Wintermond
Treffen sie froh. Auf bedrohliche Weise übertrug sich ihre Stimmung auf ihre Begleiter. David konnte spüren, wie sich die Anspannung in ihren Körpern aufbaute. Nicht einmal Anton schien sich diesem Zugzwang widersetzen zu können, obwohl er erst zum Handeln neigte, wenn es sich wirklich nicht mehr vermeiden ließ.
»Es wundert mich, dass Hagen dich hat gehen lassen«, fuhr Maggie fort. »Es kräftigt den Wolf unendlich mehr, jemand Ranghöheres zu schlagen, als menschliche Beute zu reißen. Hagen sollte das eigentlich wissen, schließlich verdankt er dieser Tatsache seinen Rang als Anführer.«
Maggie war eine außergewöhnlich große Frau, auch wenn sie nicht Davids Höhe erreichte. Dabei war sie hager und schmal gebaut. Doch das täuschte nicht über die Macht hinweg, die sie ausstrahlte. Zu seinem Erstaunen nahm David diese Präsenz mehr als je zuvor wahr. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, dass sie eine geborene Anführerin war und weder er noch sein Wolf den geringsten Zweifel an ihrem Anspruch hegten - ganz anders als bei Hagen.Vielleicht lag das auch daran, dass Maggie es nicht nötig hatte, immerzu auf ihre Überlegenheit hinzuweisen.
»Wem aus Hagens Garde hast du denn den Garaus gemacht, dass du nun in der Lage bist, dich und deinen Wolf vor Anton zu verbergen?«, fragte Maggie, während sie einfach nur dastand, die Hände in den Manteltaschen verborgen.
David konnte spüren, wie sie sich auf seine Gedanken konzentrierte, aber erstaunlicherweise gelang es ihm, sie abzuweisen.
Maggie gab ein frustriertes Schnaufen von sich, in das Tillmann einstimmte, um sogleich wieder zu verstummen. Als David keine Anstalten machte zu antworten, sagte sie schließlich: »Ich hoffe, es war Mathol, dieses ausgemachte Arschloch. Passt Hagen vielleicht sogar ganz gut in den Kram, dass er dieses Schwein endlich los ist. Wenn man den Gerüchten glauben darf, hat Mathol eine zu große Befriedigung beim Vergießen von Blut empfunden. Dieses hemmungslose Vergnügen steht in eurem Verein doch einzig und allein dem König zu.«
»Da weißt du mehr als ich«, erwiderte David. Er ärgerte sich ein wenig darüber, dass er vor Schrecken um die eigene Achse gewirbelt war und nun nur Maggie sehen konnte. Zwar spürte er dank des Wolfes die drei anderen in seinem Rücken, aber es wäre ihm trotzdem lieber gewesen, wenn er auch sie hätte sehen können. Allerdings verriet ihm Maggies konzentrierter Ausdruck, dass sie ihm im Augenblick keine Positionsänderung durchgehen lassen würde. Unter anderen Umständen hätte David es bestimmt schmeichelhaft gefunden, dass sie ihn für einen ernstzunehmenden Gegner hielt, nur heute erschwerte es seine Position ungemein.
»Nun, es muss eine Erklärung dafür geben, dass Hagen dich hat ziehen lassen«, fuhr Maggie fort.
»Vielleicht hat er mich einfach nur nicht zurückhalten können.« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, bereute David sie. »Oder es ist der Beweis dafür, dass ich ihm nicht wichtig genug bin«, versuchte er, den Fauxpas auszubügeln, aber es war zu spät.
Maggie nickte nachdenklich. »Ich befürchte, wir haben ein Problem, David.«
»Ich habe nicht im Geringsten vor, dir Probleme zu bereiten, Maggie.« Um sie zu beschwichtigen, trat David einen Schritt auf die rothaarige Frau zu, nur um gegen eine unsichtbare Wand zu laufen. Maggies Wolf hatte mit einer solchen Geschwindigkeit eine mentale Reviergrenze gezogen, dass Davids Gliedmaßen wie nach einem Stromschlag kribbelten. Er setzte einen Schritt zurück und schüttelte die Hände aus, betreten über die Zurückweisung. Allerdings war dieses drastische Mittel der beste Beweis dafür, dass Maggie ihn tatsächlich als ernstzunehmenden Gegner einschätzte. Schlechter hätte es für ihn nicht kommen können, denn warum sollte Maggie einen starken Wolfsdämon in ihrem Reich dulden, der sich ihr nicht anschließen wollte? Es dürfte ausgesprochen schwierig sein, sie davon zu überzeugen, dass er keine Schwierigkeiten machen würde, einfach nur aus dem Grund, weil er es konnte.
»Ich weiß nicht richtig, wie ich es dir erklären soll, Maggie. Aber ich kann auf keinen Fall so weitermachen wie bisher. In einem Rudel leben, mich unterordnen, so tun, als wenn es nichts anderes als die Wünsche dieses Dämons für mich gäbe... Ich bin mit einem ganz simplen Plan im Kopf zu dir gekommen: Ich suche mir eine Bleibe und einen Job und werde mich fortan wie ein völlig normaler Mensch benehmen«, erklärte David mit
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