älteren Herrn namens Mehringer, der alle paar Monate in der Galerie vorbeischaute und sich geistreich über die verschiedensten Motive zu unterhalten wusste. Letztes Jahr hatte Meta ihm eine wunderschöne Marmorbüste vermitteln können. Dabei hatte er ihr mit aller Ausführlichkeit sein Haus an der Küste beschrieben, das er mit seiner gebrechlichen Frau während der warmen Jahreszeit bewohnte. An dieses Haus hatte Meta beim Betrachten der Küstenlandschaften denken müssen, und ihr Gespür hatte sich als richtig erwiesen. Der Herr mit dem schlohweißen Haar war begeistert, und wenn der Verkauf zweier Aquarelle auch nicht gerade ein Vermögen einbrachte, so war Meta doch mehr als zufrieden mit sich.
    Obwohl sie den Verkauf zunächst für sich behalten wollte, hatte Eve an diesem Vormittag überraschenderweise ihre Nase in Rahels Buchhaltungsunterlagen gesteckt.
    »Von diesen Bildern habe ich noch nie etwas gehört. Und wer ist, bitte schön, dieser Ernest Mehringer, der sie gekauft hat?« Bei der Eröffnung des Verhörs kam Eve Meta so nahe, dass diese unweigerlich einen Schritt zurücksetzen musste.
    »Seit wann hast du etwas gegen Geld?«, entgegnete Meta, während sie sich um ein Pokerface bemühte.
    »Die paar Kröten? Die stehen doch wohl kaum in Relation zu dem Imageschaden, der entstehen würde, wenn unsere Klientel erfährt, dass wir solche Albernheiten vertreten.«
    »Also weißt du doch, um welche Bilder es sich handelt.« Langsam gewann Meta ihre Selbstsicherheit zurück, und mit ihr breitete sich Ärger über Eves anmaßendes Verhalten aus. »Was soll dieses scheinheilige Getue, da du doch offensichtlich die Verkaufliste durchgegangen bist?«
    Eve biss sich auf die Unterlippe, als wolle sie sich für ihre Unbesonnenheit bestrafen. Aber so leicht ließ sie sich nicht unterkriegen. »Noch habe ich nicht mit Rinzo über deine neue Affinität zu Kitsch gesprochen …«, setzte Eve an, um sofort von Meta unterbrochen zu werden.
    »Komm mir ja nicht mit einem Erpressungsversuch, Eve! Ich glaube, du vergisst, dass ich diese Galerie zusammen mit Rinzo ins Leben gerufen habe und dein Job in erster Linie darin besteht, die Laufkundschaft zu betreuen. Es tut mir leid, dich daran erinnern zu müssen, aber allmählich habe ich diese seltsamen Spielchen satt, auf die du dich in der letzten Zeit verlegt hast.«
    »So was...«, brachte Eve atemlos hervor, doch anscheinend wusste sie nicht, was nun folgen sollte. Auf ihren Wangen hatten sich hektische Flecken ausgebreitet, ihre Lippen zuckten. »Dieser Hinweis auf meine Tätigkeit war ja wohl überflüssig«, stieß sie schließlich hervor.
    »Tatsächlich? Ich hatte den Eindruck, als hättest du es vergessen.« Mit einem Mal war Meta die Auseinandersetzung leid, und die Tatsache, Eve in ihre Schranken verwiesen zu haben, bescherte ihr kein Hochgefühl. »Du brauchst dir nicht die Mühe zu machen und bei Rinzo Bericht zu erstatten. Ich werde selbst mit ihm die Sparte besprechen, die ich eröffnet habe. Tut mir leid, dass du künftig gezwungen sein wirst, Kitsch zu verkaufen.«
    Danach hatte Eve auffallend früh die Galerie verlassen, während bei Meta ein schaler Nachgeschmack zurückblieb, erzeugt von dem

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