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Wintermord

Wintermord

Titel: Wintermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Ceder
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freudiges Gefühl. Es wich jedoch schnell dem Unbehagen darüber, was für Konsequenzen es nach sich ziehen könnte, wenn die Sache Ann-Christine Östergren zu Ohren kam.
    Er kam zu dem Schluss, dass es am besten wäre, den Kontakt einfach abzubrechen und zu hoffen, dass niemand dahinterkam. Aber den Gedanken, ihr wehzutun, konnte er kaum ertragen, und noch schlimmer war der Gedanke, sie nie wieder treffen zu dürfen.
    Er redete sich ein, dass er unter vier Augen mit ihr sprechen musste. Er hatte also gar keine andere Wahl, als sie wiederzusehen.
    Nach einem asphaltierten Abhang und einem schmalen Kiesweg glaubte er schon, sich verfahren zu haben. Doch dann fiel sein Blick auf eine Reihe von Briefkästen an einem Holzgestell am Wegesrand.
    Das bedeutete, dass es weiter oben auf dem Berg zumindest irgendeine Art von Besiedelung geben musste. Mit Hilfe der kleinen Taschenlampe, die er an seinem Schlüsselbund trug, entzifferte er dann auch den Namen Lundberg auf einem der Briefkästen.
    Tell stolperte zwanzig Minuten über anderer Leute Grund und Boden, bis er endlich den Steg übers Moor fand. Als der Wald sich zu einer Lichtung öffnete, erblickte er ein Haus mit rauchendem Schornstein.
    Er zog seine Jacke fester um sich. Hier oben war es noch kälter, das Gras auf der Lichtung war mit Raureif bedeckt und knackte leise unter seinen Schuhen.
    Als er am Küchenfenster vorbeikam, sah er einen gedeckten Tisch und Seja, die gerade in die Küche trat. Sie trug eine karierte Schürze über einem langen Rock. Als er an die Scheibe klopfen wollte, um nicht beim heimlichen Spähen ertappt zu werden, trat er gegen einen Blechnapf, und sie blickte zum Fenster. Etwas verlegen hob er die Hand zum Gruß und öffnete dann die Haustür.
    Der Flur war winzig und vollgestopft mit Schuhen und Jacken. Sie nahm ihm den Mantel ab und bat ihn herein. »Du hast also hergefunden.«
    »Hm. Aber du machst es deinen Verehrern nicht grade leicht. Außer einem Kriminalpolizisten hätte dich niemand gefunden.«
    Als er in die Küche trat, musste er sich ducken, um sich den Kopf nicht an dem niedrigen Türrahmen zu stoßen. Neben dem Holzofen standen zwei Polstersessel, vorm Fenster ein Küchensofa, ein Klapptisch und zwei Stühle. An den Wänden hingen breite Regale, auf denen sich Bücher, Bilder, Küchengeräte und Geschirr stapelten. Auf dem ausgetretenen Dielenboden lag ein Flickenteppich, der bis ins Nebenzimmer reichte.
    »Setz dich«, sagte sie. »Essen ist in fünf Minuten fertig.«
    In der Ecke prasselte ein Kaminfeuer. Tell setzte sich davor und nahm sich eine Zigarette.
    Sie stellte sich mit verschränkten Armen und schwer zu deutendem Gesichtsausdruck vor ihn. Gerade, als er zu einer Erklärung ansetzen wollte, warum er ihre Anrufe nicht beantwortet hatte, drückte sie ihm ein Glas Rotwein in die Hand. Er kam nicht umhin, diese Geste als Einladung zu betrachten, die Nacht bei ihr zu verbringen, und der Vorwand für seinen Besuch – ihr persönlich zu erklären, dass sie ihre Beziehung beenden mussten – schien ihm plötzlich völlig unangebracht.
    »Gibt es hier auch ein Obergeschoss?« Er fragte vor allem deshalb, weil er nirgends ein Bett entdecken konnte.
    Sie nickte, lächelte, und er schämte sich, weil ihm sein Gedankengang plötzlich sehr offensichtlich vorkam. »Komm, ich zeig es dir.«
    Sie öffnete eine schmale Tür, die er vorher nicht bemerkt hatte. Eine Leiter führte in eine niedrige Mansarde, in der zwei Matratzen mit weinroten Samtüberwürfen auf dem Boden lagen. Sie war dicht hinter ihm und berührte ihn am Handgelenk, als er geduckt auf das Lager zuging und plötzlich spürte, dass er noch nie so verletzlich gewesen war.
    Er ließ sich auf den Rand einer Matratze sinken und stieß sich das Kinn an den Knien an, bevor sie ihn sanft nach hinten drückte.
    Die Bettwäsche roch schwach nach Rauch und Seife. Aus einem Loch in den Bodendielen drang Licht aus dem Flur, dazu kam Tom Waits’ raue Whiskystimme. I hope that I don ’ t fall in love with you . Er schloss die Augen.
    Am Morgen wurde er von Geräuschen geweckt und wusste sofort, dass er verschlafen hatte – zum ersten Mal seit Jahren. Es war schon hell, er lag allein im Bett, und in der Küche lief Wasser. Er kletterte die Leiter hinunter und sah Seja im Morgenmantel am Herd stehen.
    »Guten Morgen. Hast du Hunger?« Sie deutete auf die Töpfe auf dem Herd. »Dann können wir jetzt unser Abendessen verputzen, das haben wir gestern ja ganz vergessen. Wer keine

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