Wintermord
so unterschiedlich, wie man nur sein kann, Herr Wachtmeister. Genau wie die Heteros. Die einen lieben das Glitzerleben, andere wohnen im Reihenhaus und spielen Lotto. Die einen sind ausgesprochen genial, andere wiederum strohdumm.«
Das Wort »strohdumm« betonte er auf eine so unverschämte Art und Weise, dass er Bärneflod völlig aus dem Konzept brachte.
»Ich bin Inspektor«, korrigierte Bärneflod lahm. Der Einfachheit halber beschloss er, die eventuelle Beleidigung seiner Intelligenz unkommentiert zu lassen. »Hatten Waltz und Sie ein Verhältnis, ja oder nein?«
»Mir war nicht klar, dass Sie danach gefragt hatten, Herr Wachtmeister. Pardon, Herr Inspektor. Lasse lebte mit Lise-Lott zusammen. Davor war er mit einer Frau namens Maria verheiratet, aber ich nehme an, das wissen Sie auch. Ich selbst lebe allein.«
Er lächelte.
Bärneflod sah ihn verächtlich an. »Wie Sie selbst gerade erläutert haben, sind Schwule genauso gestrickt wie normale Menschen, und die begehen ab und zu einen Seitensprung. Also frage ich noch einmal: Hatten Lars Waltz und Sie ein Verhältnis?«
»Wir hatten kein Verhältnis. Und wenn doch, was hätte das mit Lasses Ermordung zu tun?«
»Tja, man könnte sich zum Beispiel ein Eifersuchtsdrama vorstellen. Er weigert sich, seine Frau zu verlassen, und Sie drehen durch. Wenn Sie ihn nicht haben können, soll ihn keiner haben.«
Bärneflod war sehr zufrieden mit sich.
Zachariasson schüttelte den Kopf, als traute er seinen Ohren nicht. »Jetzt werden Sie aber langsam peinlich. Nicht nur, weil Sie klingen wie in einem schlechten Krimi. Sie deuten auch an, dass ein Schwuler nicht mit einem Hetero befreundet sein kann, ohne ihn unbedingt bekehren zu wollen. Noch mal zum Mitschreiben: Wir hatten kein Verhältnis.«
»Im Rahmen unserer Ermittlungen hat ein Befragter aber das Gegenteil behauptet.«
»Ein verrückter Bauer, der Lise-Lotts Besitz will, ja, ich weiß. Lasse hat sich furchtbar darüber aufgeregt. Als die Sache schließlich aus dem Ruder lief, hat er den Typ angezeigt.«
»Wollen Sie damit sagen, dass Lars Angst vor Reino Edell hatte?«
Zachariasson goss sich Kaffee nach. Bärneflod bot er nichts an. »Ich würde es nicht direkt ›Angst‹ nennen, eher Wut. Dieser Bauer hat ihn ganz offensichtlich bedroht. Ich glaube, Lars hat ihn angezeigt, um ihm zu zeigen, wo die Grenze ist. Damit der Mann mal zur Vernunft kommt.«
Zachariasson sah auf seine Armbanduhr und stieß einen kleinen Schrei aus, der in Bärneflods Ohren typisch schwul und albern klang. »O Gott, jetzt muss ich aber wirklich los.«
Bärneflods Uhr sagte nur, dass sein Mittagessen fällig war. »Okay, ich gehe gleich. Ich möchte nur noch wissen, wann Sie Lars Waltz zum letzten Mal gesehen haben.«
Zachariasson überlegte. »Das muss ein paar Tage vor dem Luciafest gewesen sein. Lasse hatte irgendwas in Frölunda Torg zu tun. Wir haben einen Kaffee zusammen getrunken.«
»War er irgendwie anders? Ist Ihnen etwas an seinem Verhalten aufgefallen? Oder vielleicht etwas, was er gesagt hat?«
»Nein. Er war wie immer. Er erzählte von der Reise, die Lise-Lott vorhatte. Wie üblich machte er sich Sorgen um seine finanzielle Lage, aber nicht so sehr, dass er sich davon die gute Laune hätte verderben lassen.«
»Wo waren Sie in der Nacht zum zwanzigsten Dezember?«
»Bin ich verdächtig?«
»Antworten Sie einfach.«
»Ich war mit drei Kollegen auf der After-Work-Party in Göta’s Kök och Bar am Mariaplan. Nachdem die anderen gegangen waren, bin ich noch mit einem Freund bis ungefähr halb elf geblieben, dann hab ich ein Taxi nach Hause genommen.«
»Allein?«
»Ja, allein.«
»Und den Rest der Nacht waren Sie allein in Ihrer Wohnung? Diese Kollegen und dieser ... Freund ... Können die bezeugen, dass Sie an diesem Abend mit Ihnen zusammen waren?«
»Natürlich. Ich gebe Ihnen gleich ihre Telefonnummern. Und der fragliche Freund war eine Frau, eine ehemalige Kommilitonin.«
Er gab sich keine Mühe, seine Verachtung zu verbergen.
»Wenn Sie sich noch länger mit mir unterhalten wollen, müssen Sie mich zu einem Verhör vorladen. Ich muss zur Arbeit.«
»Ach so, Sie arbeiten zwischen den Jahren? Wo denn?« Bärneflod fragte aus reiner Neugier.
»In einer betreuten Wohngemeinschaft. Ich hab heute die Nachmittagsschicht.«
»Dann viel Spaß.«
24
1995
Ihr Zeichenlehrer, der gerade den Kofferraum seines Volvo-Kombi belud, blinzelte in die Sonne. »Kommst du nach dem Sommer wieder, My?«
Sie
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