Wintermord
korpulenten Körper angetan hatte.
Als Karlberg kräftig auf den Tisch klopfte, fuhr er zusammen. »Wir haben ein Reifenmodell gefunden, zu dem die Abdrücke passen. Außerdem hat sich herausgestellt, dass einer der Reifen eine auffällige Verschleißerscheinung aufweist, die uns bei unserer Arbeit weiterhelfen könnte.«
»Wenn wir den Mörder gefunden haben, meinst du? Und sein Auto?«
»Alter Spielverderber. Wo ist Tell überhaupt?«
»Das weiß keiner so genau. Aber ich glaube, er ist auf dem Weg hierher. Und ich bin auf dem Weg nach draußen.«
»Okay. Bis später.«
»Hey, warte mal«, rief Bärneflod Karlberg zurück. »Kommst du mit? Ich muss zu Edell.«
»Wie? Wollen sie ihn wieder ausbuddeln?«
»Zu seinem jüngeren Bruder, du Blödmann.«
Sie hatten ihren Besuch nicht telefonisch angekündigt. Als sie auf den Hof kamen, sah es erst so aus, als hätten sie Pech. Nirgends brannte Licht, und in der Auffahrt stand kein Auto.
Die beiden Polizisten wollten gerade gehen, als ein Fenster im Erdgeschoss geöffnet wurde und sich ein Schwall Wasser ins gefrorene Beet ergoss.
»Oh, Entschuldigung. Ich wusste nicht, dass da jemand steht.«
Die Stimme gehörte zu einer Frau, bei der es sich wahrscheinlich um Gertrud Edell handelte, Reino Edells Frau.
Bärneflod und Karlberg halfen ihr aus der Verlegenheit und baten sich selbst ins Haus, nachdem sie sich die Schuhe gründlich abgestreift hatten. Sie bekamen Kaffee mit Keksen und dazu einen nicht abreißenden Strom von Entschuldigungen.
Gertrud Edell wirkte nervös. Ihr Mann war nicht zu Hause, wie sie mehrmals wiederholte, und man spürte, wie unwohl sie sich in dieser Situation fühlte. Sie mochte sich nicht einmal setzen. Stattdessen rannte sie durch die Küche und fing allerlei sinnlose Unternehmungen an. Sie wischte einen Fleck von der Spüle und schob ein Tischtuch ein paar Millimeter weiter nach links. Goss Kaffee nach, obwohl ihre Tassen noch fast voll waren. Die Erklärung dafür ließ sich sicher am einfachsten finden, bevor Reino nach Hause kam, dachte Bärneflod. Er hatte das Gefühl, dass diese Frau nach Möglichkeit ihren Mann für sich reden ließ.
Bärneflod lächelte ihr liebenswürdig zu und deutete ziemlich bestimmt auf den Stuhl gegenüber. Das war eine Aufforderung, der sie sich nicht entziehen konnte, also setzte sie sich auf den vordersten Rand.
Bärneflod beschloss, nicht länger um den heißen Brei herumzureden. »Was für ein Verhältnis hatte Ihr Mann zu Lise-Lott Edell und Lars Waltz?«
Gertrud Edell schaute auf ihre Hände, die genauso rotfleckig waren wie Gesicht und Hals. Sie drehte an ihrem Ehering.
»Na?«
»Warum fragen Sie, wenn Sie es doch schon wissen?«
Trotzig sah sie auf.
»Waltz hat Ihren Mann dreimal wegen Bedrohung angezeigt. Das wissen wir. Den Rest müssen Sie uns erzählen.«
Schweigend drehte sie weiter an ihrem Ring, während sie mit den Augen den Spaziergang einer überwinternden Fliege über die Keksschale verfolgte. Das Geräusch eines Traktors rettete sie. Reino Edell überquerte den Hof und stand im nächsten Moment auf der Schwelle. Er war groß und kräftig, trug Arbeitskleidung, und seine Bartstoppeln bildeten einen blauschwarzen Schatten, der sich über den größeren Teil seines Gesichts zog. Karlberg, der nicht mit einem besonders dichten Bartwuchs aufwarten konnte, fragte sich, wie der Kerl aussehen würde, wenn er sich tatsächlich einen Vollbart stehen ließe.
Edell nahm sein Käppi ab und nickte den Besuchern grimmig zu. Dass er ihnen nicht die Hand schüttelte, war Bärneflod nur recht.
»Wir sind von der Polizei und haben mit Ihrer Frau gerade darüber geredet, dass Sie dreimal von Lars Waltz angezeigt wurden. Möchten Sie uns etwas darüber erzählen?«
Der Mann sah seine Frau an, als wollte er herausfinden, was sie schon gesagt hatte. »Da gibt’s nichts zu erzählen.«
»Doch, allerdings gibt es das, vor allem in Hinblick auf die Tatsache, dass Lars Waltz jetzt tot ist.«
»Davon weiß ich nichts.«
Da reichte es Bärneflod. »Jetzt hab ich aber genug. Wir können diese Befragung auch in einem Vernehmungszimmer im Präsidium fortsetzen.«
Edell zuckte zusammen und beschloss, doch lieber zu antworten. Er klatschte sein Käppi auf die Küchenbank. »Ich geb’s ja zu, ich war stinksauer auf ihn. Er war einfach ekelhaft arrogant. Er hörte nie zu und hatte keinerlei Respekt vor ... anderer Leute Eigentum! Und das hab ich ihm auch so gesagt.«
Bärneflod nickte nachdenklich.
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