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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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wenn auch leicht überdrehtes Naturell hatte sie überzeugt, da die Atmosphäre in der Galerie dringend einen Ausgleich zu Eves versnobter Art gebrauchen konnte. Außerdem hatte sie rasch seine offene Haltung sowohl gegenüber Kunst als auch gegenüber der Käuferklientel zu schätzen gelernt.
    Camille dagegen, deren Küstenaquarelle Meta vor kurzem verkauft hatte, war eine dieser nüchtern veranlagten Menschen, an denen Charme aus Prinzip abprallt. Anstatt auf Sols Gezirpe einzugehen, erwiderte sie schlicht, dass sie das Wetter auch angenehm fand und gern einen Kaffee trinken würde. Daraufhin faltete Sol die Hände und lächelte einen Moment lang eisern weiter: »Kaffee - eine sehr schöne Wahl.«
    »Ein netter Junge«, bemerkte Camille, ohne eine Miene zu verziehen. Trotzdem meinte Meta, einen amüsierten Unterton herauszuhören. Zwar war es äußerst schwierig, in Camilles neutraler Art verschiedene Schattierungen auszumachen, doch Meta glaubte, dass sich da eine rabenschwarze Färbung erkennen ließ. Diese ältere Frau mit ihren weichen Körperrundungen und dem praktischen Kurzhaarschnitt verfügte über einen äußerst trockenen Humor.
    Nachdem sie einen Rundgang durch die Galerie gemacht hatten, zogen sie sich in Metas Büro zurück, um eine größere Zusammenstellung von Camilles Arbeiten zu besprechen. Auf dem Weg zur Kaffeemaschine, wo Meta Nachschub holen wollte, trat Rahel an ihre Seite und schenkte ihr ein Lächeln.
    »Ich wollte nur einmal hören, wie die Einladung gestern gelaufen ist. Bist du wieder im Liebesrausch mit Karl?«
    Seit dem Abend, an dem sie sich gemeinschaftlich auf dem Küchensofa einen Schwips angetrunken und Geheimnisse ausgetauscht hatten, hatte Meta Rahel fast nur im Vorbeilaufen gesehen. Die letzten Tage waren hektisch gewesen: Meta hatte neben den normalen Geschäftsaufgaben auch die Dinnerparty vorbereiten müssen, während Rahel auf den Glockenschlag zu ihren Theaterproben verschwunden war, da man auf die Premiere zusteuerte. Wenn sie trotzdem die Gelegenheit gefunden hatten, ein paar Sätze auszutauschen, war Rahel so freundlich wie immer gewesen.Trotzdem hatte Meta das Gefühl, dass sich seit jenem Abend etwas verändert hatte. Entgegen ihrer sonstigen Art war Rahel mit einem Mal seltsam  zurückhaltend, was auch durch ihre direkt formulierte Frage nach Karl nicht überspielt werden konnte.
    »Ach, Karl …«, fing Meta an und wusste dann nicht, wie sie fortfahren sollte. Seit dieser Mann letzte Nacht ihre Wohnung verlassen hatte, hatte sie keinen weiteren Gedanken an ihn verschwendet. All ihre Sinne waren viel zu sehr mit einem anderen Exemplar seines Geschlechts beschäftigt gewesen. Allerdings waren es tatsächlich nur ihre Sinne, die um David kreisten, da Meta sich jeden vernunftgeleiteten Gedanken verbot.Wenn sie anfing, über die gestrigen Geschehnisse nachzudenken, würde sie vermutlich den Tag nicht überstehen und vielleicht am Abend nicht den Weg zurück in ihre Wohnung finden, wo David sie zu einem Gespräch erwartete. Ein Gespräch, das um blutbespritzte T-Shirts und die Frage, wie es nun mit ihnen weitergehen sollte, kreisen würde. Mit einem Anflug von Panik konzentrierte sich Meta wieder auf Rahel. »Karl hat wohl endgültig begriffen, dass ich an einer aufgewärmten Beziehung nicht interessiert bin. Daraufhin hat er schlagartig sein Interesse an einer Freundschaft verloren.«
    Rahel versuchte, ihr Lächeln aufrechtzuerhalten, doch es misslang ihr. »Wenn ich Karl richtig einschätze, hat es wohl einer ordentlichen Demonstration bedurft, um ihm klarzumachen, dass seine Chancen mau aussehen?«, fragte sie langsam, als wäre sie sich unsicher, ob sie die Antwort überhaupt hören wollte.
    »Ja, da hast du Recht. Aber das ist eine schwierige Geschichte, und ich muss jetzt wirklich wieder zurück zu meinem Besuch.« Meta hoffte inständig, dass ihre rot verfärbten Wangen sie nicht verrieten. Seit sie sich dazu hatte hinreißen lassen, Rahel von diesem eingebildeten Schatten zu erzählen, der angeblich aus Davids Fingerspitzen gekommen war, fühlte sie sich jedes Mal verunsichert, wenn sie Rahel sah.Vermutlich auch ein Grund, warum sie kaum miteinander gesprochen hatten.
    »Gut, wie du meinst«, sagte Rahel.Trotzdem hielt sie Meta am Ellbogen fest, als diese sich zum Gehen wenden wollte. »Meta, das klingt jetzt bestimmt ein wenig schräg, aber wenn dieser David wieder bei dir auftauchen sollte, dann sag mir bitte Bescheid. Nicht, dass ich dir Angst machen will,

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