Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
Vom Netzwerk:
aufleuchten ließ. Gestern Nacht hatte der Wolf ihn geweckt, indem er ihn im Nacken gepackt hatte. Es war wegen Meta gewesen … Sie hatte etwas von ihm gewollt …
    Langsam kehrte auch die Erinnerung an den letzten Abend zurück, und David biss sich auf die Unterlippe, als er sich der neugierigen Blicke - dieser stummen Herausforderung - entsann. Zuvor hatte er sich unvermittelt vor Metas Wohnungstür wiedergefunden. Keine bewusste Entscheidung hatte ihn hierhergeführt, vielmehr hatte ihn etwas kaum Greifbares geleitet. Er hatte es jedoch nicht infrage gestellt, denn er war so müde und verzweifelt gewesen, dass die Umgebung, die Metas ganzes Wesen atmete, ihm wie eine Erlösung vorgekommen war. Darum hatte er auch nicht gezögert einzutreten, als eine fremde Frau ihm die Tür geöffnet hatte. Dass er Meta mit seinem spontanen Besuch in eine unangenehme Situation bringen könnte, war ihm gar nicht in den Sinn gekommen. Die Anwesenheit ihrer Gäste hatte er kaum registriert. In Metas Nähe zu sein, war ihm hingegen wie eine Befreiung vorgekommen, als habe er nach Tagen des Umherirrens endlich einen Hafen gefunden.
    Nun, am Morgen nach seinem gedankenlosen Auftritt, ausgeschlafen und einigermaßen Herr seiner Sinne, wurde ihm bewusst, dass ihre Freunde von seinem Verhalten sicherlich nicht angetan gewesen waren - um zu diesem Schluss zu kommen, brauchte es nicht viel Fantasie. Trotzdem hatte ihn Meta bei sich behalten und sogar an seiner Seite geschlafen.
    Dieser Gedanke verlieh David ausreichend Kraft, um aus dem Bett zu steigen. Er sah sich nach seinem T-Shirt um, konnte es aber nirgendwo finden. Stattdessen entdeckte er sein Bild, derart an die Wand gelehnt, dass man es vom Bett aus betrachten konnte. Erneut schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht, und als er es hinter der Hand verstecken wollte, berührten seine Fingerspitzen sprödes Barthaar.Was er brauchte, war nicht sein verdrecktes T-Shirt, sondern eine Dusche und eine Rasierklinge. Er sah sich im angrenzenden Bad um  und fand beides neben jeder Menge Handtücher und einem Herrenbademantel, der ihn vom Duft her an den aufgebrachten Mann erinnerte, der so besitzergreifend seine Hand auf Metas Schulter gelegt hatte.
    Als David später mit einem Handtuch um die Hüften - er hatte es einfach nicht über sich bringen können, in den Bademantel zu schlüpfen - und frisch rasiert in den Flur trat, kam ihm sogleich eine zurückhaltend lächelnde Meta entgegen. Ein Reif hielt ihr das Haar aus dem Gesicht, und sie trug ein schlichtes Leinenkleid, das von einem breiten Ledergürtel zusammengehalten wurde. Ihre Füße steckten in Filzschlappen. Unwillkürlich musste David grinsen - das war so gar nicht die Meta, wie er sie bislang kennengelernt hatte. Und doch war dieser Anblick erstaunlich stimmig und passte zu dem liebevoll eingerichteten Schlafzimmer.
    Sie bemerkte seinen Blick und wich ihm nicht aus. »Guten Morgen.War dir der Bademantel zu klein, oder möchtest du einfach nur mit deinem wohlgeformten Oberkörper angeben?«
    »Beides«, antwortete David und folgte ihr in die Küche. Auf dem Tisch war mit kunstvollem Porzellan bereits fürs Frühstück eingedeckt: frischer Orangensaft und Kaffee, Croissants, Marmelade und Honig, ein Teller mit Obst.
    David kam dicht hinter Meta zum Stehen und fühlte sich versucht, wenn schon nicht ihre Taille zu umschlingen, so doch wenigstens kurz seine Finger über ihre Arme gleiten zu lassen.Aber er zögerte.Vielleicht verstand sie ihn falsch, würde es als eine Aufforderung zu mehr betrachten. Und sosehr es ihn auch selbst überraschte: An diesem Morgen wollte er einfach nur mit ihr beim Frühstück sitzen und sich ein wenig unterhalten. Denn seit der letzten Nacht hatte sich ein Gefühl von Vertrautheit ausgebreitet, das sich vollkommen richtig anfühlte.
    »Ich hoffe, du gehörst nicht zu den Männern, die morgens schon ein halbes Tier aufessen können«, sagte Meta, während sie auf den Herd zuschritt, um dort Eier in die Pfanne zu schlagen. »Mehr hat mein Kühlschrank nämlich nicht zu bieten.«
    Obwohl Davids Magen sich so leer anfühlte, dass er gleich anfangen würde, sich selbst zu vertilgen, lachte er leise und sagte: »Nein, das sieht alles sehr lecker aus. Ich weiß wirklich nicht, wann ich das letzte Mal vor einem gedeckten Frühstückstisch gesessen habe.«
    Trotz des Kompliments inspizierte Meta die Küchenschränke, während sie zugleich in der Pfanne rührte. »Sonst habe ich noch eine Dose Baked Beans zu

Weitere Kostenlose Bücher