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Wintermord

Wintermord

Titel: Wintermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Ceder
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kurze Nachricht aufs Band, schickte drei Küsschen hinterher und machte sich auf den Weg.
    Als sie sich in Brunnsparken durch das Chaos von Straßenbahnen, Fahrradfahrern und Fußgängern schlängelte, rief Karlberg an, um ihr mitzuteilen, dass das Heim sich noch einmal gemeldet hat. Man ließ ihr ausrichten, dass Susanne Jensen nicht mehr da sei. Auch die Heimleiterin konnte sich keinen rechten Reim darauf machen – entweder war Susanne noch einmal losgegangen, um etwas zu erledigen, und würde bald wieder da sein, oder sie hatte Wind davon bekommen, dass die Polizei sie suchte.
    Karin Beckman beschloss, trotzdem hinzufahren. Das Amtsgericht war schon zu sehen, und direkt dahinter lag die Herberge. Wenn sie Susanne Jensen verpasste, konnte sie zumindest mit dem Personal reden.
    Um diese Zeit war in dem langen Korridor jede Menge los. Mit Karin Beckman trafen zwei Frauen ein, die ihre Schuhe, Jacken und Taschen mit geübten Handgriffen in die abschließbaren Spinde an der Wand verfrachteten. Die Schlüssel waren mit Bändern versehen, wie im Schwimmbad. Als Nächstes mussten sie sich in ein Buch eintragen, das aufgeschlagen neben einer jungen Frau mit dünnem Haar lag. Sie begrüßte die Übernachtungsgäste und sprach die meisten mit Namen an. Anscheinend hatten sie viele Stammgäste.
    Eine ältere Frau mit dunklem Dutt, die gerade ihren giftgrünen Schal abnahm, kam ihr bekannt vor, auch wenn sie sie nicht sofort einordnen konnte. Doch dann fiel es ihr wieder ein: eine Fernsehdiskussion über die neuen Prostitutionsgesetze. Die Frau hatte sich als Sprachrohr für alle Prostituierten, obdachlosen und drogensüchtigen Frauen vorgestellt und wütend behauptet, dass man die Mädchen mit diesem Prostitutionsgesetz in den Untergrund zwinge. Karin Beckman erinnerte sich nur noch, wie sie gestaunt hatte, dass diese imposante Frau zu der Gesellschaftsschicht gehörte, die man als Abschaum bezeichnete.
    Sie merkte, dass niemand ihren Blick erwidern mochte, und vermutete, dass man sie wie immer gleich als Polizistin identifiziert hatte.
    Als sie sich vorstellen wollte, sagte die Frau mit den dünnen Haaren: »Sie müssen sich eintragen.«
    Einen Moment war sie sprachlos. Kindischerweise bekam sie Lust, sich zu beschweren, dann wurde ihr aber klar, wie kränkend es für die anderen Frauen gewesen wäre. Also wies sie sich diskret aus.
    Das Mädchen errötete bis über beide Ohren, fing sich aber schnell wieder. »Margareta hat schon gesagt, dass sie kommen. Ich bring Sie zu ihr.«
    Sie führte sie verlegen durch einen Korridor. In der alten Prunkvilla, in der das Obdachlosenheim untergebracht war, hatte dieser Flur offensichtlich als Verbindungsgang zwischen Küche und Speisesaal gedient.
    »Das sind ja tolle Räumlichkeiten«, überspielte Karin Beckman das peinliche Schweigen.
    »Allerdings. Es sind eigentlich zwei riesige Wohnungen. Wir haben sie zusammengelegt und teilweise umgebaut, aber versucht, den alten Charme nicht zu zerstören.«
    Wir , dachte Karin – das Mädchen konnte doch keinen Tag älter als fünfundzwanzig sein.
    »Arbeiten Sie schon lange hier?«
    Das Mädchen, auf dessen Namensschild »Sandra« stand, blieb vor einer Tür stehen. Ein rotes Lämpchen leuchtete als Besetzt-Zeichen.
    »Anderthalb Jahre, seit meinem Studienabschluss. Hier kommen jeden Abend so viele Menschen, dass ich mir unmöglich alle Gesichter merken kann. Natürlich hab ich gleich gesehen, dass Sie keine ...«
    »Schon gut«, fiel ihr Karin Beckman ins Wort. »Haben Sie in der Zeit, in der Sie hier arbeiten, schon mal Sussie getroffen – Susanne Pilgren, beziehungsweise Jensen?«
    »Eine Susanne Jensen haben wir hier, ja. Phasenweise schläft sie ein, zwei Nächte pro Woche bei uns. Dann bleibt sie eine ganze Weile weg und taucht irgendwann wieder auf.«
    »Was für einen Eindruck haben Sie von ihr?«
    »Von ihr als Mensch, meinen Sie? Na ja, meistens wissen wir nicht besonders viel über die Frauen, die hier wohnen, es gehört auch nicht zu unseren Aufgaben, nachzuhaken. Und Sussie gehört bestimmt nicht zu den Gesprächigen. Die kommt her, schläft und geht am frühen Morgen wieder. Aber Sie hat noch nie Ärger gemacht, wenn Sie das meinen.«
    »Kommt sie immer allein? Wie ist sie so?«, fragte Karin Beckman.
    Hinter der geschlossenen Tür hörte man Margareta Skåner plötzlich laut werden, dann war es ganz still. Als hätte sie einem Anrufer den Kopf zurechtgerückt und dann abrupt aufgelegt.
    »Ja, sie kommt allein. Und – Sie

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