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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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beschreiben. Er war viel mehr als etwa das kribbelnde Aroma von Eisenkraut oder der betörende Duft eines erregten Mannes. Seine Wirkung auf Metas Sinne war vielschichtiger, als könne sie ihn zugleich auch schmecken und spüren.
    Ohne sich dagegen wehren zu können, strahlte Meta den Mann vor sich glücklich an. David trat einen Schritt zurück und musterte sie verhalten. Unterhalb seines Kinns leuchtete eine halbmondförmige, grellrote Wunde auf.
    Kein Lächeln, stellte Meta enttäuscht fest. Nein, David wirkte gar nicht so, als könne er diesem Zufallstreffen etwas abgewinnen. Er wirkte angespannt, fast ein wenig verärgert.
    »Wer hätte das gedacht?«, setzte Meta zögerlich an und wusste dann nicht, was sie weiter sagen sollte.
    »Ja, so was«, sagte David gedehnt und blickte ausweichend nach unten.
    »Hattest du hier in der Gegend zu tun?« Was für eine idiotische Frage, schalt sich Meta in dem Moment, als sie die Worte aussprach.
    »Etwas in der Art.« David wischte sich mit der Hand über den Mund, die Augen immer noch gesenkt. »Das hier ist mein Revier«, fügte er schließlich an.
    Bevor Meta über den ungewöhnlichen Ausdruck Revier  stolpern konnte, lächelte David sie an. Es war, als hätte er seine distanzierte Haltung abgestreift wie eine Schlangenhaut. Darunter kam etwas zum Vorschein, das sie bislang lediglich erahnt hatte: eine natürliche Selbstsicherheit, die zu seinem anziehenden Duft passte.
    Ohne sich dessen bewusst zu sein, ließ Meta den Kragen ihres Trenchcoats los und fuhr mit der Hand über die plötzlich erhitzte Haut ihres Halses. Unter ihren Fingerspitzen spürte sie ihren Puls rasen.
    David beugte sich vor und strich ihr langsam eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann ließ er die Hand wieder sinken. »Es wird gleich anfangen zu regnen«, sagte er ruhig, machte aber keinerlei Anstalten, sich in Bewegung zu setzen.
    Meta konnte nur dastehen und ihn mit allen Sinnen wahrnehmen. Für den kalten Wind oder den heraufziehenden Regen hatte sie keinen einzigen Gedanken mehr übrig. Sie wollte nur, dass David die Distanz überwand, damit sie ihn endlich wieder spüren konnte.
    Erste Regentropfen fielen ihr ins Gesicht. David drehte den Kopf zur Seite, als hielte er nach einem Unterschlupf Ausschau oder sogar nach einem Taxi, das sie nach Hause bringen konnte.
    Entschlossen machte Meta einen Schritt auf ihn zu und schlang die Arme um seinen Hals. Eine hilflose Geste, und doch … Sie glaubte, elektrisiert zu werden, als das kurze Haar in seinem Nacken ihre Handfläche kitzelte.
    Augenblicklich hob David seine Arme an und packte sie bei den Handgelenken. Er warf ihr einen gereizten Blick zu, seine dunklen Augenbrauen fuhren dicht zusammen, als sich eine senkrechte Falte mitten auf der Stirn eingrub. Aber er zwang sie nicht, die Umarmung aufzugeben.
    »David«, flüsterte Meta und wusste nicht, was ihr mehr Angst einjagte: die Vorstellung, dass er sie zurückweisen oder die, dass er ihr Verlangen erwidern könnte.
    Dann umarmte er sie mit einer solchen Wucht, dass sie vor Schrecken aufstöhnte. Doch nur kurz, denn schon lagen seine Lippen auf ihrem Mund. Ihre Hände ließen seinen Nacken los und krallten sich durch das Leder hindurch in seine Oberarme, damit sie seinem Ansturm standhalten konnte. Davids Hände glitten über ihre Hüften, umfassten ihren Hintern, und er zog sie noch näher an sich heran.
    Über ihnen erklang ein tiefes Grollen, und mit einem Mal  ging ein Regenschauer nieder. David hielt in seinem Kuss inne, blickte kurz auf, dann drängte er Meta ein paar Schritte zurück, bis sie Mauerwerk im Rücken spürte. Die Schnelligkeit und die Kraft, die aus seinen Bewegungen sprach, entlockten ihr ein überraschtes Blinzeln.
    Der Ausdruck auf seinem Gesicht war konzentriert, während er eine geschlossene Haustür fixierte. Bevor Meta noch ein »Nicht« herausbringen konnte, verpasste David der Haustür einen festen Schlag, woraufhin diese mit einem Knall aufsprang und gegen die Wand schlug. Der herausragende Bolzen des Schlosses sah verbogen aus, die Oberfläche eingedellt.
    Meta durchzuckte ein Energiestoß, als wäre sie einem leichten Stromschlag ausgesetzt gewesen. Er hinterließ ein Kribbeln auf ihrer Haut, das sich aufregend und beängstigend zugleich anfühlte.
    Aber noch etwas anderes beunruhigte sie. Sie glaubte nämlich, etwas gesehen zu haben, das schlicht und ergreifend nicht sein konnte: Als David mit der flachen Hand gegen die Tür geschlagen hatte, war seiner

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