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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Großteil des Parks aus - ein vergessenes Wildgehege mitten in der Großstadt.
    Eigentlich sollte man meinen, dass sich die beiden mächtigen Rudel der Stadt um diesen verwilderten Flecken Erde rissen, aber tatsächlich überließen sie Maggie den Park nur allzu gerne. Während er noch darüber nachdachte, meldete sich der Wolf, der sich den ganzen Morgen über still verhalten hatte, und versuchte eindringlich, durch Davids Augen auf die aus Astwerk und Schatten bestehende Welt zu blicken. Da begriff David, dass das Desinteresse an dem Park an den Anführern lag: Sowohl Hagen als auch Sascha bevorzugten die Jagd, die für Stärke und Macht stand. Dafür brauchten sie die Stadt. Jeder Anführer, der seine Schar wie eine Horde williger Untergebener leitete, brauchte die Stadt.
    Die Erde duftete schwer nach dem nächtlichen Regenschauer. Und auch von dem gefallenen Laub ging ein würziger Geruch aus, der jedoch nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass hinter den alten Eichen etwas Gefährliches lauerte.
    Ein Rudel kann man genauso schwer wechseln wie seine Familie, hieß es. David hatte bereits seine Mutter und zwei Geschwister hinter sich gelassen, als seine Kindheit sich dem  Ende zugeneigt und der Wolf sein Recht geltend gemacht hatte. Außerdem hatte er einen Ziehvater verloren, der ihm zwar vieles angetan, aber auch etwas geschenkt hatte. Nun hatte er mit seinem Rudel gebrochen.Trotzdem fühlte er sich zum ersten Mal in seinem Leben nicht wie ein von allen Bindungen losgerissener Niemand, der unfähig war, eigene Entscheidungen zu treffen. Er wusste genau, was er wollte, und er würde es durchsetzen, ganz gleich, was Maggie davon halten mochte. Nur der nagende Gedanke, dass Meta entdecken könnte, was er wirklich war, machte ihm zu schaffen. Doch jedes Mal, wenn dieser verstörende Gedanke Form annahm, vernahm David in sich ein beruhigendes Grummeln, als gäbe der Wolf ihm das Versprechen, dass dies nicht geschehen würde. Und unbegreiflicherweise glaubte David ihm.
    Die wartenden Gestalten, die hinter einem eingefallenen Pavillon saßen, hatte David bereits bemerkt, bevor er ihrer ansichtig wurde. Die Macht des Wolfes war mit Mathols Tod zwar größer geworden, aber David war noch nicht richtig in der Lage, mit den neuen Gaben umzugehen. Deshalb konnte er aus den Spuren, die der Wolf wahrnahm, keine rechten Schlüsse ziehen. Er spürte bei den verborgenen Rudelmitgliedern lediglich eine aggressive Form von Anspannung, die von einem stärkeren Willen im Zaum gehalten wurde.
    Als er um die Ecke trat, stieß eine junge Frau mit stacheligem Kurzhaarschnitt vor Überraschung einen Schrei aus. Doch sie entspannte sich augenblicklich wieder, als ihr Begleiter sich ohne Hast erhob. Da ihr Wolf nur eine schwache Präsenz - ähnlich wie bei Jannik - aufwies, richtete David seine Aufmerksamkeit auf den massigen Mann, der nun reglos dastand. Er erkannte in dem stoischen Gesicht Maggies Gefährten aus dem Bistro wieder: Anton. Dem bereitete Davids unvermittelter Auftritt anscheinend nur wenig Sorge.
    Ein wenig abseits stand ein Mann, der ungefähr in Davids Alter sein mochte. Von der Statur her eher unscheinbar, in dunkle Stoffe gekleidet - aber all dies täuschte nicht darüber hinweg, dass er der Quell jener Angriffslust war, die David ausgemacht hatte. Das halblange Haar hing ihm ins Gesicht, schien ihn jedoch nicht daran zu hindern, David gründlich zu mustern. Etwas zu gründlich, fand Davids Wolf und meldete sich mit einem Scharren an den inneren Grenzen. Einen Augenblick lang fühlte David sich versucht, dem Drängen des Wolfes nachzugeben, aber er riss sich zusammen. Er hatte sich noch nie viel aus diesem albernen Kräftemessen gemacht, und er würde bestimmt nicht ausgerechnet jetzt damit anfangen.
    »Mein Sohn Tillmann«, erklang Maggies Stimme direkt hinter ihm, so dass er erschrocken herumfuhr und beim Anblick der Rudelführerin einige Schritte zurückstolperte. »Es freut mich, dass du dich dagegen entschlossen hast, ihn zur Begrüßung anzufallen.«
    Einen Moment lang presste David den Handrücken gegen seine Lippen, dann setzte er ein brüchiges Lächeln auf. »Hallo, Maggie. Das ist ja wirklich eine vorbildliche Einkreisung, wie aus dem Lehrbuch.« Dabei fand er die Tatsache, in eine Falle getappt zu sein, wenig belustigend.
    »Wenn ich geahnt hätte, wie sehr der Wolf in dir zu Kräften gekommen ist, dann hätte ich dich in eine unserer Erdgruben getrieben.« Auch Maggie sah nicht so aus, als stimme ihr

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